Amazon Prime bringt, wie Netflix auch gerne mal Eigenproduktionen raus. Dabei stechen gerade die Serien hervor. Bei den Filmen sieht es eher mau aus. Doch nun soll mit einem großen Blockbuster Abhilfe geschaffen werden. Chris Pratt, der Mega Hollywoodstar in einem Science-Fiction-Actionfilm, wo er die Menschheit retten muss. Das könnte funktionieren.
Könnte.
Vergangenheit ist Zukunft oder so ähnlich
Bei der Fußballweltmeisterschaft 2022 tauchen mitten im Spiel zeitreisende Soldaten aus der Zukunft auf. Diese bitten um Hilfe, da in 30 Jahren die Menschheit fast vollkommen ausgelöscht sein wird. Der Feind ist eine außerirdische Spezies, gegen die die Menschen keine Chance haben.
Doch wenn die Mensch von heute zur Unterstützung in die Zukunft reisen, kann der Kampf noch gewonnen werden. Als normale Soldaten nicht ausreichen, werden auch Zivilisten einberufen. Unter ihnen der Ex-Militär und Biologielehrer Dan Forester. Sein Einsatz soll die Zukunft der Menschheit entscheiden.
Puh, wo fang ich an. Am besten bei dem Zeitwirrwarr. Als die Supernasen das erste Mal aus der Zukunft erscheinen, sagt die Soldatin, dass in elf Monaten ab jetzt (Dezember 2022) in der Zukunft die Menschheit vollkommen ausgelöscht sei.
Heißt das nun, dass im November 2023 alles zu spät ist oder in 30 Jahren und 11 Monaten? Okay, geschenkt. Dann wird aber wiederum früh im Film die Frage nach der Zeitreise gestellt.
Quasi die Terminatorvariante: vor das Ereignis reisen und es verhindern. Die Soldaten aus der Zukunft sind ja nun da und könnten theoretisch die Invasion verhindern oder die Menschen darauf vorbereiten. Einer der zeitreisenden Soldaten erklärt irgendeine Zeitreiseanalogie mit Fluss der Zeit und der gehe nur in zwei Richtungen und eigentlich sollen die Zivilisten die Klappe halten und in den Krieg ziehen. Na gut. Beachtet man das Ende des Filmes, war die Idee gar nicht so dämlich.
Jetzt muss man aus Mangel an erfahrenen Soldaten auch auf Zivilisten zurückgreifen und schickt sie absolut unausgebildet in die Zukunft.
Warum?
Wenn doch der Ausgangspunkt der Zeitreise immer gleich ist, wieso nimmt man sich nicht die Zeit, die Leute ordentlich auszubilden oder vorzubereiten? Es kam mir ein bisschen so vor, als hätte man ein Portal in die Zukunft, aber auf beiden Seiten der Ausgänge läuft die Zeit parallel normal weiter. Vergeht quasi ein Tag in der Vergangenheit, vergeht in der selben Geschwindigkeit ein Tag in der Zukunft. Gesagt wird das jedoch nie.
Action Jackson Pratt hat keinen Bock
Recht schnell bemerkt man, dass der Film sehr viele Logiklöcher hat und ihm das auch scheißegal ist. Wenn ein Charakter innerhalb des Filmes nach dem Sinn fragt und ein anderer antwortet, er solle das jetzt einfach schlucken, dann hat man als Zuschauer keine Fragen mehr. Hier darf hier nicht nachgedacht werden – angesichts der Menge an Bullshit, die einem um die Ohren geworfen wird, fiel mir das aber sehr schwer.
Hinzu kommen die Charaktere. Chris Pratt spielt Dan Forester hat sichtbar einfach keine Lust dazu gehabt. Seine Gesichtsausdrücke zeigen genau, dass es bei dem Projekt nur ums Geldverdienen ging. So auch bei J.K. Simmons und Sam Richardson. Letzterer soll der Comic Relief sein und funktioniert gar nicht. Weder ist einer der Sprüche lustig noch auflockernd. Was etwas gut funktioniert, ist die Action – aber joa, da guck ich mir lieber einen alten Fast & Furious-Film an.
Ich habe mich noch nicht genug über die generelle Dummheit der Zeitreisenden ausgelassen. Sie teilen zwar die Technik der Zeitreise mit den Menschen von heute, aber es wird gesagt, das es nur einen Satellitenturm gibt, um in die Zukunft zu springen.
Warum baut man in der Vergangenheit nicht mehr? Klar wird auch hier gesagt, dass Ereignisse in der Vergangenheit keine Auswirkung auf die Zukunft haben, aber warum kommen die eigentlich her? Sie wollen die Menscheit warnen, aber gleichzeitig auch ihre Zeitlinie retten, die laut mehreren Aussagen der Zeitreisenden schon verloren ist. Es gibt also keinen Sieg zu erringen. Warum dann nochmal Leute dahin schicken? Ich verstehs nicht und der Film erklärt es auch nicht gut.
Dann kommt es zum ersten Einsatz von Foresters Einheit. Dabei passiert ein Fehler und sie werden über Miami am Himmel teleportiert. Jetzt fallen sie also alle aus dem Himmel herab auf die Stadt. Keine Fallschirme oder Möglichkeit den Fall aufzuhalten. Lediglich der glückliche Fall in einen Pool auf einem Hausdach ermöglicht das Überleben einiger weniger. So ein purer Zufall. Auf diesen Fehler wird übrigens nie wieder eingegangen, aber hey Kanonenfutter. Was soll's?
Seien wir ehrlich, das war nur für den tollen Actionshot und nicht mehr. Solche Zufälle – oder nennen wir es Plotarmor – besitzt Pratts Charakter den gesamten Film bis zu dem Punkt, wo es einfach lächerlich wird. Der Endkampf gegen eines der Biester zeigt das am besten.
Zurück zur Inkompetenz des Zukunftmilitärs. Foresters Einheit oder was davon übrig ist, soll in Miami Forscher rausholen. Das muss schnell gehen, da bereits ein Luftschlag angeordnet wurde, der in den nächsten Minuten stattfindet. Mit dem Wissen, dass die Stadt dem Erdboden gleichgemacht wird und dass das in ein paar Minuten passiert, werden tatsächlich nochmal unausgebildete, nicht vollständig gebriefte Zivilisten ins Krisengebiet geschickt.
Was soll das?
So geht das den ganzen Film. Das zukünftige Militär wirkt so unorganisiert und ins Blaue hinein operierend, dass man nur noch abwinken kann.
Für eine bessere Zukunft
Im Film wird mehrmals gesagt, dass die Menschheit den Krieg in der Zukunft nicht gewinnen kann. Irgendwann ist auch klar, was getan werden muss, damit die Vergangenheit nicht auf dieselbe Katastrophe zurast. Bis dahin hinterfragt man auch nicht mehr die anfängliche Mission der Reisenden und warum auch niemand mal Klartext redet.
Es gibt einen Moment im Film, wo ein weiblicher Colonel Pratts Charakter ein bisschen reinen Wein einschenkt. Das wird aber gleich wieder mit einer weiteren dummen Szene voller "das kann ich dir jetzt noch nicht sagen"-Ansprachen über Bord geworfen.
Das Ziel ab der zweiten Hälfte ist es, die Vergangenheit so zu ändern, dass die Invasion der Wesen nicht stattfinden kann. Somit sollte doch alles erzählt werden, was zur Aufhaltung hilft. Stattdessen packt man eine emotionale Geschichte hinzu, damit Pratts Charakter eine weitere Motivation bekommt. Die Menschheit retten war ja nicht genug.
Am frechsten ist das Finale. Nicht nur, dass Dan Forester eine Plotarmor hat, nein, die Königin der Außerirdischen hat die auch. So sehr, dass es richtig nervig wird, wenn sie immer wieder Sachen überlebt oder sich aus scheinbar unausweichlichen Lagen doch nochmal aufrafft.
Wie man die Biester am besten tötet, wird von einem Nebencharakter erzählt. Nicht vom Zukunftsmilitär. Es werden auch nicht die optimalen Waffen für die Biester eingesetzt, nö, schön die, die Spannung und aussichtlose Situationen verursachen. Erneut, wie dumm ist dieses Zukunftsmilitär und warum hinterfragt das keiner aus der Gegenwart?
Die Endlösung ist dann so simpel und einfach, dass es alles was in der Zukunft passiert ist, komplett nichtig macht. So ein Quatsch! Mit etwas mehr Hinrschmalz hätten die so viel weniger unnötige Tode von Menschen haben können.
Im Film brechen wegen des Einsatzes der Menschen in diesem Zukunftskrieg mehrere Aufstände aus. Die UNO wurde aufgelöst und die Länder liegen im Clinch. Es wird sogar von einem Politiker gesagt, dass man aufpassen müsse, sich nicht selber durch diese politische Spannung auszulöschen. Klar, nach dieser ganzen Corona-Pandemie und wie damit umgegangen wurde, ist das alles nicht so unglaubwürdig. Es bereitet mir trotzdem Kopfschmerzen.
Was ist Realität?
Dabei hat mir dieser Aspekt noch am besten gefallen. Wie die Politik agiert, würde eins zu eins auch in der Wirklichkeit passieren. Selbstverständlich würde die Menschheit nicht sofort mit den Zeitreisenden mitgehen, sondern skeptisch sein und über Twitter ihren Unmut teilen.
Aber dass die Regierungen einfach Leute einberufen lassen und diese sich nicht dagegen wehren können – das könnte genauso passieren. So richtig wird darauf aber auch nicht weiter eingegangen. Viel mehr Platz brauchen die emotionalen Charakterbeziehungen zueinander. Die Aufarbeitung von Foresters Verhältnis zu seinem Vater. Die Vater-Tochter-Beziehung der Foresters und natürlich die Schicksale der blassen Nebencharaktere. Jedoch ist einem das alles scheißegal. Nichts holt einen ab. Die Vater-Tochter-Geschichte ist nur anstrengend und am Ende bleibt man nur für die Actionszenen.
Das Kreaturendesign ist nicht schlecht, aber ich hab das alles schon mal irgendwo ähnlich gesehen. Ohnehin klaut der Film eh von anderen Vertretern des Genres. Wir haben mal ein bisschen Terminator, mal ein bisschen World War Z, ein bisschen Starcraft konnte ich erkennen und die größte Frechheit – zum Schluss macht man nochmal ein wenig Alien auf.
Der Film hat mich wirklich geärgert, was seine Faulheit und seine Dummheit anging. Kann man eigentlich froh sein, dass der im Abo von Prime dabei ist und man dafür nix weiter zahlen muss. Für den Preis einer Kinokarte hätte das richtig weh getan.
Fazit
The Tomorrow War ist ein absoluter Drecksfilm. Er besitzt so viele Logiklöcher und rechtfertigt das im Film wortwörtlich damit, dass man es einfach schlucken soll. Die Darsteller haben fast alle nicht so recht Lust, etwas ordentliches zu spielen.
Ständig passieren dumme Entscheidungen und man ist genervt von der Inkompetenz des Militärs in der Zukunft. Chris Pratts Charakter hat eine derart gutsitzende Plotarmor, das man einfach keine Angst um ihn haben muss.
Spannung kommt nicht auf und lediglich die Actionszenen sehen hübsch aus. Die emotionalen Beziehungen der Charaktere interessieren einen nicht und das Ende ist eine absolute Frechheit, dafür dass man sich durch zwei Stunden Film durchkämpfen musste. Er ist viel zu lang und besitzt dadurch auch Durststrecken. Ich rate absolut davon ab.
Allerdings ist er im Prime Abo frei verfügbar und wer sich ein Bild davon machen will, bitte.
Ich habe euch gewarnt.