Endlich ist es da! Das Prequel, auf das alle gewartet haben. Die spannende Vorgeschichte zu "All The President's Men - Die Unbestechlichen". Wer waren die Helden vor Watergate?
Klingt komisch? Vielleicht. Ist aber nicht so weit hergeholt...
1971 ist die Washington Post nicht die führende nationale Zeitung von heute, sondern eher nur von lokalem Interesse. Dennoch hat sie mit Ben Bradlee (Tom Hanks) einen engagierten Topjournalisten als Chefredakteur, der mehr für sein Blatt will.
Gleichzeitig steht die Verlegerin Kay Graham (Meryl Streep) vor der Aufgabe, ihren Verlag, zum die Post gehört, wieder in finanzielles Fahrwasser zu bringen. Sie steht kurz vor dem Börsengang, der neues Geld bringen soll. Sie selber hat den Verlag von ihrem Mann übernommen, der von ihrem Vater als Nachfolger ausgewählt worden war. Nach dem Selbstmord ihres Ehemannes wurde sie in die Chefposition gezwungen, um das Familienerbe zu bewahren. Eine Rolle, mit der sie immer wieder hadert.
Just in diese Situation platzt die Bombe, dass geheime Papiere in die Hände der New York Times geraten sind. Ihr explosiver Inhalt: alle US-Regierungen der vergangenen 30 Jahre haben über das Engagement der USA in Südostasien gelogen und militärische Aktionen vertuscht. Der Vietnam-Krieg war nie zu gewinnen, das wussten die Verantwortlichen seit Jahren. Und trotzdem ging der Krieg weiter.
Die Times muss mit juristischen Konsequenzen rechnen. Da wird auch der Post noch mehr geheimes Material zugespielt... Ist es wert, dafür den geplanten Börsengang zu gefähren oder gar ins Gefängnis zu gehen?
Ein Team der Altmeister
Dass Tom Hanks und Meryl Streep nicht schon früher einen Film zusammen gemacht haben, scheint sehr verwunderlich. Aber besser spät als nie und dann auch noch gleich unter der Regie von Steven Spielberg. Kann das schiefgehen?
Nein. Und tut es auch nicht.
Spielberg inszeniert die Geschichte teilweise wie einen Spionagethriller und teilweise wie ein Zwei-Personen-Drama, denn letztendlich führt der Weg der Papiere, für die viele Menschen ihre Karriere, ihre Freiheit oder auch ihr Leben riskieren, zu Bradlee und Graham. Es ist an ihnen, etwas daraus zu machen. Der Regisseur beweist, dass beide Genres durchaus zusammenkommen können und seine Hauptdarsteller sonnen sich nicht in Eitelkeit, sondern gehen beide in ihren Rollen auf.
Allen voran Meryl Streep. Im Gegensatz zum tatkräftigen Anführer Bradlee ist ihre Kay Graham eine zögernde, überlegte, aber dennoch moralisch standfeste Frau, die sich gegen eine Männerwelt behaupten muss, der sie obendrein auch nie angehören wollte. Streep hatte man in den vergangenen Jahren immer wieder in Führungsrollen, wie etwa in "Der Teufel trägt Prada" oder "Die eiserne Lady" gesehen. Wer diese Figuren vor Augen hat, erlebt hier eine ganze andere Frau. Streep schafft es meisterhaft, den Charakter mit Leben zu erfüllen, ohne große Attitüde oder Geste. Ihre Zurückhaltung, ihre leise Stimme lassen den Zuschauer mitfiebern: wird sie es schaffen, über ihren Schatten zu springen, wird sie sich dafür einsetzen, das Richtige zu tun?
Es ist schon ein großes Verdienst, wenn man bei einem historischen Film, bei dem der Ausgang von vornherein bekannt ist, mit den Figuren bis zum Schluss mitfiebert. Hier zeigt sich wieder einmal, wie Spielberg und seine Gruppe an Altmeistern so manchem angesagten Regie-Jungspund zeigen, wo der Hammer hängt.
Sei es die Kameraarbeit von Janusz Kaminiski, der Schnitt von Michael Kahn oder die Musik von John Williams – jeder ist ein Meister seines Fachs. Von den Darstellern ganz zu schweigen, denn auch die Nebenrollen sind alle prominent besetzt. Wie die profane "Action", also das Schmuggeln von Akten, das Ausspionieren einer anderen Zeitung oder ein Gespräch beim Mittagessen dargeboten wird, sollte sich jeder Filmstudent genau ansehen. Es ist ein Genuß, diese Art von Kinofilm zu erleben. Angesichts der Altersjahre der aufgeführten Personen wird es auch wahrscheinlich nicht mehr so viele davon geben.
Im Grunde erinnert so ein Film an ein Konzert einer alten großen Band. Sie sind zwar in die Jahre gekommen, aber musikalisch haben sie es immer noch drauf und jeder Möchtegern-Nachfolger sollte sich ganz große Scheiben von ihnen abschneiden.
Auf der anderen Seite sind bei solchen Konzerten aber vor allem Fans der ersten Stunde dabei, die wissen, was sie an ihren Lieblingen haben; die alle Alben im Schrank haben und mit neuen Sachen wenig anfangen können.
So erscheint auch "The Post – Die Verlegerin" für allem für ein reiferes Publikum gemacht. Reif nicht unbedingt an Lebensjahren, sondern auch geistig. Viele Dinge sind für uninformierte Zuschauer wahrscheinlich schwer verständlich. Was für eine Funktion Robert McNamara z.B. hat, wird noch einigermaßen deutlich, aber man muss als Nicht-Kenner der Materie sehr aufpassen, um die ganzen Umstände richtig zu erfassen. Wer sich genauer mit der politischen Geschichte auskennt (oder sie sogar selber erlebt hat), hat an diesem Film deutlich mehr Freude als solche Menschen, die dazu keinen Zugang haben.
"The Post – Die Verlegerin" ist ein Altmeister-Konzert für Kenner und Genießer und trotzdem, vor allem angesichts der heutigen politischen Skandale, kein Film für ein Massenpublikum. Das ist schade, erscheint aber aufgrund der Herangehensweise fast unvermeidlich.
Und: tatsächlich kann man "All The President's Men - Die Unbestechlichen" von 1976 mit Robert Redford und Dustin Hoffman als eine Art Fortsetzung ansehen. Auch hier taucht Bradlee auf und spielt eine wichtige Rolle (inkl. Oscar für Darsteller Jason Robards). So ist es natürlich ein Zungenschnalzer für Filmfans, dass Spielberg dieses Werk mit dem Beginn des Watergate-Skandals enden lässt.
Fazit
Ein großer, kleiner Film für Freunde hervorragend inszenierter Kino-Unterhaltung. Ein Juwel, das keinerlei Langeweile aufkommen lässt und bei dem alle Mitwirkenden unprätentiös Bestleistungen geben.
Ab dem 22. Februar in den Kinos.