Ein Film-Noir in Waterworld mit einer Maschine, die Erinnerungen lebendig werden lässt. Dazu Hugh Jackman und Rebecca Ferguson in einem spannenden Krimi über die Liebe, Vertrauen und Verrat. Die Grundprämisse von Reminiscence hat einiges zu bieten.
Das rote Kleid
In der Zukunft ist der Meeresspiegel gestiegen, so dass viele Städte unter Wasser stehen. In Miami lebt Nick Bannister, Privatdetektiv. Mithilfe seiner Assistentin Emily und einer Maschine, mit der man Erinnerungen erlebbar machen kann, hilft er gelegentlich bei Ermittlungen oder Privatleuten kostbare Momente noch einmal zu genießen.
Als eines Tages die attraktive Mae in sein Geschäft kommt, ist er von Beginn an fasziniert. Die Suche nach einem Schlüssel ist nur der Beginn eines riesigen Komplotts aus Verrat, Gier und Liebe.
Die Welt von Reminiscence ist eines der Highlights, obwohl diese nie wirklich erklärt wird. Es wird hingenommen, das alles unter Wasser steht und Boote die neuen bevorzugten Transportmittel sind. Trotzdem wirkt alles noch geerdet (Achtung, Wortspiel!). Es gibt keine fliegenden Autos, keine Laserwaffen oder helfende Androiden.
Einzig die Maschine der erlebbaren Erinnerungen wird einem futuristischen Setting gerecht. Diese Maschine wird auch sehr oft eingesetzt und verkommt nicht als ein kurzes Gimmick, dass nur für den Antrieb der Handlung benutzt wird. Die Projektionen werden anhand herunterhängender Fäden dargestellt und der Benutzer muss sich in eine Kapsel mit etwas Wasser legen. Nick spricht mit einer beruhigenden Stimme den halbschlafenden Benutzer an und geleitet ihn durch die Erinnerung.
Das kann auch schlimm enden, wenn man sich an an etwas Schlechtes erinnert oder an etwas, woran man gar nicht mehr denken wollte. Es wird auch davor gewarnt zu lange oder zu oft in einer Erinnerung zu verweilen, da man sonst besessen davon wird und keinen Ausweg mehr findet.
Nick hat innerhalb des Filmes dieses Problem. Er kann von gewissen Erinnerungen nicht loslassen. Mae kam als eine Kundin zu ihm, die nur nach ihrem Schlüssel gesucht hat. Allerdings offenbart ihre Erinnerung noch mehr und Nick sucht sie auf. Die beiden beginnen eine Liebe und planen bereits für die Zukunft, als Mae eines Tages einfach verschwindet. So sucht Nick seine Erinnerungen immer wieder ab, um nach Hinweisen zu suchen, wo Mae ist.
Zugegeben, die Krimigeschichte braucht etwas, bis sie beginnt und auch dann hat sie öfters lange Strecken. Wenn dann aber immer mehr ans Licht kommt und eine größere Verschwörung sichtbar wird, lohnt sich das Sitzfleisch.
Erinnerungen sind wie Wasser
Hugh Jackman und Rebecca Ferguson ziehen einen in den Bann. Jackmans Figur erzählt immer wieder aus dem Off und fasst alles für den Zuschauer zusammen. Ferguson hat eine Anziehungskraft, die glaubbar macht, warum Nick ihr verfällt. Hinzu kommt noch Westworld-Star Thandiwe Newton als Nicks Assistentin Emily, die sich um Nick sorgt aber auch ihre eigenen Probleme hat und diese im Alkohol ertränkt.
Diese Welt, die Aufmachung und die Figuren atmen alle das Film Noir-Genre. Zudem fühlte ich mich oft an Max Payne 2 erinnert. Obwohl doch alles recht hell ist, fühlt es sich düster an. Ebenfalls mag ich den Modestil sehr, der sich durch den Film zieht. Jetzt kann man natürlich sagen, dass Reminiscence typische Checkboxen eines Film-Noir abhakt und das ist nicht mal falsch. Trotzdem lieber gut angewendet als schlecht kopiert.
Manch einer könne auch anhand der Story mit vielen philosophischen Anleihen denken, er habe einen kleinen Christopher Nolan-Film mit weniger Geld vor sich. So ganz abwegig ist das nicht, ist doch Christopher Nolan der Schwager von Regisseurin Lisa Joy. Doch auch Einflüsse aus ihrer TV-Sendung Westworld sind hier zu sehen. Joy arbeitet hier mit einem Budget von knapp 68 Millionen Dollar und holt einiges heraus.
Wie bereits gesagt, ist die Welt und das Setting der große Gewinner neben den Figuren. Gerade weil die Welt eben so angenommen wird und nicht mit einer Backstory oder mehreren Rückblenden erklärt wird, wird diese zum heimlichen Star.
Leider kommt wiederum die Geschichte sehr oft ins Stocken. Die Figuren bemühen sich sehr alles zusammenzuhalten, aber der Plot geht sehr zäh voran. Die große Auflösung ist dann auch recht schnell bekannt und so wartet man eher ab, ob Nick seine Mae nochmal wiedersieht.
Was einem auch sauer aufstoßen kann, ist, wie kopflos Jackmans Figur durch die einzelnen Plotpunkte stürzt. In anderen Filme wäre der Charakter bereits dreimal gestorben. Jetzt könnte man argumentieren, dass ihm Mae so sehr den Kopf verdreht hat oder die Maschine seine Gedanken vernebelt, dass er eben nicht mehr klar denkt. Dann gibt es aber auch einen Zweikampf, bei dem er doch recht nüchtern wirkt und sich gut schlägt.
Das muss man hinnehmen. Lässt man sich aber auf die einzelnen Schicksale der Figuren auch untereinander ein, dann zieht einen das mehr und mehr in den Bann. Gerade Emily wirkt zu Beginn wie der Sidekick, entwickelt sich aber zu einem doch sehr tiefen Charakter.
Ain't no Sunshine when she's gone!
Die Liebesgeschichte zwischen Nick und Mae ist der Dreh- und Angelpunkt der Story. Mit ihr fängt der Kriminalfall und die Suche nach den Strippenziehern an. Es gibt dadurch recht wenig Action. Mal eine Schießerei und dann mal ein Kampf. Trotzdem wird damit sehr gegeizt. Das könnte störend wirken, gerade wenn einem die Liebesgeschichte nichts gibt. Ist man aber bei den Figuren dabei, sind die kleinen Actionszenen eher kurze Auflockerung um dann weiteren Hinweisen nachzugehen.
Hinweise gibt es auch sehr klassische. Mal da ein Ohrring, dort eine Notiz und zum Schluss die Zusammenfügung über die Erinnerungsmaschine. Wie bereits eingangs erwähnt, ist diese ein wichtiger Teil des Filmes. Mit dieser Maschine beginnt alles und wird auch alles zusammengefügt. Eine sinnvolle Einbindung des Gimmicks.
Die Dialoge sind okay, wenn man eben das Genre betrachtet. Es wird viel rumphilosophiert und Fragen gestellt, ob Erinnerungen denn noch Erinnerungen sind, wenn man sie jederzeit wieder erleben kann. Richtig anstrengend wird es aber nie. Diesen Anspruch möchte der Film auch gar nicht haben.
Schaut man sich derzeit das Einspielergebnis an, sieht es nicht gut aus. Derzeit sind in den USA gerade mal 6,4 Millionen US-Dollar eingespielt worden, was sehr schade ist. Diese Art von Filmen erscheinen mittlerweile recht selten im großen Blockbusterkino. Die Darsteller geben ihr Bestes und es ist beeindruckend, was Regisseurin Lisa Joy mit dem Budget innerhalb des Filmes anstellt und so eine glaubhafte lebendige Welt zu schaffen. Der Film hätte definitiv ein besseres Ergebnis verdient.
Fazit – tl;dr
Reminiscence hat eine unglaublich schöne Welt und tolle Figuren. Lediglich die Krimi-Story leidet etwas am Tempo. Die Liebesgeschichte ist wiederum stark erzählt dank seiner Figuren .
Das Gimmick des Filmes – die Erinnerungsmaschine – wird nicht nur für ein zwei Szenen benutzt, sondern dient den ganzen Film lang als ein wichtiger Aspekt zur Auflösung des Falles.
Das Film-Noir Genre wird voll ausgereizt und stützt zusätzlich das großartige Setting.
Wenn man solche Filme mag, sollte man auf jeden Fall ins Kino gehen. Auf der Leinwand wirkt die Welt noch greifbarer. Auch die schauspielerische Leistung ist den Kinobesuch wert.