Ein Kinderbuchklassiker, der bereits mehrfach in unterschiedlichen Interpretationen seinen Weg auf die Leinwand gefunden hatte. Einer der größten Stars unserer Zeit. Moderne Tricktechnik, die auch die wildesten Tiere zum Leben erwecken kann. Das kann doch zumindest... erträglich sein?
Ohje...
>Nur einer kann noch helfen
Dr. Dolittle ist nicht mehr der, der er war. Der Arzt, der mit den Tieren sprechen kann, hat sich seit dem Tod seiner geliebten Frau auf seinen riesigen Landsitz zurückgezogen. Dort haust er mehr, als das er lebt – zusammen mit all den Tieren, die er einst gerettet hat.
An einem einzigen Tag ändert sich jedoch alles. Zum einen erscheint der junge Stubbins vor seiner Tür mit einem angeschossenen Eichhörnchen. Er ist so beeindruckt von dem Leben Dolittles, dass er sofort sein Lehrling werden möchte.
Zugleich bittet ihn Lady Rose um Hilfe. Das Mädchen ist eine Vertraute der jungen Königin Victoria, die todkrank ist. Dolittle ist ihre letzte Hoffnung. Schnell findet er heraus, dass sie vergiftet wurde. Er muss sich nun auf eine gefährliche Schiffsreise begeben, um auf einer Insel eine sagenumwobene Frucht zu finden, die das Gegenmittel enthält. Seine treuen Tierfreunde und Stubbins begleiten ihn.
Das Tagebuch seiner Frau, die auf einer Reise zu dieser Insel ums Leben kam, kann ihm den Weg weisen...
Eine beschwerliche Reise... für den Zuschauer
Die Fantastische Reise des Dr. Dolittle hat eine bewegte Produktionsgeschichte. Die ersten Testscreenings liefen wohl sehr schlecht, so dass fast 20 Minuten neues Material nachgedreht wurden, dadurch verschob sich auch der Starttermin zweimal.
Genutzt hat es nichts. Das 175 Millionen Dollar teure Spektakel fiel an der Kinokasse in Amerika gnadenlos durch. Auch Robert Downey jr.'s Starpower zog hier nicht mehr. Vermutlich ist seine ideale Zielgruppe deutlich älter als die, die man hier anvisiert hatte.
Aber selbst die hätte er wohl nicht überzeugt. Obwohl er den Film mitproduziert hat, legt er ein seltsames Desinteresse an den Tag. Dolittle kommt zwar frisch aus einer Depri-Phase heraus, aber es erklärt sich nicht, warum Downey im Laufe der Geschichte nicht ein, zwei Schippen an Energie mehr drauflegen kann.
Es bleibt mehr oder weniger alles auf einem Niveau und ist aber stellvertretend für die Entwicklung des Charakters. Die gibt es nämlich ebenfalls so gut wie gar nicht. Und wüssten wir nicht aus den Büchern, dem Musical oder gar aus der Eddie Murphy-Komödie nicht, wer Dr. Dolittle ist, würde es uns auch so ziemlich am Allerwertesten vorbeigehen.
Dieser Film ist öde, einfallslos und so unlustig, dass man mit den Augen rollen muss. Die Hauptzielgruppe sind zwar Kinder, aber wenn man ein kreatives Team wie dieses am Steuer hat, erwartet man sich mehr als eine aufgepimpte Version eines ARD-Weihnachtsfilms im Nachmittagsprogramm.
Im Grunde wird die Geschichte aus der Sicht von Tommy Stubbins erzählt und ist eigentlich sein Werdegang vom Kind in der falschen Familie (sie sind Jäger, er möchte keinem Tier ein Leid antun) zu einem vollwertigen Lehrling, der selber die Sprachen der Tiere lernt.
Da aber Dr. Dolittle nun mal keine Nebenfigur ist, wird das in sehr zusammengepressten Stückchen serviert. Man kann weder eine besondere Beziehung zu dem Jungen aufbauen, so dass es einen nicht wirklich interessiert, was ihm geschieht, noch kann er die Zuschauer überraschen.
Dass der Papagei Polynesia (gesprochen im Original von Emma Thompson) zugleich die Off-Erzählerin ist, macht das Verwirrspiel um die Perspektive perfekt.
Dabei gibt Harry Collett durchaus eine gute Leistung, er legt sich richtig ins Zeug und sticht als eines der wenigen positiven Elemente hervor. Sein Gegenüber ist die gleichaltrige Lady Rose, gespielt von Carmel Laniado. Bei ihr konnte man sich nicht entscheiden, ob sie ein hochnäsiger Adelsspross oder eine verständnisvolle Verbündete sein soll. Nur zwischen diesen beiden Zuständen pendelt die Rolle. Bei ersterem ist sie sehr nervig, bei zweiterem zum Vergessen.
Deutlicher im Gedächtnis bleibt Michael Sheen als Dr. Blair Müdfly — aus den falschen Gründen. Der alte Rivale von Dr. Dolittle ist Hofarzt der Königin steckt natürlich hinter der Vergiftung derselbigen, um irgendeinen Lord auf den Thron zu bringen (historische Anspielungen kann hier übrigens komplett über Bord schmeißen). Mit einem Kriegsschiff heftet er sich an die Fersen von Dolittle, um ihn von seiner Reise nie mehr zurückkehren zu lassen – vorerst. Nachdem das schiefgeht, will er lieber die Frucht für sich. Warum auch immer.
Sheen kann einem echt leid tun. In der Twilight-Reihe durfte er den Obervampir wenigstens mit absoluter Übertriebenheit spielen, hier bekommt er die dümmsten Dialogzeilen, die unlustigsten und peinlichsten Sprüche, um am Ende nur der Döskopp vom Dienst zu sein, der mit einem Handstreich beseitigt wird.
Obendrein gibt es (natürlich) noch mehr Bösewichte – den Piratenkönig Rassouli, ein Tiger mit Mutti-Komplex und ein Drache. Der leidet aber nur an Verstopfung und nach einer gründlichen Darmentrümpelung wird er sogar zum Freund unserer Helden. Wahnsinn, mit was Drehbuchautoren ihr Geld verdienen können.
Auf der Gegenseite gibt es von den tierischen Helden noch viel, viel mehr. Man hat eine Riege an Stars für die Stimmen von Eisbär, Strauß, Ente & Co. engagiert, die will man auch alle ordentlich präsentieren. Das Endergebnis sind eine Unmenge an kleinen Nebenhandlungen, die sich so gut wie nicht ergänzen und oft für (schlechte) Gags verbraten werden. Eine Verschwendung von Talent, die ihresgleichen sucht. Allein die Konfrontation mit dem Tiger ist wirklich zum Fremdschämen dumm. Der Riesenfurz des Drachen kommt kurz dahinter.
Das CGI dieser Geschöpfe ist ebenfalls eine Sache für sich. Einige Charaktere wirken sehr überzeugend und fast echt, andere kommen recht cartoonhaft und damit unglaubwürdig herüber. Es wirkt beinahe so, als wäre man mit nur der Hälfte der Figuren wirklich fertig geworden.
Fazit
Nun könnte so ein komplettes Durcheinander an inkohärenten Ideen, Geschichtchen, Handlungsorten und Humoreinlagen aber auch das Potenzial zu etwas kultig schlechtem haben. Aber nicht mal dafür reicht es.
Denn Dolitte ist vor allem einschläfernd langweilig. Alles ist vorhersehbar, es ist null Spannung vorhanden, die Gags sind so dämlich und öde, dass selbst die Kinder, die in die Pressevorführung mitgebracht wurden, kaum gelacht haben. Das ist schon mal eine Leistung.
Alles wirkt verworren und uneinheitlich. Mal ist es albern komisch mit viel Slapstick, mal wieder gefühlsbetont mit halbwegs nachvollziehbaren Charaktermomenten. Mal geht es vom Tempo her sehr flott, wenn man Gefahren abwehren will, mal lässt man sich viel Zeit, um alles unnötig in die Länge zu ziehen.
Kleines Beispiel gefällig? Stubbins schießt bei der Jagd aus Versehen ein Eichhörnchen an. Aus Verzweiflung packt er es in seine Tasche, sucht Hilfe, rennt quer durch einen Wald und landet schließlich bei Dolittle. Bevor der sich endlich aufrafft, den Patienten anzusehen, folgen leidlich lustige Einlagen der Tiere, wo sich jeder mal vorstellen und einen lauen Gag anbringen darf.
Ich wollte immer wieder reinrufen: "Das Vieh ist tot! Du kannst wieder heimgehen, Junge!".
Doch es überlebt und schwört sogleich seinem "Attentäter" Rache. Er kommentiert mit Tagebucheinträgen seine Mission der Vergeltung, die natürlich damit endet, dass er sich mit allen anfreundet. Nicht, dass das groß gezeigt werden würde oder dass es zu irgendwas besonderem führt. Aber zwischendurch taucht er eben als Pausenfüller auf.
Überhaupt wird vieles nicht gezeigt, sondern einfach erzählt. Insbesondere, was die Vergangenheit von Dolittle angeht. Der Papagei liefert immer die passende Back Story zum jeweligen Set, die so klingt, als hätte man einen anderen Film verpasst (wahrscheinlicher ist, dass man so diesen Film besser kürzen konnte). Die Charaktere brauchen auch keine Einführung, sie erklären schnell in ein, zwei Sätzen ihre Motivation. Selbst ein Blair Müdfly darf seine kriminellen Absichten offen und laut zugeben – auch wenn königliche Seeleute in Hörweite stehen. Auf solch einem Niveau befinden wir uns hier.
Das ganze wirkt wie eine schlechte Fortsetzung zu guten Filmen, die es nie gab. Wie der dritte Teil einer Reihe, die einen unterhaltsamen ersten und einen akzeptablen zweiten Teil hatte – und nun noch einmal alle Darsteller des Geldes wegen zusammengetrommelt hat, um mit einem unfertigen Drehbuch den Franchise zu Grabe zu tragen.
Die Musical-Verfilmung des Stoffes von 1967 mit Rex Harrison wurde seinerzeit auch von der Kritik zerrissen. Das Time Magazine schrieb damals: "Irgendwie – mit der häufigen, aber niemals unfehlbaren Ausnahme von Walt Disney – hat Hollywood nie gelernt, was so viele Kinderbuchautoren die ganze Zeit gewusst haben: Größe und ein dickes Budget sind kein Ersatz für Originalität und Charme."
Das kann man heute wieder so drucken.