Die 12. Staffel von Doctor Who hat als große Überschrift: ACTION! Die steigert sich Woche für Woche und dieses mal geht es einmal um den Globus herum. Denn ein seltsames Virus befällt ein paar Menschen, Vögel fallen vom Himmel und ein Astronaut ist verschwunden...
Zum Glück ist in der TARDIS genug Platz
Die TARDIS Fam ist gut beschäftigt. An drei Orten gleichzeitig gehen sie diesem seltsamen Phänomenen nach. Wir als Zuschauer begegnen ihnen aber, als sie schon mitten in der Mission sind; erzählt durch die Augen von Menschen, die die seltsamen Vorgänge unmittelbar betreffen. Zwei durch die Welt reisende Vloggerinnen, der Ehemann des verschwundenen Astronauten, der einer seltsamen Nachricht von selbigem nachgeht und die zwei jungen Wissenschaftler, die auf Madagaskar eine kleine Forschungsstation betreiben.
Schnell kommt der Doctor dahinter, dass ein außeridisches Virus hinter allem steckt, aber wie kam es auf die Erde und warum hat es diese Wirkung auf Menschen, dass die nach dem Befall in einer Staubwolke explodieren?
Klar ist nur, dass die Zeit drängt.
Action satt und Umweltschutz obendrauf (Spoiler)
Nach den erschütternden Enthüllungen der vergangenen Folge werden diejenigen enttäuscht sein, die meinten, dass es mit dieser Handlung gleich im Anschluss (zumindest in Teilen) weitergeht. Aber dies wird wohl auf den Schluss der Staffel aufgeschoben – auch wenn man das Gefühl hat, dass alle Ereignisse der bisherigen Folgen trotzdem am Ende noch eine Rolle spielen könnten.
Stattdessen haben wir wieder eine für sich stehende Episode, die das Actionmuster der Staffel auf einen neuen Höhepunkt treibt. Das Tempo ist atemberaubend, vor allem angesichts der Anzahl an Charakteren, die man hier unterbringt – inklusive deren Hintergrundgeschichten. Dies zeigt sich in besonderem Maße in der Beziehung zwischen dem Ex-Cop Jake und dem Astronauten Adam. Hier wird über eine angeknackste Ehe erzählt und am Ende darf sich Jake sogar zum Retter des Tages aufschwingen.
Dass ein schwules verheiratetes Paar nicht als solches thematisiert wird, sondern nur die Gefühle, die beide füreinander hegen, ist zudem ein klares Statement für sich.
Ex-Produzent Steven Moffat betonte immer wieder, dass man für ein Doctor Who-Skript seine Idee für einen abendfüllenden Spielfilm hergeben muss. Dieser Eindruck drängt sich einem hier besonders auf. Die Idee eines außerirdischen Virus, das sich bevorzugt in Plastik festsetzt und darüber verbreitet, was angesichts der Mikro-Plastik-Verseuchung unserer Meere unser aller Tod bedeuten kann, ist sehr interessant und spannend umgesetzt. Doctor Who spricht ein weiteres Mal aktuelle Probleme an und baut sie in die Erzählungen ein.
Dazu ist die Darstellung der Erkrankung, wo eine Art Plastik-Stein-Kruste die Menschen überzieht, mehr als ekelhaft – und umso überzeugender.
Etwas weniger glaubwürdig ist hingegen die spontane Rettungstat von Jake, der das fremde Raumschiff kurz vor dessen Zerstötung startet, um es sicher weg von der Erde zu bringen, damit dort das Virus vernichtet werden kann.
Es ist nicht so sehr die Motivation des Charakters, sondern die Tatsache, dass er ein Raumschiff einfach so ohne Vorkenntnisse fliegen kann, die kurz für Stirnrunzeln sorgt. Zwar wird vorher deutlich gemacht, dass das Schiff eine sehr einfache Bedienung hat, aber vielleicht hätte man sich an dieser Stelle etwas überzeugenderes einfallen lassen können.
Ursache für diese Entscheidung ist aber weniger mangelnde Kreativität, sondern vermutlich einfach die fehlende Zeit. Die Story wird in 50 Minuten erzählt und packt sehr, sehr viel zusammen. Damit reiht sie sich in die bisherigen Episoden mit ein und bisher kann man den Machern dazu gratulieren, dass noch keine Geschichte unter diesem Gewicht zusammengebrochen ist.
Auch hier macht sie das nicht, sie zieht schnell vorbei, ist spannend und unterhaltsam – allerdings auch ein wenig vorhersehbar. Gerade die Wissenschaftlerin Suki Cheng kommt einem schnell verdächtig vor, der Doctor bemerkt dies allerdings erst später, wenn auch noch rechtzeitig.
Positiv zu vermerken ist aber, dass es sich mal nicht um Aliens mit bösen Invasions-Absichten handelt, sondern um verzweifelte Flüchtlinge aus einer zerstörten Welt.
Die Gastfiguren fügen sich allesamt angenehm in das Ensemble ein – manchmal wird man das Gefühl nicht los, dass sie (wie auch die anderen in dieser Staffel) durchaus das Potenzial zu Companions hätten. Auf der anderen Seite tut sich bei den tatsächlichen Gefährten des Doctors diesmal besonders Yaz hervor, die immer selbstbewusster wird und nun mit dem Segen des Doctors auch mal alleine einer Sache nachgeht. Ob ihr das vielleicht mal zum Verhängnis werden kann, wäre an dieser Stelle nur Spekulation, dramaturgisch wäre es aber durchaus vorstellbar, um einen Schockmoment vorzubereiten.
Negativ erscheint wieder einmal die Inszenierung bei bestimmten Actionszenen. Als die Gruppe aus dem Alienlabor flüchtet, werden sie von mehreren der Fremden mit Strahlenpistolen unter Feuer genommen. In einer mehr oder weniger offenen Halle.
Es ist zwar dunkel, aber so oft daneben schießen kann man nicht mal mit Absicht...
Das störende dabei ist, dass man solche Dinge auch durchaus glaubhafter inszenieren kann. Weniger wäre hier mehr gewesen. Wenn nur einer der Fremden eine Waffe gehabt hätte und es klar wird, dass hier keine Soldaten am Werk sind, ist das schon die halbe Miete.
Insgesamt kann man hier aber von einer durchweg unterhaltsamen Episode sprechen, die – abgesehen von dem gerade angesprochenen – eine sehr hohe Wertigkeit der Produktion aufweist. Der Doctor als Actionheldin ist das Motto der Staffel und das wird auch eingehalten.
Fotos: © 2020 BBC