Ari Aster ist das Next Big Thing im Horror Genre. So hat der Regisseur mit Hereditary ein Brett geliefert und die Hoffnung für alle Fans des wirklichen Gruselns geschürt. Nun endlich kommt sein zweites Werk heraus und auf den ersten Schein wird das ein ebenso großes Ding. So wird als Setting ein scheinbar freundliches Fest in Schweden ausgesucht, welches vier Freunde besuchen. Kennt man Ari Asters letztes Werk, so stellt man sich bewusst auf ein weiteres Highlight des Horrors ein.
Dani macht eine schwere Zeit durch. Sie hat eben erst ihre Familie verloren, nachdem ihre Schwester sich und ihre Eltern umgebracht hat. Ihr Freund Christian spendet ihr wenig Trost und auch über seine baldige Reise nach Schweden mit seinen Freunden ist sie nicht ganz so glücklich. Traumatisiert durch den kürzlichen Verlust entschließt sie sich mitzukommen. Christians schwedischer Freund hat sie eingeladen, einem Fest in seinem Dorf beizuwohnen, welches nur alle neunzig Jahre stattfindet. Dort soll ausgelassen gefeiert und dem Glauben gefrönt werden. Das Fest entpuppt sich jedoch als sehr befremdlich für die Gruppe und schon bald ist sich Dani nicht sicher, ob sie das Ende des Festes erleben möchte.
Auf Letterboxd habe ich dem Film keine Wertung gegeben, da ich es einfach nicht kann. So muss ich bei der Kritik die objektive Seite und meine persönliche voneinander trennen. Dass der Film für Aufsehen sorgt, ist nicht zu bestreiten. Allerdings tut ihm sein Hype gar nicht gut. Aber alles zu seiner Zeit.
Midsommar ist wirklich schön gefilmt. Fast ausschließlich im Hellen spielend, sieht man hier wirklich alles. Die Landschaftsbilder sind wunderschön und auch die Hütten, Verzierungen und die Welt selbst sieht beeindruckend aus. Ebenfalls ist die schauspielerische Leistung von Hauptdarstellerin Florence Pugh richtig gut. Erst vor ein paar Monaten zeigte sie eine sehr gute Leistung als Paige in Fighting for my Family. Hier setzt sie dem Ganzen noch einmal einen drauf.
Ich nehme ihre Emotionen vollkommen ab. Sie ist verwirrt, braucht Trost und fühlt sich allgemein komplett verlassen. Außerdem bekommt man hier den wohl besten Einstieg in einen Film, den ich seit langem gesehen habe. So baut man Stimmung auf.
Ebenfalls kann man sagen, dass man hier eine andere Art von Film bekommt. Müsste ich einen Vergleich ziehen, welchen Film man noch am ehesten nennen könnte, wäre es Wicker Man. Für Arthouse Freunde ist dieser Film definitiv etwas Besonderes.
Persönlich bin ich ziemlich enttäuscht. Das liegt aber auch vor allem daran, dass das Marketing um diesen Film komplett in die falsche Richtung ging. So wird der Film als Horrorfilm verkauft. Man spielt damit, immer wieder zu erwähnen, wie schrecklich und angsteinflössend der Film doch sei und dass er von dem Typen kommt, der Hereditary gemacht hat. Ari Aster, der neue Heilsbringer im Horrorgenre. Nur leider ist das hier kein Horrorfilm. Nicht mal wirklich Grusel kommt nach dem Einstieg auf.
Wie bereits gesagt, tut der Hype ihm absolut nicht gut. Selten habe ich das bei einem Film so sehr erlebt wie bei diesem hier. Ich lasse mit mir reden, dass dies ein Mystery-Film sei, aber Horror absolut nicht.
So stören mich sehr viele Dinge. Zum einem wäre da die Dauer. Der Film ist eindeutig zu lang. Es passiert lange Zeit einfach nichts. Es wird getanzt, gegessen und gesungen. Da sind dann ein, zwei Tanzszenen einfach viel und auch zu lang. Des Weiteren mochte ich keine der Figuren. Dani als Hauptcharakterin wurde mir irgendwann zu anstrengend. Ich verstehe ihre Trauer und auch ihre Beweggründe, aber der Film schafft es, dass ich mir oft auch dachte "reiß dich doch mal etwas zusammen". Das ist definitiv der falsche Gedanke dahinter. Auch ihre Freunde Christian, Josh, Pelle und Mark waren absolut unsympathisch.
Wo Mark der Comic Relief sein soll, war er einfach nur ein nerviger Statist, der nichts zur Story beiträgt.
Josh wiederrum möchte über das Dorf seine Dissertation schreiben und tut alles, um auch wirklich alle Infos zu bekommen. Natürlich auch die verbotenen Sachen, was einfach absolut klischeehaft ist und in mir ebenfalls keine Sympathie für seinen Charakter erzeugt. Christian ist in meinen Augen dann die unliebsamste Person in diesem Vierergespann aus Amerikanern.
Als Freund von Dani versagt er komplett und hat auch nicht die Eier, Schluss zu machen. Ebenfalls verhält er sich innerhalb des Dorfes eher wie eine Randfigur, als dass er eigentlich Relevanz für die Geschichte hat. Sein Storyfaden ist recht uninteressant und soll am Ende Danis Story zu einem Ergebnis führen. Auch hier ist das sehr mit der Brechstange draufgeklöppelt. Man könnte das Ende auch ohne diese Story so ausführen.
Die größte Schwierigkeit sehe ich aber in der Überraschungsarmut. So weiß man anhand des Trailer, des Vorwerkes vom Regisseur oder der Story an sich, wo die Reise hingeht. Midsommar gibt sich nicht mal Mühe, falsche Fährten oder Plot Twists auszulegen, sondern läuft genau so ab, wie man sich das auch ausmalt. Das ist schade. Hatte doch Hereditary auf ganzer Linie ein Erstaunen freigesetzt. Hier blieb bei mir nur Langeweile.
Es gibt natürlich wieder recht viel Symbolik und Glaubensfragen. So möchte der Film geheimnisvoll wirken und den Zuschauer zum Rätseln animieren. Aber auch das klappt absolut nicht. Recht früh ist klar, dass die Leitthemen in diesem Film Verlust, Trauer und das Überwinden dieser sind. Die Symbolik ist lediglich Foreshadowing.
Ich möchte auch nochmal auf eine Gewaltspitze in der Mitte des Filmes eingehen, die es meines Erachtens so in der Form nicht gebraucht hätte. Vielmehr ist dies eher ein Wink Richtung "Schaut, wir sind hart!" Es ist nicht relevant für die Story oder bringt irgendwem etwas, außer dass der Zuschauer explizite Szenen bekommt. Versteht mich nicht falsch, ich schaue mir gerne mal Splatter/Gore-Szenen in Filmen an. Jedoch nicht, wenn sie nur Selbstzweck sind und nicht in den Kontext passen. Das hat man ebenfalls bei Hereditary besser gelöst.
Allerdings sind ja Geschmäcker verschieden und auch von Kollegen und Filmfreunden hörte ich, dass sie großen Gefallen an diesem Film haben. Es ist auch durchaus gut, dass es solche Filme gibt und geben muss. So bekommt man mal etwas anderes als den Einheitsbrei. Dass der Film etwas neues probiert, rechne ich ihm hoch an.
Midsommar ist nicht für jeden was. So wird man durch falsches Marketing irregeführt und auf einen Horrorfilm eingestimmt. Er ist definitiv zu lang und das Sitzfleisch wird gut ausgereizt. Die Story ist absolut überraschungsarm und viele der Figuren sind unsympathisch. Allerdings bekommt man großartige Bilder und eine beeindruckende schauspielerische Leistung von Florence Pugh. Ebenfalls probiert der Film, etwas Neues zu sein und das gelingt ihm. Für Arthouse Fans ist das hier auf jedenfall etwas. Wer aber den nächsten neuen Horrorhit sucht, der ist hier absolut falsch. Aber bitte, bildet euch noch eine eigene Meinung!