Woody, Buzz Lightyear & Co. sind zurück! Dabei dachte man eigentlich, mit Toy Story 3 wäre alles erzählt gewesen.
Tatsächlich hat man noch eine letzte, wichtige Geschichte im Köcher. Wieder einmal ein Pixar Meisterwerk?
Die Saga um die Spielzeuge von Andy schien eigentlich beendet, als er zu alt war, um noch mit ihnen zu spielen. So geschah es, dass am Ende des vorangegangenen Teiles dieser Lebensabschnitt der Spielzeuge um Woody vorbei war. Statt aber im Müll zu landen, bekamen sie mit der kleinen Bonnie eine neue Besitzerin und konnten ihr Leben und ihren Daseinszweck weiter genießen. Denn ein Spielzeug will nur das Kind glücklich machen, dem es gehört.
Oder?
Neue Freunde, neue Probleme
Toy Sory 4 ist ein Film über existenzialistische Krisen. Und wäre es keine Pixar-Produktion, so würde man dies wahrscheinliche keinem (Kinder-)Animations-Film abnehmen. Aber die Künstlerwerkstatt aus Emeryville ist ja bekannt dafür, jedem Zuschauer egal welchen Alters etwas bieten zu können.
In der ersten Krise befindet sich Woody. Obwohl er bei Bonnie ein neues Zuhause hat, teilt er ein Schicksal wie viele Spielzeuge: Bonnie hat kein Interesse an ihm. War er noch bei Andy die unumstrittene Nr. 1, so kann er nun froh sein, wenn er irgendwann mal aus dem Schrank geholt wird. Er tut sich unheimlich schwer damit und als sich dann doch die Gelegenheit bietet, für Bonnie da zu sein, ergreift er die Chance.
Das Mädchen kommt nämlich bald in die Schule. An einem Orientierungstag geht sie nervös und unsicher dort hin, Woody versteckt sich in ihrem Rucksack – und muss mit ansehen, wie sie keinerlei Kontakt findet und einige andere Kinder gemein zu ihr sind.
Er hilft ihr daraufhin heimlich beim Basteln. Bonnie baut sich aus einem Göffel und anderen Wegwerfprodukten eine kleine Figur, die sie Forky nennt. Der erwacht natürlich zum Leben – allerdings kommt er überhaupt nicht damit klar, dass er plötzlich ein Spielzeug sein soll. Schließlich ist er doch eigentlich Müll. Dementsprechend sucht er sich immer den nächsten Eimer, um dort hinein zu springen!
Woody sieht aber, dass Bonnie Forky sehr ins Herz schließt. Würde sie ihn verlieren, bräche es ihr das Herz. Es ist also ab sofort seine Aufgabe, Forky in dessen neue Rolle einzuführen.
Ein spontaner Wochenend-Ausflug der Familie mit einem Wohnmobil führt die Spielzeug-Truppe dann zu einem großen Jahrmarkt. Dort beginnt dann das große Chaos – waghalsige Stunts, Kidnapping, unverhofftes Wiedersehen und lebenswichtige Entscheidungen inklusive!
Für was oder wen ist ein Spielzeug da?
Toy Story 4 ist eine actiongeladene Geschichte mit viel Herz, Witz und einem durchaus unerwartetem Ende. Insofern steht der Film seinen Vorgängern in nichts nach. Tatsächlich kommt man auch wieder mit der bekannten Ausgangssituation daher.
Ein neues Spielzeug stößt zur Truppe, einige der Charaktere gehen verloren und die anderen müssen sie in einer spannenden Jagd gegen die Zeit wiederfinden.
Dass man sich in der Hinsicht nichts Neues ausgedacht hat, kann man durchaus verzeihen, schließlich hat man dies den anderen Sequels auch nicht zum Vorwurf gemacht. Die Handlung wird immer in einen anderen Kontext gesetzt, so dass jeder Film eine gewisse Entwicklungsstufe von Woody darstellt.
Der Fokus liegt auch hier sehr deutlich auf Woody. Buzz Lightyear hat zwar auch wieder seine Momente, er wird diesmal aber tatsächlich nur zu einer herausgestellten Nebenfigur.
Wichtiger sind Forky und Porzellinchen (Boo im Original), die Woody nach Jahren wieder trifft. Zu Beginn des Films erleben wir mit, wie die Porzellan-Figur ihrerzeit verschenkt wurde, was nicht nur ihr, sondern auch Woody ein Stück weit das Herz gebrochen hatte.
Auf dem Spielplatz neben dem Jahrmarkt finden sie sich nun wieder. Sie lebt mittlerweile als taffe Kämpferin in einer Art Spielzeug-Untergrund. Hier leben die Toys unabhängig, ohne Besitzer und dienen quasi nur den Kindern, die auf der Durchreise sind, indem sie sich auf dem Spielplatz finden lassen. Ansonsten kommen sie gut alleine zurecht.
Das beeindruckt Woody und als Porzellinchen ihn auffordert, mit ihr an diesem Ort zu bleiben, kommt er schwer ins Grübeln.
Auch wenn nicht viel Zeit dafür bleibt, denn sie müssen sich mit einer neuen Gegnerin beschäftigen. Eine alte Puppe aus den 50ern, die in einem Antiquitätengeschäft lebt und sich nichts sehnlicher wünscht, als von einem Kind mitgenommen zu werden. Dafür hätte sie gerne ein Originalteil aus Woody, mit dem ihre Sprachfunktion wieder gehen würde. Freiwillig gibt er das jedoch nicht her.
Hier wird klar, dass die Macher ganz offen die Frage nach dem Sinn des Lebens für ein Spielzeug mit Bewusstsein stellen und dabei mehrere Möglichkeiten aufzeigen, von denen keiner besser oder schlechter als die andere ist.
Das macht die Stärke der Geschichte aus und füllt jeden Charakter mit nachvollziehbarer Motivation. Dies betrifft nicht nur die uns bekannten Protagonisten, sondern auch viele der neuen Figuren, die zwar alle für tolle Gags gut sind (wie etwa Duke Kaboom und die Kirmesplüschtiere Duck und Bunny), aber dennoch der gleichen Frage wie Woody nachgehen:
Wofür bin ich als Spielzeug gut, was ist mein Zweck, brauche ich wirklich ein Kind, das mich liebt oder nicht?
Was eigentlich ziemlich absurd klingt, entfaltet sich hier zu einer unterhaltsamen wie nachdenklichen Geschichte, die wieder einmal beweist, dass Pixar immer dann großartig ist, wenn es ein möglichst breites Publikum ansprechen will. Das gelingt nicht bei jedem Film, ist aber seither das Markenzeichen des Studios gewesen.
Man kann kindische Gag-Cartoons wie die Minions machen, aber um auch wirklich die Herzen aller Kinobesucher anzusprechen, braucht es echte Könner.
Nun wirklich das letzte Abenteuer?
Dieses Abenteuer wirkt eigentlich mehr wie ein Epilog zu den bisherigen Toy Story-Filmen. Natürlich könnte man sich an dieser Stelle immer noch neue Geschichten ausdenken. Tatsächlich hat man aber hier das Gefühl eines Abschlusses; ein weiteres Kapitel mit lebenden Spielzeugen sollte – wenn überhaupt – von neuen Charakteren erzählen.
25 Jahre ist es bald her, dass 3D-Animationsfilme im Mainstream-Kino einen gewaltigen Umbruch eingeläutet haben. Begonnen hatte es mit Toy Story und an diesem vierten Teil kann man auch sehen, wie weit sich die Technik weiterentwickelt hat, aber das Storytelling gleich geblieben ist.
Alleine die Anfangssequenz im strömenden Regen ist eine klare Ansage an andere Animationsstudios in der ganzen Welt, wer hier immer noch der Platzhirsch ist.
Film-Technik ist aber ohne eine Geschichte, die zu Herzen geht, rein gar nichts. Wieder einmal beweist Pixar, was sie können und warum sie so viel Erfolg haben. Man mag von den vielen Fortsetzungen ihrer Hits halten, was man will. Nicht immer gelang es, den Zauber des Originals einzufangen. Bei Toy Story lag das Studio aber wundersamer Weise nie daneben und tut es auch diesmal nicht.
Daher eine echte Empfehlung!