Ein Star Trek-Autor bringt uns eine Science Fiction-Serie, die ohne Probleme ein echtes Prequel dieses Franchises sein könnte. Ein Fest für Freunde der Geschichte, der aktuellen und vielleicht zukünftigen Raumfahrt und auch des gepflegten Dramas.
For All Mankind bietet Spannung, relevanten Kommentar – und vor allem: Hoffnung!
Apple TV+ ist immer noch der lauernde Schatten, wenn es um Streamingdienste geht. Langsam, aber sicher baut sich Apple ein kleines, aber feines Portfolio an tollen Serien und Filmen auf. Ted Lasso oder Mythic Quest sind da zwei absolute Empfehlungen.
For All Mankind war von Anfang eine Zugpferd-Serie. Sie versprach großes Weltraum-Abenteuer, aber nicht aus der Zukunft, sondern aus der Vergangenheit, der alternativen Vergangenheit...
"I take this step for my country, for my people, and for the Marxist-Leninist way of life."
Es ist das Jahr 1969 und die USA stehen kurz vor der Landung auf dem Mond. Nachdem die UdSSR den ersten Satelliten Sputnik und den ersten Menschen Juri Gagarin ins All brachte, soll diese Unternehmung das Space Race zugunsten Amerikas verschieben. Über ein Jahrzehnt hat man darauf hingearbeitet...
Doch dann der Schock! Die Sowjets haben wieder die Nase vorn und sind heimlich zu einer Mond-Mission gestartet. Nur wenige Wochen vor Neil Armstrong steht nun Alexei Leonov auf dem Erdtrabanten und hisst die rote Fahne mit Hammer und Sichel. Eine weitere Demütigung.
Das ist der Punkt, an dem For All Mankind mit der wahren Geschichte bricht. Natürlich hatte die Sowjetunion kein bemanntes Mondprogramm, sondern die Apollomissionen der NASA waren die einzigen, die es bisher dorthin schafften. Und mit Apollo 17 im Jahr 1972 endete auch dieses bemerkenswerte Kapitel der Menschheit (bis heute).
In dieser Serie geht es da erst richtig los!
For All Mankind wurde u.a. von Ronald D. Moore entwickelt, der als Star-Autor von Star Trek: The Next Generation und Star Trek: Deep Space Nine und als Schöpfer der Neuauflage von Battlestar Galactica in der Sci-Fi-Welt einen klangvollen Namen hat.
Und seinem Ruf wird er auch voll gerecht.
"Today is about the future of our country."
Die Serie dreht sich hauptsächlich um fiktive Astronauten des Apollo- und Mercury-Programms, die aber zum Teil auch auf historischen Personen basieren. Dazu tauchen um sie herum tatsächliche Menschen der Geschichte auf, was dem ganzen einen sehr glaubhaften Anstrich verleiht.
Nach dem Sieg der Sowjets im Rennen um den ersten Astronauten auf dem Mond hinken die USA zu Beginn mehr oder weniger immer einen Schritt hinterher. Vieles wird übers Knie gebrochen, um einem demoralisierten Amerika und einer beschämten Raumfahrertruppe Hoffnung zu verleihen.
So endet der Flug von Apollo 11 (wie auch übrigens auch fast in der wahren Zeitlinie) in einer Beinahe-Katastrophe. Eine halbe Crashlandung lässt fast alle verzweifeln, doch die Astronauten schaffen es trotzdem ihre Mission zu vollenden – auch wenn sie sozuagen schief eingeparkt haben.
Ein weiterer großer Teil der Erzählung nimmt die Rolle der Frauen im Raumfahrtprogramm ein. Die UdSSR schickt gleich bei ihrer zweiten Mondlandung eine Kosmonautin hoch und bringen die USA in Zugzwang. Auch das basiert auf wahren Begebenheiten. Schon 1963 flog mit Walentina Tereschkowa eine Frau ins All, während die USA dies erst 20 Jahre später fertigbrachten (wollten).
Im Jahr 1960 hatte man auch Frauen für das Mercury-Programm getestet, dies aber nie weiter ernsthaft verfolgt. Hier werden nun einige Teilnehmerinnen wieder rangeholt und auch neue rekrutiert. Inklusive Tracy Stevens, ausgebildete Pilotin und Ehefrau der Apollo-Astronauten Gordo Stevens. Ein Ehepaar im Weltraum, das wäre es doch...
Eine weitere Abweichung von der Realität ist der Fund von Eis auf dem Mond. Das bedeutet, es gibt Wasser. Und Wasser kann man in seine Elemente aufspalten und daraus Treibstoff für Raketen gewinnen. Der Mond würde so zum Startpunkt für zukünftige Tiefenraummissionen.
Wer schafft es nun die erste Basis auf dem Erdbegleiter zu errichten?
Das Rennen wird extrem intensiv.
Für die ganze Menschheit
Die erste Staffel ist eine rundum gelungene Sache. Neben dem beschriebenen Space Race kommen auch gerade die dramatischen Momente der Charaktere nicht zu kurz. Man schafft es, die Astronauten zu einem Spiegelbild einer Gesellschaft zu machen, die sich gerade radikal verändert. Die Emanzipation der Frauen ist dabei ein wichtiger Teil und die Serie vermittelt glaubhaft, wie weibliche Vorbilder eine soziale Entwicklung beeinflussen können.
Alle Figuren kämpfen mit Selbstzweifeln auf ihrem Weg der Selbstverwirklichung. Dabei haben aber alle ein Ziel vor Augen: das Rennen um den Mond gewinnen.
Das macht die Erzählung besonders interessant, da man als Zuschauer immer wissen will, wie es weitergeht und mit jedem der Charaktere mitfiebert, wenn sie ihre Hürden überwinden müssen. Das gibt uns ein intensives Team-Gefühl. Die Widerstände kommen meist von außen. Seien es gesellschaftliche Konventionen, die Politik oder die eigenen Lebenslügen. Daher hoffen wir immer, dass die Astronauten ihr Ziel erreichen, denn für jeden steht mehr auf dem Spiel als der Ruhm einer Nation.
Dabei wird die Serie nie zynisch, sondern vermittelt das Gefühl, dass man es alles erreichen kann, wenn man es nur will und dass es sich lohnt, für eine gute Sache zu kämpfen. Der Triumph ist dann umso süßer!
Jede Folge bietet dabei eine mehr oder weniger abgeschlossene Geschichte, ein Kapitel nach dem anderen und nach der ersten Staffel fühlt man sich wie nach der Lektüre eines großen Romanes. Und trotzdem ist dies erst der Anfang.
Auf Apple TV+ ist nun die zweite Staffel gestartet. Diese werden wir hier dann auch bald genauer unter die Lupe nehmen.
Das Abenteuer der Menschheit hat gerade erst begonnen!