In ferner Zukunft: Die Cybermen haben fast die gesamte Menschheit ausgelöscht und auch von ihnen selbst sind nur noch wenige übrig. Sie jagen das Häufchen menschlicher Flüchtlinge, die sich noch verstecken. Der Doctor versucht zu helfen, doch nichts scheint zu klappen...
Chaos und Verzweiflung
Das blöde an einem Zweiteiler ist ja, dass man weiß, dass nicht alle Fragen beantwortet werden und man eigentlich nur auf einen Cliffhanger zuarbeitet. So ist es auch mit dieser Episode. Ascension of the Cybermen bringt den Doctor und ihre Gefährten in die Zukunft, für die der Doctor mitverantwortlich ist, nachdem sie das Cyberium dem Cyberman, der einst Ashad hieß, überlassen hatte.
Sie wusste, was das bedeutet und doch ist sie entschlossen, dieses Grauen zu verhindern. Dabei wird aber deutlich, dass sie selber noch keinen wirklichen Plan hat, wie sie das anstellen will. Als das Team die Lage erkundet, entdecken sie das letzte Restchen der Menschheit: Sieben Personen, die sich auf einem Planeten verstecken.
Die TARDIS Fam baut Geräte auf, um sie zu beschützen und in Sicherheit zu bringen. Doch sie scheitern sehr schnell, als eine Reihe von Drohnen angreift. Die Gefährten werden getrennt. Yaz, Graham und ein Teil der Flüchtlinge entkommen mit einem alten Rettungsschiff, der Doctor, Ryan und ein junger Mensch namens Ethan nutzen einen Cybermen-Raumjäger als Fluchtmittel.
Das Ziel ist die sagenumwobende "Boundary" – ein Portal, durch das man an einem zufälligen Ort im Universum gelangt. Doch Ashad, der davon besessen ist, der Auserwählte zu sein, der das Cyber-Imperium wieder aufbaut, ist ihnen direkt auf den Fersen.
In einer Parallelhandlung sehen wir im frühen 20. Jahrhundert Ausschnitte aus dem Leben eines jungen irischen Mannes, der als Baby ausgesetzt und gefunden wird, dann zur Polizei geht und bei einem Einsatz erschossen wird und eine Klippe hinunterfällt. Aber das macht ihm anscheinend nichts aus. Als er in Rente geht, wird es richtig seltsam...
Das Versagen des Doctors (Spoiler)
Von vornherein wird klar, dass der Doctor nicht wirklich weiß, wie sie hier vorgehen soll. Wie so oft, will sie sich einen Überblick verschaffen, bevor dann ein Plan zur Ausführung kommt, der noch nicht ganz geschmiedet ist (oder wie sie einmal sagte: "Ich habe immer Pläne im Kopf.") Dabei werden sie und ihre Gefährten aber von den Ereignissen völlig überrollt. Die Cybermen sind trotz ihrer geringen Zahl haushoch überlegen. So müssen erstmal alle mit der Situation an sich klarkommen, das Ziel ist zuvorderst sich in Sicherheit zu bringen.
Die Spannung erhöht sich ungemein in dieser Folge, natürlich geht das aber zu Lasten des Doctors, die verzweifelt versucht, alleine alles in Lot zu bringen, aber es einfach nicht schafft. Ihre Companions erweisen sich dagegen mittlerweile als so kompetent, um auch mit diesen unvorhergesehen Situationen einigermaßen umgehen zu können. Gerade an Graham sieht man, wie weit er sich entwickelt hat. Von einem unwilligen alten Mann, der aus einem Quäntchen Neugierde mit dem Doctor reist und eigentlich sonst versucht, der Gefahr zu entgehen, ist er zu einem Abenteurer geworden, der nun Hoffnung unter den Hoffnungslosen verbreitet.
Der Charakter des Doctors büßt nicht an Glaubwürdigkeit ein, allerdings hat man auch nicht das Gefühl, dass sie nur irgendeine Idee hat, wie man dem Problem als ganzen beikommen will. Die Wahl, die sie in der vorangegangenen Episode treffen musste, verfolgt sie nun und sie wusste, dass es unglaublich schwierig werden würde. So ist es auch interessant zu sehen, wie sie eben nicht die Oberhand hat und nur in kleinen Schritten weiterkommt. Solche Gegebenheiten hebt man sich meistens für ein Staffelfinale auf und auch hier lässt uns das am Bildschirm kleben.
Wenn es Chris Chibnalls Absicht war, ein großes Maß an Verzweiflung zu wecken angesichts der hoffnungslosen Situation, dann ist ihm das durchaus gelungen. Für seine bisherige Arbeit bei Doctor Who kann man diese Episode in einem gewissen Sinne exemplarisch sehen. Er schafft es, bei der Action, der Spannung und der Art, wie wir bei den Hauptpersonen mitfiebern alles um ein paar Stufen hochzudrehen, als man es in den letzten Jahren gewohnt war. Allerdings bringt er dabei auch weniger überraschendes auf den Tisch – sowohl was die Lore des Franchises angeht, als auch bei der Erzählung der jeweiligen Episode.
Sein Vorgänger Steven Moffat war ein Meister darin, lange Fäden auszuspinnen, Spuren und Hinweise auszulegen oder immer einen bestimmten Kniff in der Hinterhand zu haben. Chibnall ist direkter und auf den Punkt fixiert. Bei ihm steht auch die Beobachtung der Figuren im Vordergrund und nicht so sehr deren Position im kosmischen Kontext. Das führt zu interessanteren Einzelfolgen und eher weniger zu breiten Storyarcs.
Vermutlich hatten auch einige Fans erwartet, so eine Art Broadchurch in Space zu bekommen, wo im Laufe einer Staffel ein großes Mysterium enthüllt wird. Tatsächlich standen bei der Serie aber immer die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander im Mittelpunkt. Der Mord enthüllte sich nur deshalb nach und nach für den Zuschauer. Insofern zeigt sich das auch bei Doctor Who, wo man eher an die Ära von Russell T Davis anknüpft, der die Staffeln auch nicht so eng geknüpft hat, wie es später Moffat tat.
Doch scheint Chibnall auch immer mehr von dieser Errzählweise abzuweichen. Daher steht diese Folge auch stellvertretend für den Trend in dieser Staffel. Allein die Nebenhandlung um den jungen Polizisten Brandon wirft nur ungeklärte Fragen auf, die wir beantwortet haben wollen.
Ein Mysterium im Hintergrund gibt es in dieser Staffel auch, dessen Größe man am Ende der Episode nur abschätzen kann.
Wohin geht es?
Die Boundary öffnet sich und zeigt uns ein Tor, das direkt zum zerstörten Planeten Gallifrey führt. Und wer kommt heraus? Der Master. Und er kündigt große Veränderungen an.
Hier wird klar, dass das, was in der kommenden Folge The Timeless Children enthüllt werden wird, Auswirkungen hat, die uns höchstwahrscheinlich bis in die nächste Staffel verfolgen. Denn alles kann nicht in einer Folge geklärt werden, abgesehen davon, dass noch ein Special für dieses Jahr angekündigt ist, das aber noch kein offizielles Ausstrahlungsdatum hat (und auch gut und gerne die Weihnachtsepisode sein kann).
Vielleicht hat Chibnall doch einen Masterplan in der Hinterhand, wo es zu einer Staffel kommt, die eine (fast) durchgehende Handlung hat. Dies würde zum bisherigen Verlauf passen: eine Staffel mit vielen Einzelepisoden, um die Charaktere zu etablieren. Eine gemischte Staffel mit herandrohenden großen Gefahren und schließlich eine, wo wir die voll gefestigten Charaktere mehrere Episoden für eine Sache kämpfen sehen.
Dass dies funktionieren kann, hat diese Episode bewiesen. Man will unbedingt wissen, wie es nun weitergeht.
Und natürlich auch verdammt nochmal Jack Harkness wiedersehen! 😀
Fotos: © 2020 BBC