Vier Filme haben wir bereits beleuchtet und da waren bereits tolle Sachen dabei. Doch auch im zweiten Teil der Film-Reviews hat das SHIVERS Film Festival noch einiges zu bieten.
The Dark and the Wicked
Eine alte Farm in Texas, eine Familientragödie und eine dämonische Präsenz. Perfekte Ausgangssituation für einen ordentlichen Horrorfilm. Gerade die Thematik eines dahinscheidenden Familienmitglieds und das Zusammenkommen der Familie, sowie die Verarbeitung des Unausweichlichen ist stark inszeniert.
Die beiden Geschwister Louise und Michael haben nicht mehr viel mit ihren Eltern zu tun und auch von deren Farm wollen sie nichts mehr wissen. Daher haben sie auch wenig Kenntnisse über den Geisteszustand ihrer Mutter oder was bisher auf der Farm passiert ist.
Lediglich, dass ihr Vater im Sterben liegt, bewegt sie noch einmal zurückzukehren. Damit nehmen auch die gruseligen Ereignisse ihre Lauf, denn die Familie wird von etwas Dämonischen heimgesucht. Das ist alles ganz nett, aber viel mehr passiert leider auch nicht.
Das Setting, das Schauspiel und die Atmosphäre sind die Gewinner. Leider ist dann sonst nicht mehr viel. Der Film plätschert von einer Spooky Scene zur nächsten, Scare-Jumps inklusive.
Irgendwann ist der Film vorbei und man wird etwas unbefriedigt zurückgelassen. Somit vermisst man eine wirkliche Geschichte, die Ausnahme ist, dass der Vater eben im Sterben liegt. Auch eine wirkliche Charakterentwicklung gibt es nicht. Das könnte dem einen oder anderen aber zu wenig sein.
The Old Man Movie
Ein etwas anderer Film mit einem speziellen Look. Wer Meet the Feebles kennt, weiß ungefähr, wen der Film ansprechen möchte, nur das es eben hier keine Muppet-Puppen sondern Knetfiguren a la Wallace & Gromit sind. Die Story ist dabei recht einfach gehalten.
Drei Kinder müssen den Sommer bei ihrem Opa auf dem Land verbringen. Dieser ist der örtliche Milchbauer und jeder im Dorf ist verrückt nach der Milch. Allerdings wird die Kuh nicht gut behandelt und büchst kurzerhand aus.
Nun muss sie wiedergefunden und gemolken werden, bevor ihr Euter vor lauter Milch explodiert und es zu einer Milch-Apokalypse kommt. Um es noch etwas interessanter zu machen, gibt es einen alten Greis im Rollstuhl. Der hat schon so eine Milch-Apokalypse überlebt und sein Blutkreislauf hat sich mit Milch vermischt.
So schwitzt er nun saure Milch. Nun sollte klar sein, dass es hier etwas eklig wird.
Körperflüssigkeiten werden rumgespritzt, Bärenärsche ausgekuntschaftet und Sexanalogien geschaffen. The Old Man Movie ist gewöhnungsbedürftig, der Humor okay und die Arbeit dahinter nicht zu unterschätzen. Trotzdem hat es bei mir persönlich nicht Klick gemacht. Das mag aber am persönlichen Geschmack liegen und man muss klar sagen, dass er sich von den anderen Festival Filmen abhebt.
Und genau das macht ein breites Spektrum eines solchen Film Festivals aus.
Das letzte Land
Dieser Film ist wohl DER Geheimtipp des Festivals. Dabei ist die Produktionsgeschichte schon recht spannend. Das Team hatte wenig finanzielle Mittel zur Verfügung. Mithilfe von Crowdfunding und über sieben Jahren Produktionszeit entstand hier eine echte Science-Fiction Perle aus Deutschland.
Zwei Männer fliehen von einem staubigen, fast unbewohnbaren Planeten mithilfe eines Raumschiffes, dass definitiv bessere Zeiten gesehen hat. Adem ist ein Gefangener, der ausgebrochen ist und Novak die Person, die ihn wieder einfangen sollte. Doch Novak will weg. Kurzerhand arbeiten beide zusammen, um in den weiten des Alls etwas besseres zu finden.
Die meiste Zeit spielt der Film im Raumschiff, das eng und beklemmend ist. Ein klassisches Kammerspiel also – und dabei so gut. Das Raumschiffinnere sieht ebenfalls großartig aus. An keiner Stelle bemerkt man, dass dies eigentlich ein umgebauter Keller ist. Alles sieht alt, dreckig und überhaupt nicht modern aus. Jetzt bemerkt man auch die ganzen geistigen Vorbilder wie Dark Star, Alien oder 2001: A Space Odyssey. Auch und gerade, was die Atmosphäre angeht.
Auch das Schauspiel ist auf gutem Niveau. Die Dialoge sind glaubhaft und wirken nicht so theaterhaft. Der Film hat mit knapp zwei Stunden eine ordentliche Länge, ist aber zu keiner Sekunde langweilig, einfach weil man sich so gerne anschaut, wie die beiden Protagonisten miteinander agieren und nach einem besseren Leben im Weltall suchen. Muss definitiv auf dem Festival angeschaut werden.
The Old Ways
Bei einem Genre Film Festival darf auch ein Exorzisten-Streifen nicht fehlen. Die Journalistin Crisitina findet sich in einem Gebäude mitten im Dschungel angekettet wieder. Ein älterer Mann und eine traditionell gekleidete, ältere Frau unterrichten sie, dass sie von einem Dämon besessen sei. Natürlich glaubt sie kein Wort und will nur weg bis die ersten merwürdigen Ereignisse passieren.
The Old Ways macht rein gar nichts neu. Es ist ein typischer Exorzisten-Film, bei dem exorziert, sich weh getan und Haare ausgekotzt werden. Der mexikanische Ansatz ist auch nicht mehr neu und oft bricht der Film die düstere Atmosphäre mit ein bisschen erheiternder mexikanischer Musik.
Das wirkt alles nicht gut zusammen und so kommen auch ein paar Längen auf. Die Darsteller machen ihre Sache nicht schlecht und auch die dämonische Präsenz hat ein paar nette Einfälle beim Erschrecken. Trotzdem ist es nur ein weiterer Vertreter im Exorzisten-Genre, der auch schnell vergessen wird, denn dafür ist er dann doch zu sauber und versucht mehr auf das Conjuring-Publikum abzuzielen.
The Long Walk
Beim Sitges Film Festival 2019 wurde die Regisseurin Mattie Do für diesen Film mit dem Preis für die beste Regieausgezeichnet. Das zurecht, denn obwohl dies ein richtiger Slow Burner ist, lohnt sich das durchhalten.
Ein alter Einsiedler kann schon seit seiner Kindheit Geister sehen und wird eben seit dieser Zeit von dem Geist der ersten verstorbenen Person, die er gefunden hat begleitet. Als alter Mann erkennt er, dass er mithilfe dieses Geistes 50 Jahre zurück in die Zeit reisen kann. Dadurch versucht er gewisse Ereignisse aus seiner Kindheit zu ändern, bzw. richtig zu stellen. Allerdings setzt er Dinge in Bewegung, die mehr Auswirkungen haben, als er selber gedacht hat.
Der gesamte Film ist sehr ruhig und entschleunigt erzählt. Auch begreift man nicht ganz, was das alles soll und wo die Reise hingeht. Irgendwann wird aber die Motivation des alten Einsiedlers immer mehr klar und die Tragik seiner Geschichte greifbar. The Long Walk belohnt den Zuschauer für das durchhalten der langen Geschichte und wirft tiefe philosophische Fragen zur Zeitschleifen-Thematik auf.
Was mir gut gefallen hat, ist die Welt in der die Geschichte spielt. Der alte Einsiedler befindet sich in einer Zukunft, die man als Zuschauer so gar nicht wahrnimmt, weil er eben sehr asketisch am Stadtrand nahe des Dschungels wohnt. Das macht die Welt auch so greifbar.
Gerade zum Schluss des Filmes wird die gesamte Tragik des alten Einsiedlers sichtbar und entlässt den Zuschauer mit traurigem aber zufriedenem Gefühl zurück. Ein Must See des Festivals!
Und das waren alle neun Filme des SHIVERS Film Festivals Online. Wer es noch nicht geschafft haben sollte, dem empfehle ich ein paar Filme nachzuholen. Das Festival wurde nun auch extra bis Samstag verlängert und ihr könnt euch alle Filme bis 24.04. 23:59 Uhr anschauen.