Das Filmjahr verabschiedet sich mit einem Knaller – Star Wars schließt die Blockbusterriege 2016 ab. Ein Film, der aus der Reihe fällt, aber doch ein wichtiger Teil des ganzen ist. Wie schlägt sich die "wahre" Vorgeschichte von Episode IV? Sascha und Ronny haben sich den Film angesehen.
Eine neue Hoffnung
Star Wars-Fans scheinen schwer zufriedenzustellen sein. Nachdem die Prequels ganze Serverfarmen voll mit Kritiken aus allen möglichen Mediengattungen gefüllt haben, hat selbst das "Erwachen der Macht" nicht alle überzeugt. Zumindest zeigt sich das Fanlager gespalten (wenn auch nicht zu gleichen Teilen).
Daher könnte die Zeit für "Rogue One" keine bessere sein. Hier wird zum ersten Mal etwas neues ausprobiert, das sich aber nahtlos mit dem bekannten und auch beliebtestem Teil der "normalen" Saga zusammenfügen soll. Der Film ist keine weitere Episode des Sternenkrieges, sondern nur eine "Story" daraus. Eine einzelne Geschichte mit neuen Hauptcharakteren, die auch keine Fortsetzung nach sich ziehen soll. Denn tatsächlich gibt es die schon.
"Rogue One - A Star Wars Story" erzählt die Geschichte, wie die Pläne des Todessterns in die Hände der Rebellen gelangten, so dass Luke Skywalker die Galaxis retten konnte.
Ausgangspunkt ist Jyn Erso, eine junge Frau, deren Schicksal auf besondere Art und Weise mit dem Todesstern verbunden ist. Ihr Vater Galen ist ein Wissenschaftler, der einst dem Imperium diente und an der Konstruktion der allmächtigen Waffe beteiligt war. Nun zwingt ihn Militärdirektor Orson Crennic bei der Vollendung zu helfen. Galen und seine Frau weigern sich zunächst, dabei kommt letztere zu Tode. Die kleine Tochter bleibt zurück. Der Vater muss am Todesstern weiterarbeiten. 15 Jahre später dringt die Kunde langsam zur Rebellenallianz durch: der Feind hat eine Waffe von noch nie gekannter Zerstörungskraft. Über Jyn versuchen die Rebellen an ihren Vater ranzukommen, den sie aber seither nie wieder gesehen hat. Zusammen mit dem Rebellen Cassian Andor macht sich Jyn auf eine Mission, bei der weitere Kämpfern zu ihnen stoßen. Mit ihnen wollen sie schließlich das Ziel erreichen, die Pläne des Todessterns zu bekommen.
Das Dreckige (halbe) Dutzend im Weltraum
Mehr soll an dieser Stelle gar nicht verraten werden. Das wichtigste Handlungsdetail ist ja bekannt. Vielmehr interessiert natürlich die Umsetzung. Ein Star Wars-Film ohne Jedi, ohne Skywalkers oder ohne die Macht? Geht das überhaupt? Tatsächlich trifft das nur teilweise zu. Aber die großen Themen der anderen Episoden spielen nur am Rande eine Rolle. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Gruppe von zusammengewürfelten Rebellen um Jyn Erso, wobei diese auch klar die Hauptfigur ist. Damit hat man nach "Das Erwachen der Macht" eine weitere Heldin als zentrale Figur etabliert. Ein angenehmer Ausgleich zu den doch sehr männerlastigen Vorgängern, auch wenn das Geschlecht ohnehin keine Rolle spielt. Und zum Glück gibt es auch keine Liebesgeschichte, die vom eigentlichen Plot ablenkt.
Star Wars-Neuling Gareth Edwards und sein Drehbuchteam verpacken hier eine klassische Spionage-Story aus dem Zweiten Weltkrieg in das Sternenkriegs-Gewand. Schnörkellos und fast ohne Atempause gerät die Truppe von einem Abenteuer in das nächste. Wobei Abenteuer nicht das richtige Wort ist. Der Ton ist doch sehr ernst und vergleichsweise düsterer als die eher unschuldige Heldenreise von "Eine neue Hoffnung". Das ist aber auch dem Thema und den Figuren angemessen.
Anstatt wie andere Blockbuster auf aufgesetzte Grimmigkeit zu setzen, wird hier schnell klar, dass das Leben unter der Knute des Imperiums kein Zuckerschlecken ist. Die Kampfszenen auf Jedha erinnern in der wüstenartigen Umgebung auch tatsächlich an Nachrichtenberichte aus dem Nahen Osten. In engen Straßen werden Sprengsätze gezündet und mit Guerilla-Taktik gekämpft. So wie hier erscheint die Action insgesamt realistisch und "lebensechter" als etwa die stilisiert daherkommenden Auseinandersetzungen der Prequels. (Stromtrooper sind trotzdem keine guten Schützen). Auch bei den Kampfszenen mit Raumschiffen ist man sehr nah dran am Geschehen. Dabei drängt sich auch das 3D nicht auf, eine sehr positive Randnotiz.
Die Weltkriegs-Film-Anleihen werden bis zum Ende durchgezogen, so dass sich der Film nie verliert und man bis zum Ende gefesselt ist. Hier zeigt sich, wie positiv es doch sein kann, wenn man nur EINEN Film zur Verfügung hat, um seine Geschichte zu erzählen. So erging es George Lucas beim allerersten "Krieg der Sterne" und auch Gareth Edwards legt alles rein, weil es eben keinen zweiten oder dritten Teil gibt. Eine Seltenheit in dieser Franchise-Ära des Kinos. Obwohl man weiß, wie die Mission ausgehen muss, interessiert doch vor allem, WIE unsere Helden das schaffen.
Wir glücklichen wenigen, diese Schar von Brüdern (und Schwestern)
"Unsere" Helden ist bewusst gewählt, denn tatsächlich liegen einem die Mitglieder der kleinen Rebellengruppe sehr am Herzen. Etwas, was man seit der "Rückkehr der Jedi-Ritter" nicht mehr bei Star Wars in dieser Form hatte. Allen voran Jyn Erso, gespielt von Felicity Jones, die sich mit diesem Film endgültig in der A-Riege von Hollywood etabliert. Jyn ist taff, zäh und die beste Soldatin der Truppe, aber eben auch von Schmerz und Zweifeln geplagt. Der Film erlaubt sich wenige emotionale Momente, schafft es aber, diese echt und nachfühlbar anzubringen. Vorbei die Zeiten hölzerner Liebesgeschichten á la Anakin und Padmé; die Geschichte zwischen einer Tochter und ihrem Vater ist viel anrührender. Gleichzeitig bedient man so ein wiederkehrendes Thema aller Star Wars-Filme.
Cassian Andor wird gespielt von Diego Luna. Er gibt einen überzeugenden Rebellen, der gar nicht so sehr von seiner Arbeit überzeugt ist, aber dennoch tut, was man ihm aufträgt. Er ist kein flapsiger Han Solo und auch kein selbstbewusster Poe Dameron, sondern ein Mann, der fast nicht anderes als den Krieg kennt und auf der Suche nach einem Sinn für sein Leben ist.
Für den Comic Relief ist K-2SO zuständig. Ein umprogrammierter imperialer Droide, der immer nur das sagen kann, was er auch wirklich meint, was nicht in jeder Situation das beste ist oder besser gesagt, in keiner Situation. Die sehr trockene Art, wie die Sprüche rüberkommen, wird für einen neuen Publikumsliebling sorgen. Aber natürlich ist K-2SO auch ein loyaler Kampfgefährte, um den man genauso fürchtet wie die menschlichen Kampfgefährten.
Wen Jiang und Donnie Yen sind ehemalige Wächter des Jedi-Tempels. Letzterer ist international als Ip-Man bekannt, hier spielt er Chirrut Îmwe, der zwar kein Jedi ist, aber sich voll und ganz der Macht verschrieben hat, was mit für die coolsten Kampfszenen im Film sorgt. Abrundet wird die Gruppe vom desertierten Imperiums-Piloten Bodhi Rook, gespielt von Riz Ahmed. Er wirkt zunächst etwas verloren, findet aber dann doch seine Bestimmung. Allesamt keine Helden mit großer Bestimmung, sondern fast schon gescheiterte Existenzen, die plötzlich Grund für neue Hoffnung haben.
Dabei dürfen natürlich auch nicht die Bösewichte vergessen werden. Hauptgegner ist Orson Crennic, ein loyaler, aber sehr ambitionierter Diener des Imperiums. Kaltherzig gespielt von Ben Mendelsohn, der es auch nicht mit dem böse sein übertreibt. Sein Crennic ist durch Ehrgeiz getrieben; wen er dabei aus dem Weg räumen muss, ist für ihn gleichgültig. Das macht die Figur innerhalb des oben beschriebenen Settings umso glaubwürdiger.
Neben den vielen neuen Charaktere tauchen auch altbekannte auf. Die, die man schon in den Trailern gesehen hat und auch noch ein paar, die für eine Überraschung bei den Fans sorgen werden. Computertechnik macht es möglich... mehr wird aber hier nicht verraten. Dazu gibt es selbstverständlich viele Ergänzungen zum Canon. Einiges, das neu ist und einiges, das schon bekannt war, aber nun den offiziellen Stempel bekommt. Und auch das eine oder andere Easter Egg findet sich für den geübten Beobachter.
Saschas Fazit
Mit "Rogue One" ist den Star Wars-Machern das Kunststück gelungen, mit neuen Elementen alte Gefühle zu wecken. Eine spannende Spionagegeschichte im Science-Fiction-Gewand schlägt die Brücke zu einer Fantasygeschichte im Science-Fiction-Gewand. Dabei wird keine Zeit vertrödelt, sondern jedes Ereignis führt direkt in das nächste, gekrönt von einem Finale, das sich nicht vor den anderen Star Wars-Filmen verstecken muss. "Rogue One" kommt sehr erwachsen daher und ist auch nicht so angelegt, um vor allem Spielzeug an Kinder zu verkaufen – klarer Pluspunkt!
Ein Film, den wirklich alle Star Wars-Fans lieben können und der auch Neulingen gut gefallen wird, da er fast kein Vorwissen voraussetzt.
Ronnys Fazit
"Rogue One ist im Grunde genommen der Star Wars-Film, den ich mir gewünscht habe. Sympathische Charaktere und eine sinnige Story innerhalb des bereits großen Film-Universums. Nur die etwas zu groß geratene Filmlänge trübt meiner Ansicht nach das stimmige Gesamtbild. Trotzdem bleibt es für ein durch und durch toller Film, mit dem ich viel Spaß hatte."