Zwei besondere kleinere Filme, die aber definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hätten, stellen wir hier vor. Der eine ist eine deutsche Produktion, der andere ein US-Thriller mit dem leider viel zu jung verstorbenen Anton Yelchin, der einem großen Publikum als Chekov im "Star Trek"-Reboot bekannt wurde.
Der Nachtmahr
Tina ist ein 17 jähriges Mädchen, welches gerne Party macht und mit Drogen experimentiert. Doch nach einer weiteren durchzechten Nacht, fängt sie an ein kleines Wesen zu sehen. Natürlich glaubt ihr keiner und ihre Eltern spielen mit dem Gedanken, sie einweisen zu lassen. Aber Tina begreift bald, dass das Wesen viel mehr ist als nur eine Einbildung in ihrem Kopf.
„Ihr denkt jetzt vielleicht, dass ich irgendwie strange bin oder so….“
Warum so ein Film nicht viel mehr Aufmerksamkeit bekommt, verstehe ich einfach nicht. „Der Nachtmahr“ ist ein so brillanter Film und mal etwas vollkommen anderes als der Schweiger-Schweighöfer-Einheitsbrei.
Wenn man die Entstehungsgeschichte des Films vom Regisseurs Akiz Ikon betrachtet, merkt man, dass es ihm eine Herzensangelegenheit war, diesen Film auf die Leinwand zu kriegen – denn der Nachtmahr begleitet ihn schon sein halbes Leben. Umso schöner, dass dieser Film zündet.
Aber was ist jetzt nun so besonders an diesem Film? Nun ja, die Schauspieler machen alle einen richtig tollen Job. Keiner wirkt wirklich gekünstelt, trotz des abgefahrenen Themas. Die Geschichte ist auf eine Art spannend, die man so recht selten kennt. Und der Umgang von Tina mit dem Wesen innerhalb des Filmes erinnert sehr an E.T.
„Babs, du hast doch neulich erzählt, dass du als Kind so Sachen gesehen hast!“
Carolyn Genzkow spielt als Tina eine etwas zickige, vielleicht sogar leicht unsympathische Teenagerin, die man häufig auf den heutigen Schulhöfen antreffen kann. Der Unterschied: sie wächst einem sehr ans Herz. Tina durchlebt vieles, was in der Pubertät und zum Erwachsenwerden dazugehört. Falsche Freunde, stressige Eltern, die einen nicht verstehen und die Konfrontation mit den eigenen Ängsten. Genzkow macht das mit so viel Überzeugung, dass es eine wahre Freude ist, ihr dabei zu zuschauen.
Tinas Eltern, gespielt von Arnd Klawitter und Julika Jenkins, sind ebenfalls ein guter Antrieb für Tinas Handlungen. Die beiden versuchen mit allen Mitteln, ihrer Tochter Hilfe zu geben und wollen letztendlich nur sich selber schützen. Denn eine geisteskranke Tochter ist kein Vorzeigekind. Klawitter und Jenkins spielen hier sehr „korrekt“. Ihre Aussprache, der Umgang mit Tina und die Gestik. Man merkt, dass sie ihr Handwerk verstehen.
Das Wesen oder auch der „Nachtmahr“ ist anfangs recht widerlich. Ein deformierter Embryo trifft es am ehesten. Doch mit der Zeit wächst einem der kleine Wicht ans Herz. Seine Hässlichkeit weicht ein wenig der Niedlichkeit. Auch Carolyn Genzkows Charakter wird dies irgendwann bewusst. Der Nachtmahr ist auch nur ein verängstigtes Wesen, welches mit der Welt klar kommen muss. Das Schöne an diesem Wesen ist die Hommage an E.T.
„Unser Hirn ist das größte Mysterium auf Erden, glauben Sie mir!“
Man merkt ebenfalls die David Lynch-Anleihen. Dies ist ein Mind-Fuck-Film vom Feinsten. Und jedem ist es am Ende selber überlassen, was er in diesen Film hinein interpretiert.
Zumal es einfach schön ist, sich danach auszutauschen und zu rätseln, was könnte gemeint gewesen sein. Wie hängt das zusammen und was bedeutet diese Symbolik? Ein deutscher Film hat dies nicht so oft geschafft und darum ist „Der Nachtmahr“ so sehenswert.
Zugegeben, es gibt zwei Kleinigkeiten, die aber jeder anders auffasst. Ich empfand gerade die Partyszenen für die Augen etwas anstrengend, da viele Blitzlichter verwendet werden. Darauf wird man aber am Anfang des Filmes hingewiesen. Und es gab in der Mitte ein, zwei kleine Längen. Jedoch schafft es der Film, falls es wirklich zu lang wird, mit einem Knall zurückzukommen und wieder Fahrt aufzunehmen.
Fazit
Wie man meinen Lobeshymnen entnehmen kann, ist „Der Nachtmahr“ eine volle Empfehlung von mir. Jeder sollte diesen Film mal gesehen haben. Für Freunde des „Mind-Fuck“-Genres und Fans von David Lynch ein absolutes Muss. Fans deutscher Filme werden hier ebenfalls etwas wirklich Großartiges vorfinden. Ein kleines Geschenk an den deutschen Film und eine liebevolle Erfüllung des Regisseurs. Ich sage Danke.
Green Room
Die „The Ain`t Rights“ sind eine erfolglose Punk Band. Nach einem miesen Auftritt bekommen sie als Ausgleich einen weiteren Gig angeboten. Das Problem: die Bar, in der sie spielen, ist eine Neo-Nazi-Bar. Als dann noch im Aufenthaltsraum ein Mädchen abgestochen wird, scheint die Sache zu eskalieren. Denn niemand will die Band gehen lassen und schon gar nicht lebendig.
„Wir halten euch nicht fest, ihr geht nur noch nicht!“
Leider fällt „Green Room“ bei den ganzen Blockbustern der letzten Zeit etwas unter den Tisch. Das ist schade. Denn dieser Thriller ist bei weitem besser als manch anderer Filme dieser Art. Jedoch kann ich gleich sagen, dass man ihn als Horror-Slasher ganz und gar nicht bezeichnen kann.
Die Idee, eine Punk-Band in einen Hexenkessel voller Neo-Nazis zu stecken und zu schauen, was passiert, ist wirklich interessant. Denn jeder weiß, worauf das hinaus läuft. Dass es blutig wird, muss man hier nicht erwähnen. Und doch ist da die kleine Kritik, die ich an dem Film habe.
Leider ist der Film nicht komplett konsequent. Die Gewalt im Film wirkt leicht comichaft. Das schadet dem Film. Was allerdings nichts mit der Ernsthaftigkeit des Filmes zu tun hat. Leider gefiel mir auch nicht, wie manche Charaktere handeln. Einige drehen sich wie die Fahne im Wind und agieren im Laufe des Films komplett anders, als sie aufgebaut wurden.
Das sind aber wirklich alles Sachen, die zu verschmerzen sind. „Green Rooms“ Ausgangssituation und wie der Film dann fortgesetzt wird, sind die großen Stärken. Das und die meisten Schauspieler.
„Sie kommen!“
Patrick Steward als Bösewicht Darcy funktioniert so perfekt. Diese eiskalte und ruhige Art wirkt so bedrohlich, dass jeder sofort Respekt hat. Er ist ebenfalls der perfekte Anführer. Er macht sich nicht die Hände schmutzig, sondern koordiniert alles und leitet die Sache. Denn er will nur seinen Laden aus der Schusslinie bringen. Mit allen Mitteln.
Anton Yelchin ist der Hauptcharakter des ganzen Spektakels, Pat. Und er ist zu keiner Sekunde unsympathisch. Man fiebert mit ihm mit und will, dass er das hier heil übersteht. Was ebenfalls gut gelingt ist seine Wandlung innerhalb des Films.
Als krasses Gegenstück zu Yelchins Charakter ist Amber, gespielt von Imogen Poots, eine super Besetzung. Sie ist konsequent und weiß, was auf dem Spiel steht. Dass sie eigentlich aus den Reihen der Neo-Nazis ist, stört nur die Charaktere im Film. Obwohl sie kein Problem hat Gewalt anzuwenden, wird ihr Charakter nicht als kaltblütig dargestellt. Sie hat ebenfalls Angst und versucht lediglich zu überleben.
Desweiteren ist noch Alia Shawkat zu erwähnen, die die Gitarristin der Band spielt. Sie schließt man sofort ins Herz. Sie macht den Eindruck der guten Seele innerhalb der Band.
„Wer jetzt nicht Panik angesagt?“
Wer von Regisseur Jeremy Saulnier seinen Film „Blue Ruin“ kennt, weiß, dass er seine Geschichten gerne ruhig erzählt. Ruhig, aber hart. Auch „Green Room“ zeigt diese Härte. Ja, er ist nach wie vor nicht konsequent, aber hart. Die Brutalität, die gezeigt wird, ist nicht ganz ohne. Klar geht es härter, aber das hätte dem Film nicht gut getan. So bleibt es realistisch.
Die Bar als einziger Ort des Geschehens wird gut eingefangen. Der Aufenthaltsraum als einziger Zufluchtsort ist glaubhaft und kein bloßer Startpunkt. Im allgemeinen ist das Setting und Design richtig gut gelungen.
Fazit
„Green Room“ ist ein harter Belagerungs-Thriller, der mit einer interessanten Ausgangssituation zu überzeugen weiß. Die kleinen Schwächen verzeiht man ihm. Er hat eine durchaus spannende Story, die einen mitfiebern lässt. Für alle, die gerne mal abseits der Blockbuster einen harten, ruhigen und frischen Film sehen wollen. Sehr zu empfehlen.