Hongkong Action-Film-Regisseur Benny Chan inszenierte vor seinem Tod mit Raging Fire seinen letzten Film in denen Martial-Arts-Superstar Donnie Yen und Hongkong-Filmstar Nicholas Tse aufeinander treffen. Es gibt viele Schießereien, Verfolgungsjagden und einen ordentlichen Endfight. Ein letztes Mal zeigt Chan, was gutes Hongkong-Action-Kino ist.
Ehrlichkeit mit Folgen
Cheung Sung-Bong und Yau Kong-Ngo sind aufrichtige und tüchtige Ermittler bei der Hongkonger Polizei. Bei einer Entführung eines wichtigen Finanzmoguls werden sie angehalten, besonders hart durchzugreifen, um diesen heil wieder nach Hause zu bringen. Ngo bringt dabei einen Verdächtigen bewusst um, muss sich vor dem Gericht mit seinen Männern verantworten und kommt schließlich dafür ins Gefängnis.
Von seinen Kollegen und der Polizei fallen gelassen, schwört er Rache und macht sich nach seiner Entlassung auf, alle Beteiligten zu eliminieren. Cheung muss nun seinen ehemaligen Kollegen, Freund und Schützling aufhalten.
Donnie Yen und Nicholas Tse haben bereits in Wilson Yips Tiger Dragon Gate zusammen vor der Kamera gestanden. Tse ist weiterhin Dauergast in Benny Chans Filmen. Neben Gen-X-Cop, Shaolin oder Invisible Target ist die Zusammenarbeit besonders aus New Police Story mit Jackie Chan bekannt.
Nicholas Tse hat also Action- und vor allem Martial-Arts-technisch etwas drauf. Auf ihn trifft Martial-Art-Spezialist Donnie Yen. Bekannt aus großen Hollywood-Produktionen wie Rouge One, xXx - The Return of Xander Cage oder Mulan, kennen ihn die Actionfreunde hauptsächlich aus Ip-Man.
Yen hat so viele hochkarätige Martial-Art-Action-Filme mit großartigen Kampfszenen choreografiert, dass die Erwartung an Raging Fire hoch sind. Man wird auch nicht enttäuscht.
Der Plot wird sehr ausgedehnt und die Vergangenheit der beiden Hauptfiguren sehr spät gezeigt. Bis dahin sind schon einige Sachen passiert und generell steht Cheung (Donnie Yen) lange auf dem Schlauch. Doch das ist verzeihbar, da die Beziehung der beiden dadurch nicht so aufgesetzt wirkt. Der Hass von Ngo (Nicholas Tse) auf Cheung und die Polizei ist glaubhaft.
Es knallt, aber ordentlich!
Die Action ist ja das, wofür man solche Filme schaut. Davon gibt es auch immer wieder welche, gerade wenn der Plot anfängt, etwas an der Substanz zu zerren. So kompliziert ist dieser nicht, wird aber doch recht in die Länge gezogen. Zum Glück passiert eben im richtigen Moment dann eine Action-Sequenz.
Die allererste zum Beginn des Filmes ist dann auch gleich ein großes Shoot-Out von Ngos Truppe gegen einen Haufen an Polizisten. Eigentlich sollte das nur eine Razzia bei einem Drogenaustausch werden, doch diese eskaliert sehr schnell. Dabei wird gut geballert und gleich gezeigt, dass Ngos Truppe keine Gefangenen macht.
Irgendwann darf dann auch Donnie Yen seine Martial-Art-Skills in einer Szene auspacken, die stark an den Film Buybust erinnert. Und jetzt kommt der Aspekt zu tragen, der mir so an diesem Film gefallen hat - die ganzen Hommagen an andere Actionfilme. Eines der letzten Shoot-Outs erinnert stark an Heat. Der Endfight hat klare Andeutungen an Donnie Yens Endfight aus SPL Killzone. Ebenfalls gibt es Anspielungen an Johnnie To's Drug War.
Die Action ist wirklich toll geworden. Ich fühlte mich wieder in meine frühen 20er Jahre zurückversetzt, als ich das 2000er Hongkong-Action-Kino kennen und lieben lernte. Regisseur Benny Chan versteht es, wie Sachen passieren müssen, wie Feuergefechte ablaufen sollen und wie eine Kampfszene wirken muss.
Durch Yens Choreografie-Arbeit bei den Martial-Art-Szenen wird das letzte Puzzlestück zu diesem Actionfeuerwerk hinzugefügt.
Asiatisches Storytelling
Natürlich ist auch nicht alles spitze. Wie bereits gesagt, zieht sich die Geschichte sehr. Der Plot ist eigentlich recht schnell klar, nur Polizist Cheung scheint der Einzige zu sein, der das nicht sehen will. Hinzu kommen dann so Kurzschlussreaktionen wie eine Geiselnahme, die den Plot nur entschleunigen und zu diesem Zeitpunkt nicht mehr benötigt werden.
Auch kann man sich an der Darstellung des ehrenhaften Hongkonger Polizisten stören. Donnie Yens Figur versteht im Laufe des Films, dass nicht alles schwarz und weiß ist. Das sagt er sogar direkt an einer Stelle. Hier kann man dem Drehbuch schon vorwerfen, dass der Protagonist ziemlich leichtgläubig ist.
Natürlich kommt auch das allseits beliebte Motiv der Korruption zu tragen und in der Form hat man es auch schon viel zu oft gesehen. Aber diese kleinen Patzer verzeiht man dem Film einfach aufgrund der sehr guten Action und der tollen Darsteller.
Apropos Darsteller: hier dürfen alte Weggefährten von Benny Chan und Donnie Yen kleinere Rollen darstellen und man freut sich über jedes Cameo des Hongkong-Action-Film-Genres. Auch daher kann man dem Film für nichts böse sein.
Gerade nicht, wenn in einer Szene Yen ein kleines Mädchen spektakulär vor einem heranfahrenden LKW rettet. Das gab Beifall im Kino.
Eine aussterbende Art
Raging Fire verbindet Film und Action auf eine Art, die langsam ausstirbt. Die Stars und Regisseure aus dieser Zeit werden älter und das Kino wandelt sich. Gerade handgemachte Action wird seltener aufgrund von Kosten und Sicherheitsbestimmungen beim Dreh.
Umso schöner ist es, wenn hier und da mal noch solche Perlen ihren Weg zu uns finden. In China ist der Film ein großer Erfolg gewesen und auch im Rest der Welt wird der Film heiß begehrt. Hierzulande wurde er im Rahmen des Fantasy Filmfests gezeigt. Bisher ist kein deutscher Kino-Release vorgesehen, allerdings hat sich Koch Media Films den Home-Release für Deutschland gesichert.
Ich hoffe stark, dass er auch auf dem ein oder anderen Streaming-Dienst verfügbar sein wird und eventuell doch noch einen kleinen deutschen Kino-Release bekommt. Allein die Action macht diesen Film so sehenswert und seit Tiger Dragon Gate wollte ich ein weiteres Aufeinandertreffen von Donnie Yen und Nicholas Tse.
Ich hoffe, dass diese Art, Filme zu machen, und generell diese Art Hongkong-Action-Kino noch lange bestehen bleibt. In diesem Sinne, vielen Dank Benny Chan für all deine Werke und diesen Film.
Fazit
Raging Fire ist eine Action-Granate mit sehr guten Shoot-Outs, tollen Verfolgungsjagden und einem großartig inszenierten Endfight. Die Story zieht sich etwas und Protagonist Cheung wirkt etwas zu blauäugig, trotz seiner jahrelangen Erfahrung bei der Polizei.
Donnie Yen und Nicholas Tse wissen beide, was sie tun und stellen ihre Figuren jeweils sehr gut dar. Tse schafft es, seinen Bösewicht so zu spielen, dass man als Zuschauer selber fast schon anfängt, für ihn zu jubeln.
Der Film bietet einige tolle Cameos des Hongkonger Who-is-who Action-Kinos und zeigt schöne Hommagen an andere Actionfilme. Als Fan des Hongkong-Action-Kinos ein Muss!
Hierzulande kommt der Film über Koch Media Films im Januar 2022 in den Home-Release.