Endlich ist es soweit und die Familien-Saga geht in die nächste Runde. Ein verschollenes Familienmitglied taucht auf und macht Dom und seinem Clan das Leben schwer. Außerdem kehrt ein Todgesagter zurück und Charlize Theron gibt sich erneut die Ehre. Es knallt, es kracht, es ist unrealistisch und macht eine Menge Spaß. Ladys and Gentlemen, willkommen zum Anfang der letzten drei Fast & Furious Filme.
Bunte Bilder machen Bumm
Nach dem letzten Abenteuer haben sich Dominic Toretto, Letty und Doms kleiner Sohn auf eine Farm zurückgezogen, um von all dem Geheimagentenwahnsinn Abstand zu nehmen. Da tauchen Doms Freunde Roman, Tej und Ramsey auf, die eine Nachricht von Mr. Nobody erhalten haben.
Sein Flugzeug wurde angegriffen und ist abgestürzt. An Bord waren die Gefangene Cipher und ein Teil eines wichtigen geheimen Waffenprojekts. Bei der Bergung dieses Teiles stoßen sie nicht nur auf das Militär, sondern auch auf einen neuen starken Kontrahenten – Doms verschollenen Bruder Jakob. Der will das geheime Waffenprojekt für sich und die Welt einer neuen Rangordnung unterwerfen. Jetzt beginnt ein Wettlauf gegen Jakob und eine Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte der Torettos.
Nach einer kurzen Rückblende in Doms Jugend, wo man erfährt, wie sein Vater bei einem Nascar-Rennen ums Leben kam, geht's recht schnell mit der ersten großen Action-Sequenz los. Dort stellt sich Roman nicht nur knapp 20 bewaffneten Soldaten und übersteht das ohne einen Kratzer (obwohl alle draufballern wie blöde), nein, es werden auch Minenfelder befahren und unter Raketenbeschuss eine klapprige Holzbrücke überquert. Autos dienen als abfedernde Matratzen.
Das Militär ballert auf alles, was bei drei nicht auf dem Baum ist und schickt irgendwann sogar Helikopter los, obwohl nicht klar ist ob Doms Crew irgendwas angestellt hat. Der krönende Abschluss ist Dom, der ohne mit der Wimper zu zucken, eine Schlucht mit Hilfe eines am Radkasten befestigten Seils überspringt und in den nächsten Berg kracht - natürlich unbeschadet.
Wer jetzt noch irgendetwas mit Logik, Sinn, physikalischen Gesetzen oder Realismus erwartet, dem kann ich nun wirklich auch nicht mehr helfen. Es sollte sowas von klar sein, was Fast & Furious ist. Die Reihe macht diesen Quatsch seit Teil Vier und es gibt immer noch Kritiker, die es nicht verstehen können oder wollen.
Das Sympathische daran ist, die Franchise-Macher wissen das alles. Vin Diesel weiß, was er dem Zuschauer zeigt, wie schwachsinnig das ist und dass es hier um eine gute Zeit im Kino geht. Es sollte wirklich klar sein, für wen die Reihe gemacht ist und wer das Zielpublikum ist. So setzt jeder Teil eben nochmal einen drauf – diesmal mit einem Plot-Magneten und einem Raketenauto.
Öl ist dicker als Blut oder so ähnlich
Die Geschichte ist da, machen wir uns nix vor. Mit Dominics Bruder Jakob wird eine neue Figur eingeführt, die halt an schlechte spanische Seifenopern erinnert. Der verschollene Bruder, der seit Jugendtagen aus dem Leben der Familie verschwunden ist, nachdem etwas Tragisches passiert war.
Nun kommt er zurück, um sich an seinem Bruder zu rächen. Hinterfragen wir es nicht. Trotzdem wird im Film auch darauf eingegangen, dass es schon in den Teilen davor eine indirekte Verbindung gab. Das macht der Film eigentlich recht gut. Fast jede Figur, die in der Reihe mal aufgetaucht ist, bekommt hier einen kleinen Moment oder Auftritt. Mit Han kommt sogar ein bekanntes Mitglied zurück. Warum er nicht tot ist, wird ein wenig aufgeklärt. Auch da muss man ein bisschen Suspension of Disbelief haben. Einen angeteaserten Auftritt gibt es ebenfalls, der in Teil 10 oder 11 zu mehr führen könnte. Warten wir mal ab.
Da Dwayne Johnson nun fehlt, hat Vin Diesel kurzerhand die Superstärke bekommen. Er prügelt sich durch Soldaten, hebt diese mühelos hoch und schmeißt sie meterweit weg. Die Klopperei mit John Cena ist ein wahres Vergnügen.
Beide wämsen sich durch Mobiliar und schlagen Wände ein. Das ist ein Genuss und durch das Sounddesign hört es sich auch wuchtig an. Diesel bringt dann später auch einen gesamten Schacht zum Einsturz, als er an Ketten zieht. Autos werden hier als Steine benutzt und auf alles geworfen, was ein Problem werden könnte. Panzerfahrzeuge werden zu Skateboards umfunktioniert und ein Supermagnet ist das neue Gimmick-Spielzeug der Familie.
Kawumm hats gemacht
Der Supermagnet zieht immer nur die Sachen an, die das Drehbuch gerade braucht. So wird plotrelevant mal nur das Auto des Bösewichts durch die Häuser gezogen oder die Knarren der Söldner.
Einen drauf setzt dann nur noch das Raketenauto. Hier tauchen dann auch die bekannten Gesichter des dritten Teils Tokyo Drift auf. Man vergisst also niemanden. Wer sich nun denkt: moment, hat der Raketenauto geschrieben? Heißt das, die machen...?
Jap, genau das. Und dort überfahren sie etwas. Überfahren ist ein Zitat aus dem Film. Generell macht sich der Film nun auch komplett selber über seine Absurdität lustig. Nach der ersten Action-Sequenz sinnieren Roman und Tej darüber rum, ob sie nicht unzerstörbar sind.
Sie haben bereits soviel überlebt und haben nie einen Kratzer davon getragen. Das muss etwas bedeuten. Eine wirkliche Antwort gibt es nicht (außer eben weil der Film den Zuschauern etwas bieten will), aber ich finde es schön, dass sie darauf eingehen. Die Motivation des Bösewichts ist im wahrsten Sinn des Wortes, dass er nie eine richtige liebevolle Umarmung bekommen hat und ihm das sauer aufs Gemüt schlägt. Ein bisschen Star Wars wird auch verarscht. Super.
Ich kann wirklich schlecht Kritik an dem ganzen ansetzen, einfach weil das Franchise sich seiner Beklopptheit im Klaren ist und sie nicht vorgeben, etwas anderes zu sein. Allerdings verstehe ich auch, wenn man sagt, das einem das alles zu dumm ist.
Vin Diesel inszeniert sich wie der Hulk, Autos sind Matratzen und zielen kann keiner der Bösewichte. Es gibt auch absolut keine Überraschungen. Jakob hat einen reichen Schnösel als Partner und natürlich wissen wir alle, wie die Partnerschaft enden wird. Auch Cipher spielt noch eine erhebliche Rolle. Alles nix neues.
Die Charaktere werden auch immer auf den nächsten Hinweis oder den nächsten Weg geschubst, wenn es der Plot so braucht. Von Realismus brauchen wir gleich gar nicht zu sprechen. Trotzdem weiß man das, wenn man in diesen Film geht.
You can see Cena
Die schauspielerische Leistung von John Cena war schon mal besser. Selbst in so B-Filmen wie The Marine kam er wesentlich facettenreicher rüber. Hier guckt er die ganze Zeit nur mürrisch und nur zum Ende darf er mal richtig lächeln und einen anderen Gesichtszug zeigen. Das ist schade, konnte Cena doch in Bumblebee sein Talent als Darsteller unter Beweis stellen. An einen Dwayne Johnson kommt er leider nicht heran. Vielleicht auch gut so, damit nicht ein weiteres Spin-Off in Vin Diesels Parade fährt (obwohl ich das ja gerne sehen würde).
Charlize Theron gibt die gleiche Leistung wie schon im letzten Teil. Sie scheint alles zu wissen, hat über alles Kontrolle und ist beleidigt, wenn es dann doch nicht nach ihrer Nase geht. Da könnte auch mehr Tiefe drin sein, gerade wo jetzt bekannt gegeben wurde, dass es ein Spin-Off mit ihrem Charakter geben soll.
Cena ist aber zumindest eine schöne Bedrohung und die Familien-Sache wird auf ein weiteres Level gehoben. Zwar kommt einem das so vor, als hätte das schon in Teil 4 passieren müssen, aber gut, dann eben erst jetzt.
Worauf ich auf jeden Fall für die nächsten Teile Bock habe (und das wird kommen), ist eine Klopperei zwischen Johnson und Cena. Dann kann die WWE sich mal gerne haben mit ihrem Wrestlemania Once in a Lifetime-Bullshit.
Cenas Figur bietet definitiv neue Möglichkeiten auf weitere Charaktere des Fast & Furious Universums zu treffen. Ein Jason Statham hätte bestimmt auch seine Freude. So kann gesagt werden, dass Fast & Furious 9 wieder einen drauf setzt, eine neue Figur etabliert aber auch anfängt, die Weichen für die letzten Filme zu stellen. Cipher scheint die Hauptantagonistin für die letzten drei Filme zu werden und das ist okay.
Stellt man ihr gute harte Sidekicks zur Verfügung, dann bleibt sie als Bedrohung ernstzunehmend.
Fazit
Machen wir uns nix vor, Freunde der Sonne. Fast & Furious 9 macht genauso absurd weiter, wie es die letzten Teile vorgegeben haben. Man springt auf das nächste Level und bietet mit Supermagneten und einem Raketenauto mehr irre Action.
Vin Diesel hat nun die Stärke vom Hulk bekommen und physikalische Gesetze sind nach wie vor ein Fremdwort.
Fast jede Figur aus den bisherigen Teilen bekommt einen kleinen Auftritt oder größere Rolle und mit Torettos Bruder Jakob gibt es eine nette neue Figur. Die Geschichte ist quatschig und überraschungsarm, dafür wird man mit jeder Menge Stunts und ordentlichen Kloppereien bei der Stange gehalten.
Wer nach Realismus sucht und wem das Familiengequatsche zu peinlich ist, für den ist auch dieser neunte Teil nix. Wer aber nach einem unterhaltsamen Abend mit einer guten Zeit im Kino, viel Action und absurden Mist sucht, der ist hier genau richtig. Für mich bleibt es ein Guilty Pleasure, das ich einfach gerne sehe.