Seit dem 06.09. findet wieder in einigen ausgewählten Städten das Fantasy Filmfest statt. Jedes Jahr wird dort eine riesige Auswahl an Genre-Filmen präsentiert, darunter natürlich einige Perlen und Geheimtipps. Dieses Jahr ist ein nicht weniger aufregendes Line-Up vertreten, das mit der Neuverfilmung von Stephen Kings "ES" und dem 100. Machwerk von Takashi Miike "Blade of the Immortal" aufwartet. Wir sind in Hamburg vertreten und schauen uns einige der Filme an.
"The Mermaid"
© Sony Pictures/Capelight Pictures
Den ersten Film, den wir uns anschauen, ist Stephen Chows "The Mermaid". Wer den Regisseur oder seine Filme, z.B. "Kung Fu Hustle", kennt, weiß dass hier eine Menge Spaß zu erwarten ist. Auch wenn einige CGI-Effekte wirklich grottig sind, so unterhält der Film wirklich gut und wir haben viel zu lachen. Die Story folgt einer Gruppe Meerjungfrauen und -männer, die sich in einem Schiffswrack auf einer Insel vor einer Sonarsonde versteckt halten, die alles Meeresleben mit Schallwellen zerstört. Aus der angrenzenden Insel soll nämlich ein Wasserpark entstehen und damit einen Haufen Geld. Nun wollen die Meeresbewohner den zuständigen Investor und Käufer der Insel töten. Leider verliebt sich die beauftragte Meerjungfrau in ihn und auch er ist nicht abgeneigt und entdeckt seine helfende Ader.
Die Geschichte fühlt sich mehr wie eine fernöstliche Soap Opera mit Meeresbewohnern und Green Peace-Aspekten an. Ja, es wird manchmal etwas theatralisch übertrieben, aber das passt alles sehr gut zum Film und ist ein toller Start in das Film-Festival.
"Rendel"
© Black Lion Pictures/Splendid Films
Ein finnischer Superheld, der ordentlich austeilt und auch recht fies aussieht, was kann da schiefgehen. Einiges, leider. Der Charakter ist interessant und die Action gefällig, zumal handgemacht. Schläge fühlen sich wuchtig an und tun weh. Die Story hinkt leider etwas hinterher. Die Origin-Geschichte des Charakter wird parallel neben der Hauptstory erzählt und stört den Action-Fluss. Die Bösewichte sind leider fast ausnahmslos überaus dumm. So gibt es z.B. eine Szene, wo ein Team besonderer Auftragskiller eingeführt wird, das der Held binnen zwei Minuten auseinandernimmt und keiner der trainierten Hitmen ein wirkliches Problem für ihn darstellt. Dafür geht wichtige Zeit für die Story drauf. So toll die Killer am Anfang inszeniert werden - sie hätten zur Abwechslung auch einmal eine echte Herausforerung für den Helden sein können.
Der Film war zwar keine vergeudete Lebenszeit, aber hier wäre definitv mehr möglich gewesen.
"Super Dark Times"
© The Orchard/Indeed Film
Hier kommt der erste kleine "große" Titel, den das Fest zu bieten hat. Um "Super Dark Times" gab es einen kleinen Kampf, wie Organisatorin Frederike Dellert vor der Vorführung erzählt. Da Netflix die Rechte des Filmes gekauft hat, war zunächst unklar, ob er überhaupt noch auf einzelnen Festivals zu sehen sein wird. Am Ende hat alles geklappt und wir haben das Glück, diesen tollen Film zu sehen.
Es ist eine sehr düstere "Coming-of-Age"-Geschichte von zwei Jungs, die in einer Kleinstadt ihrem Schulalltag nachgehen. Nach einem sehr schlimmen Unfall kippt jedoch die kleine heile Welt. Wie die einzelnen Personen mit der Situation umgehen, ist der Kern der Geschichte. Das klingt jetzt alles nicht so aufregend, ist aber dank der tollen Inszenierung und des Stils eine aufregende und bedrohliche Story. Alles fängt ganz harmlos an und erinnert sehr an typische genretypische Filme wie "Stand by me". Schnell dreht sich die Idylle aber in eine aprupte Düsternis und erinnert damit ein bisschen an die unterschwellige Spannung von "Donnie Darko" – allerdings wesentlich realer und greifbarer. Mit Übernatürlichem hat der Film nichts zu tun, auch wenn der Trailer vielleicht erst diesen Eindruck erzeugte. Doch auch so ist "Super Dark Times" ein kleiner Geheimtipp und jeder kann sich davon selbst überzeugen, wenn er dann direkt auf Netflix erscheint. Der Film hat mich großartig unterhalten.
"The Autopsy of Jane Doe"
© IFC Films/Universum Film
Da ich "IT" verpasst habe, war dies der erste wirkliche Horrorfilm, den ich auf dem Festival sehen durfte. Die Geschichte ist recht schnell zusammengefasst. Die Polizei findet am Tatort eines frischen Verbrechens im Keller eine Frauenleiche. Es gibt keine sichtbare Todesursache, also wird die Leiche zu einem ortsansäsigen Krematorium gebracht. Dort soll herausgefunden werden, wer die junge Dame war und was der Grund ihres ominösen Dahinscheidens ist. Die Betreiber des Krematoriums sind Vater und Sohn. Beide haben angenehm viel Tiefgang und immer wieder werden Hintergrundinfos aufgedeckt, sodass die Beiden dem Zuschauer nähergebracht werden. Umso näher sie dem Geheimnis der Toten kommen, umso mehr ereignen sich mysteriöse Vorfälle.
Der Film erschafft eine sehr angespannte Atmosphäre mit nur drei Akteuren. Der Horror entsteht schon während der "Detektivarbeit" der Beiden an der Leiche. Natürlich gibt es Jumpscares, aber die sieht man eigentlich immer kommen und sie sind auch begrenzt, was ich dem Film hoch anrechne. Die Geschichte der Leiche und das Enträtseln ihres Todes sind schon spannend genug, um einen das gruseln zu lehren. Ich war positiv überrascht und kann "The Autopsy of Jane Doe" nur empfehlen.
"The Blade of the Immortal"
© HanWay Films/Ascot Elite Entertainment
Es ist Zeit für Takashi Miikes 100. Film. Auf den freue ich mich schon seit der Ankündigung. Er ist übertrieben brutal, voller überzeichneter Charaktere und ist fast ausschließlich eine Aneinanderreihung von Bosskämpfen. Dieser tolle Samuraifilm, der eine Adaption eines Mangas ist, überzeugt auf ganzer Linie. Spitzfindige Zuschauer mögen diskutieren, dass er zu lang sei und maßlos überzeichnet. Aber darauf hatte ich mich eingestellt und genau deswegen funktionierte der Film für mich so gut.
Ich mochte die Story um Machji, den unsterblichen Samurai. Der ist streng genommen noch nicht mal ein technisch raffinierter Schwertkämpfer, teilt aber ordentlich aus und gibt nie auf. Erzählt wird eine klassische Rachestory, die Miike ja aus dem Handgelenk beherrscht. Wenn ihr Animes oder Mangas wie "Rurouni Kenshin" oder "Ninja Scrolls" mögt, dann ist das euer Film. Es gibt in kurzen Abschnitten Bosskämpfe, natürlich werfen diese Bösewichte mit spektakulären Spezialfähigkeiten nur so um sich. Bereits als der Hauptbösewicht meinte, dass er 10 starke Kämpfer unter sich hat, wusste ich, dass uns ein großartiges Action-Spektakel bevorsteht. Der Film ist nie langeweilig und auch die Momente zwischen Hauptprotagonist Machji und der kleinen Rin sind emotioal und mitreißend.
Alles gipfelt in eine riesige Metzelorgie mit vielen kleinen Minions, die sich unseren Protagonisten in den Weg stellen. Einige Zuschauer meinten, dass die etwas lang ausfiel, ich empfand es aber als sehr angenehm. Die Geschichte bietet eine kleine Wendung, ein wenig schwarzen Humor an den richtigen Stellen platziert - und natürlich werden die typischen Samurai-Genre-Klischees abgefeuert. Aber das passt für mich perfekt. Ich bin bestens unterhalten worden und habe genau das bekommen, was ich wollte. Mein bisheriges Highlight.
"Mayhem"
© RLJ Entertainment/Studio Hamburg
Der vorerst letzte Film vor unserer kleinen Pause vom Festival. Ein guter Abschluss, um vom knalligen "Blade of the Immortal" runterzukommen. "Mayhem" kann man ganz gut mit dem Film "The Belko Experiment" vergleichen, nur mit einer etwas durchgeknallteren Ausgangssituation.
Wenn man die Story runterbrechen will, so geht es einzig und allein darum, dass ein gefrusteter Arbeitnehmer den oberen Bossen eine reinhauen will, weil er zu unrecht gekündigt wurde. Was das Ganze jetzt so durchgeknallt macht, ist die Zutat eines Virus, der jegliche Hemmungen im menschlichen Körper ausschaltet. Wo quasi das Gewissen oder die Hemmung eingreift, jemanden eine mit der Flachen zu geben, wird hier stattdessen durchgezogen und animalischer Aggressivität gefrönt. Natürlich endet das sehr blutig und die Büroangestellten schrecken nicht vor Mord zurück, um sich Luft zu machen. Steven Yeun spielt unseren Protagonisten, der gekündigt wird, um ein Exempel zu statuieren. Das lässt er natürlich nicht auf sich sitzen und geht bis zum obersten Boss, um sein Recht zu verteidigen. Natürlich wird er abgewiesen. In diesem Moment jedoch wird das komplette Bürogebäude unter Quarantäne gestellt, da sich der erwähnte Virus breit gemacht hat und alle Mitarbeiter betroffen sind. Ein Gegenmittel wird auch schon in das Lüftungssystem gepumpt, braucht aber volle 8 Stunden um zu wirken. Das heißt, für diesen Zeitraum kann jeder die Sau raus lassen, ohne gesetzliche Konsequenzen zu fürchten. Und so macht sich unser Protagonist auf seinen blutigen Weg, um seinen Job zurück zubekommen.
Die Story ist nicht gerade intelligent, aber auch eher nebensächlich, denn der brutale Spaß steht im Vordergrund. Das ist auch, was den Film ausmacht. Für knappe eineinhalb Stunden Hirn ausschalten und das extreme Treiben genießen. Für soviel Vergnügen geht der Film absolut in Ordnung. Dank der hemmungslos überzeichneten Gewalt läuft er keine Gefahr, ernst genommen zu werden. Außerdem würde doch jeder gerne mal seinem Boss oder verhassten Kollegen eine reinhauen.
Zwischenfazit
Für unsere erste Hälfte des Festivals gab es tolle Filme zu sehen und ich bereue es bisher bei keinem, Geld dafür ausgegeben zu haben. Der Abschluss vom Fantasy Filmfestival mit weiteren Filmen folgt.