Endlich ist es soweit und Hugh Jackman tritt seine letzte Reise in der Rolle von Wolverine an. Schon am Trailer konnte man sehen, dass man hier eine andere Art von Superhelden Film erwarten konnte, als die anderen Marvel - oder X-Menfilme. Im "Trailer Wars 3" Podcast waren alle gehypt, außer ich. Nun habe ich mir den Film angeschaut und habe erzähle, was man davon halten kann.
"Charles, die Welt ist nicht mehr, wie sie war!"
Logan ist alt geworden. Die Tage als Wolverine sind vorbei und seine Selbstheilung funktioniert nicht mehr richtig. So schleppt er sich und den demenzkranken Prof. Charles Xavier als Fahrer eines Limousinen Service über die Runden. Als er eines Tages von einer fremden Frau gebeten wird, ein kleines Mädchen nach North Dakota in Sicherheit zu bringen, will Logan davon nichts wissen. Jedoch ist dieses Mädchen etwas ganz besonderes, denn sie hat die gleichen Fähigkeiten wie Logan selbst. Doch sie wird von dem Konzern Transigen gejagt. Logan wird nun Wiederwillens mit hineingezogen und muss ein letztes Mal seine Krallen zeigen.
"Mutanten gibt es nicht mehr!"
Ich war sehr skeptisch, was mich hier erwarten würde. Zu tief sitzt der Stachel der beiden vorigen Wolverine-Solo-Abenteuer. Dann sah ich den ersten Trailer und war absolut nicht gehypt. Die Stimmung des Filmes war sehr melancholisch. Man gab zwar im Vorfeld bekannt, dass man diesmal eine deutlich brutalere Version (ähnlich wie bei "Deadpool") zeigen wolle, allerdings war ich trotzdem nicht recht überzeugt. Ich ging also mit keinen Erwartungen in diesen Film.
Lange Zeit galt ja Christopher Nolans "Dark Knight" Reihe als erwachsene Alternative zu Marvels doch recht comichaften Filmen. Jetzt aber gibt es "Logan". Ja, dieser Film hat mir wirklich gut gefallen. Er ist zwar nicht frei von Schwachpunkten spielt aber doch weit oben mit in den heutigen Superheldenverfilmungen.
Nun kommt aber der Knackpunkt.
Ich gehe soweit zu sagen, dass wir hier keinen wirklichen Superheldenfilm haben. "Logan" ist eindeutig ein Drama, gepaart mit einem Roadtrip. Wir haben Elemente eines Superheldenfilmes drin und gerade zum Ende hin versucht man noch einmal diese Kurve zu kriegen, aber alles in allem ist dies ein Drama um einen alternden Soldaten, der nicht mehr weiß, wofür er noch kämpfen soll. Dazu kommt eine absolut nicht aufdringliche Großvater-Vater-Tochter-Geschichte hinzu. Hat man sich darauf eingestellt, bekommt man hier eine sehr nahegehende Story mit verhältnismäßig wirklich harten, brutalen Szenen.
Was mich ebenfalls noch sehr begeisterte: Die fantastischen Elemente werden recht bodenständig behandelt. Logan hat Krallen und Professor X kann Gedankenkräfte freisetzen. Jedoch wird hier sehr oft vermittelt, dass die Welt so etwas schon lange nicht mehr hat. Alle Mutanten wurden ausgelöscht oder sind verendet. Die Welt gehört den Menschen. So fühlt sich diese Welt auch viel greifbarer an. Wir haben als Gegner normale Menschen, die maximal ein paar kybernetische Prothesen haben und doch Schusswaffen benutzen. Es gibt keine Energiewaffen oder fliegende Helden. Alles ist recht real gehalten. Die Zukunft, die uns dort präsentiert wird, könnte auch eine durchaus denkbare sein.
"Wir haben hier einen X-Men Fan! Davon ist vielleicht ein Viertel passiert!"
Jetzt rückblickend macht es mich sehr traurig, Hugh Jackman das letzte Mal als Logan/Wolverine zu sehen. Gerade hier gibt er mit Abstand die wohl beste Leistung in dieser Rolle ab. Der vom Leben und Kämpfen gezeichnete Logan sieht wirklich schlimm, gebrochen und krank aus. Eine komplett andere Sicht als in den Teilen zuvor. Vergangen sind die Tage, wo er austeilte und alles niedermähte. Jetzt begibt er sich lieber auf die Flucht und geht allen Ärger aus dem Weg, da er weiß, dass seine Kräfte nicht mehr die alten sind und er zu viel verloren hat. Jackman setzt hier ganz neue Maßstäbe des Charakters und rührt einen zu Tränen. Für Hugh Jackman der perfekte Abschluss und ein doch würdiger Abgang dieses Logan/Wolverines.
Ebenfalls sehen wir hier auch Patrick Steward das letzte Mal in der Rolle des Professor Charles Xaviers. Auch hier ist der Charakter alt geworden und längst nicht mehr Herr seiner Kräfte. So hat man es mit altersbedingten Erkrankungen geschafft, diesen einst intelligenten und mächtigen Mann zu einem Schatten seiner Selbst werden zu lassen. Er erinnert sich kaum an frühe Ereignisse und muss Tabletten nehmen, um keine Anfälle zu bekommen. Charles ist dennoch die Vernunft und versucht Logan auf den rechten Weg zu bringen. Hier haben wir eine tolle Vater-Sohn-Beziehung, die ebenfalls sehr an die Substanz geht. So kümmert sich Logan um den immer schlechter mobileren Professor X und behandelt ihn, als ob es sein eigener Vater wäre. Patrick Stewart ist natürlich sehr überzeugend in dieser Rolle. Was anderes hätte ich auch nicht von ihm erwartet. Und doch ist es ein sehr krasses Bild, den doch so vitalen Stewart in dieser altersschwachen Figur zu sehen, die sehr viel Mitleid weckt.
Dafne Keen ist die kleine Laura und hat hier ihre erste große Filmrolle. Sie redet so gut wie gar nicht im Film und das macht den Charakter noch runder. So kennt man diesen Comiccharakter eh als nicht den gesprächigsten. Gerade zu ihrer Anfangszeit in den Comics war sie teilweise immer still und hat nur einzelne Wörter hervorgebracht. Dennoch ist sie eine eiskalte Killermaschine und genau das fängt dieser Film geradezu perfekt ein. Laura weiß sich zu verteidigen und zögert nicht lange.
Und doch haben die emotionalen Szenen mit ihr und Logan sehr viel schönes. Da ist Wolverine, der nicht so recht weiß, wie er mit ihr umgehen soll und sie eigentlich gar nicht kennen will und dann haben wir dort die kleine Laura, die ohne mit der Wimper zu zucken tötet und den gleichen Weg beschreitet, wie einst Logan selber. Die Parallelen der beiden Figuren, ihre Tragik und ihre Vater-Tochter Beziehung werden so feinfühlig und gleichzeitig hart dargestellt, dass man einfach mitgerissen wird. Dafne liefert hier meiner Meinung nach eine wirklich tolle Leistung ab, dafür dass es ihre erste große Filmrolle und sie gerade mal zwölf Jahre alt ist. Tatsächlich die beste Umsetzung des X-23/Laura-Charakters.
Eine weitere positive Leistung vollbringt Boyd Holbrock als Donald Pierce. So ist er kein abgehobener Superschurke mit besonderen Fähigkeiten, sondern ein einfacher Mensch, der eine Roboterprothese hat. Trotzdem ist er sehr kühl und furchtlos gegenüber Logan oder Professor X. Er ist der Anführer der Reavers, dem Security Team von Transigen und macht mit allem, was zur Verfügung steht, Jagd auf Lauren und Logan. Er ist sich auch bewusst, dass die Mutanten längst keine Bedrohung mehr für die Menschen sind und kämpft meistens an vorderster Front mit. Gerade, weil er selten feige agiert, sondern bewusst die Angriffsposition wählt, macht ihn zu einem doch dann ernstzunehmenden Gegner. Und auch genau darum wirkt dieser Gegner auch so geerdet und absolut nicht comichaft. So könnte auch ein glaubhafter Schurke in Zukunft sein. Boyd Holbrock hat eine tolle Gestick und Mimick, diesen Charakter gleichzeitig cool und doch gefährlich darzustellen.
"Ich bin nicht das, wofür du mich auch immer hälst!"
Der Film ist unsagbar hart, keine wirkliche comicartige Gewalt, sondern schon ernstzunehmend dargestellt. So sind die blutigen Metzelorgien kein nettes Beiwerk und sorgen wie etwa bei Kollege "Deadpool" für Momentkomik. Hier ist die Geschichte so greifbar und so dramatisch dargestellt, dass viele Tode oder harte Szenen eben auch wirklich hart sind. Mich wundert es, dass hier nur ein FSK 16 vergeben wurde. Die Welt in der Logan jetzt lebt ist hart, rau und gnadenlos. Da passt diese Gewalt tatsächlich gut rein und wirkt zu keinem Zeitpunkt komisch. Ich war sogar an einem Punkt angelangt, in der mich diese Brutalität gar nicht mehr kratzte. Es war für diese Welt normal und gehörte filmisch einfach dazu. Der Film wäre gefühlsmäßig gar nicht so gut rübergekommen, hätte man sich gegen diese Härte entschieden. So weiß man, was die einzelnen Charaktere zu verlieren haben.
Es gibt ein paar kleine Stellen, wo man lachen kann, aber das ist in den meisten Fällen Momentkomik und schnell vorbei.
So endet die Ära mit Hugh Jackman als Wolverine mit einem wirklich großartigen Film und einer intensiven Story. Man hat hier doch am Ende fast alles richtig gemacht. Der Film ist aber keinesfalls frei von Schwächen. So gab es schon manchmal ein paar Längen und in einigen Punkten geht man dann doch den sicheren Weg. Aber das sind kleine Fehler, die man getrost verzeihen kann.
Fazit – tl;dr
Der letzte Gang von Hugh Jackman als Logan/Wolverine ist großartig gelungen. So hat man sich getraut einen neuen Weg zu gehen und ein reines Drama mit ein paar Spuren eines Superheldenfilmes zu zeigen. Die sehr emotionale Story um den gebrochenen Logan und die kleine Laura rührt schon zu Tränen und die Leistung aller Beteiligten ist hervorragend. Hugh Jackman und Patrick Steward geben noch mal alles und zeigen die beste Leistung beider Charaktere. Dafne Keen und Boyd Holbrock machen hier ebenfalls einen tollen Anfang für eine große Karriere in Hollywood. Die Welt ist greifbar und wirkt bodenständig, was sie so real macht. Ein paar Längen hat der Film, aber die sind zu verschmerzen. Die Brutalität ist sehr hart und wirkt aufgrund der Ernsthaftigkeit umso härter.
So empfehle ich diesen Film absolut jedem, der den Charakter, die X-Men, Superheldenfilme, aber auch Dramen mag. Hugh Jackman begeistert ein letztes Mal und es wird sehr schwer sein, einen würdigen Nachfolger für Wolverine zu finden. Vielen Dank, Herr Jackman.