Am Rande eines schwarzen Loches entscheidet sich das Schicksal für alle Beteiligten. Der Doctor, Bill, Missy, Nardole... und noch viele mehr. Ab hier wird für alle nichts mehr so sein, wie es war.
Das Finale der 10. Staffel!
SPOILER! SPOILER! SPOILER!
Ab hier hat es keinen Sinn, irgendetwas ohne Spoiler zu rezensieren. Man kommt einfach nicht weit.
Der Doctor schickt die langsam (sehr langsam) bereuende und sich dem Guten zuwendende Missy auf eine Mission, in der sie quasi den Doctor gibt (oder "Doctor Who" wie sie sagt, was ihrer Erzählung nach tatsächlich der wahre Name unseres Time Lords ist...). Auf einem gigantischen Kolonieschiff, das am Ereignishorizont eines schwarzen Loches gefangen ist.
Über mehrere riesige Ebenen erstreckt sich das Raumschiff, jedes davon ein eigener Lebensraum – nur: wegen der Zeitdilatation vergeht in der Zentrale, die dem schwarzen Loch ganz nahe ist, die Zeit viel schneller als am anderen Ende des Schiffes. Wenige Minuten oben sind mehrere Jahre unten.
Bill wird tödlich verletzt und von einer Gruppe seltsam aussehender Wesen mitgenommen, um sie zu reparieren. Der Doctor gibt ihr die telepathische Anweisung zu warten. Das tut sie. In einem Krankenhaus erwacht sie mit technischen Implantaten ausgestattet, ohne zu wissen, wo sie ist oder was hier vorgeht. Nur die Patienten, denen man Stoff über den Kopf gezogen hat, sorgen für äußerst gruselige Momente.
Sie freundet sich mit einem verschrobenen Mitarbeiter an. Sie darf im Hospital arbeiten und kann auf einem Überwachungsmonitor den Doctor sehen, wie er mit Missy und Nardole einen Plan ausheckt. Für letztere vergehen nur ein paar Minuten, um zur Rettung von Bill zu schreiten. Sie wartet zehn Jahre!
Kurz nachdem der Doctor eintrifft, enthüllt Bills Mitarbeiter seine wahre Identität. Es ist der Master in seiner Vorgängergestalt (John Simm) und das Schiff ist nicht irdisch, sondern mondasianisch. Hier beginnt die Genesis der Cybermen! Der Master hat seine Hand im Spiel und er sorgt auch dafür, dass der Doctor mitansehen muss, wie Bill plötzlich vor ihm steht. Als Cyberman.
Der Doctor fällt
Damit endet "World Enough and Time". Ein gigantisches Setup für gleich mehrere Cliffhanger. Die letzte Folge der Staffel "The Doctor Falls" dreht sich dann vor allem um die Figuren und ihre Beziehung zueinander, eingerahmt in eine Art Western-Handlung.
Der Doctor kann Missy und den Master überlisten, so dass sich die Cybermen gegen sie wenden. Sie retten sich auf eine höhere Ebene des Raumschiffes. Dort lebt eine Kolonie von Farmen in einer idyllischen Landschaft. Doch von unten lauert der Tod. Auf den Doctor sowieso. Ein Cyberman verletzt ihn schwer, nur Bill kann ihn im letzten Moment retten. Ihr menschliches Bewusstsein kehrt zurück, doch sie kann natürlich nicht zurückverwandelt werden. Im Grunde ist sie eine lebende Tote. Der Doctor kämpft derweil gegen seine beginnende Regeneration an.
Ähnlich geht es dem Master, der nun weiß, dass er irgendwann zu Missy regenerieren wird. In eine bereuende Missy. Das stößt ihn zugleich ab, aber scheint ihn auch ein wenig anzuturnen.
Die Cybermen marschieren auf die kleine Siedlung zu. Das letzte Gefecht beginnt.
"Pity. No Stars."
Es passiert in der letzten Folge gleichzeitig so viel und so wenig, dass man das ganze eher von hinten aufzäumen muss. Natürlich steuert dieses Finale (wie schon in der Anfangsszene von Folge 11 angeteasert) auf die Regeneration des Doctors zu. Der Weg dorthin ist aber ein beschwerlicher für die Figuren.
Das macht die Stärke der Folgen aus. Nach einem sehr heiteren Beginn wird man immer tiefer in die Hoffnungslosigkeit hinabgezogen, so dass es man sich kurz vor Schluss fragt, wie man hier wieder rauskommen soll.
Exemplarisch dafür steht das Flehen des Doctors an Missy und den Master, ihm ein einziges Mal beizustehen. Er weiß, dass er nicht gewinnen kann, aber er will das Richtige tun. Weil es seine Art ist. Er bittet seinen besten Freund, ihm zu helfen. Dabei stehen ihm aber die beiden Seiten des Masters gegenüber. Der kalte Über-Bösewicht und die langsam sich erwärmende Missy. Aber selbst sie lässt ihn dann auch im Stich. Zumindest scheinbar.
Das Ende von Missy/Master ist grandios geschrieben. Eine sehr kammerspielartig inszenierte Szene, die aber unvergesslich bleibt. Ob es wirklich das Ende für sie ist, werden wir noch sehen, aber falls nicht, muss man sich dafür schon einen großartigen Auftritt einfallen lassen.
Nardole bekommt auch ein schönes Ende serviert. Zwar wehrt er sich noch mit Händen und Füßen gegen seine Verehrerin, aber lange kann das nicht gehen. Ein wunderbarer, eigentlich (aber eigentlich auch nicht) offener Abschluss dieses Charakters.
Bills Verzweiflung ist auch das, was dieses Finale mitantreibt. Die Szenen zwischen ihr und dem Doctor gehören zu den besten, die man in "Doctor Who" in Bezug auf einen Companion gesehen hat. Pearl Mackie trägt zudem mühelos einen großen Teil der Handlung von "World Enough and Time". Das ist ihre eigentliche Abschiedsshow.
Es wurde ja viel spekuliert, ob Bill es zum nächsten Doctor schafft, ob die Fans eine offen lesbische Begleiterin akzeptieren und ob sie überhaupt nach Clara einen Eindruck hinterlassen kann. Dazu kann man sagen: sie hat großen Eindruck hinterlassen, ihre Gefühle für einen anderen Menschen spielen sogar noch eine Rolle bei der Auflösung ihrer Geschichte und – nein, leider schafft es sie nicht zum nächsten Doctor. Vorerst.
Einen Companion so stark in die Handlung zu integrieren und sie dann trotzdem sterben zu lassen (wenn auch nicht wirklich), gab es vorher noch nie. Sie wird zum Opfer des gefährlichen Lebens mit dem Doctor und erhebt sich aber doch noch. Ihre Menschlichkeit lässt sie überleben und auch den Doctor retten. Der Rückgriff auf die erste Folge der Staffel kommt auch nicht gezwungen daher. Natürlich ist Heather eine kleine Dea Ex Machina, aber sicher eine, die uns aufatmen lässt und das Herz mit Hoffnung füllt. Bills Liebe wird zurückgezahlt und sie darf mit dem neuen Leben weitermachen, das ihr der Doctor gegeben hat.
Der Doctor hingegen lehnt ein neues Leben ab. Hier fügen sich die verschiedenen Wege des zwölften Doctors zusammen. Ihm gelingt nochmal ein Sieg, aber es wirkt auch ein wenig wie eine Selbstmordmission.
Er hat seiner Meinung nach bei Bill versagt und auch bei Missy. Tatsächlich endet die Folge, ohne dass er weiß, was mit Bill passiert ist oder was Missys eigentliche Absicht war. Verzweifelt stemmt er sich noch einmal gegen das Unvermeidbare, ohne Plan, aber mit der Überzeugung das Richtige zu tun.
Da ist es nicht verwunderlich, dass er sich gegen seine Regeneration wehrt. Aber schockierend ist dieser Moment schon, als er ruft: "I can't keep on being somebody else." Es wirkt, als wolle er sich endlich seinem Schicksal stellen. Und er findet am Ende... sich selbst.
Der große Cliffhanger, den die sozialen Netzwerke natürlich volle Kanne gespoilert haben: Der zwölfte Doctor begegnet dem ersten Doctor. Gespielt von David Bradley, der den Originalschauspieler William Hartnell bereits in "An Adventure in Space and Time" porträtierte. Jetzt übernimmt er also offiziell die Rolle und Produzent Steven Moffat schwärmt bereits in höchsten Tönen von ihm, wie er es schaffe, Hartnells ersten Doctor nahezu perfekt wiederzugeben.
"The original... you might say"
Wir verlassen den Doctor bis zum Weihnachtsspecial also als verzweifelten Mann; einer, der mit seinen Leben hadert, während er praktisch im Sterben liegt. Vermutlich wird es darum gehen, wie er dies überwinden kann, um sich dann in den nächsten Doctor zu verwandeln.
Die Fans, die auf jedes Detail achten, werden gemerkt haben, dass gleich zwei Bemerkungen gefallen sind, die auf einen weiblichen 13. Doctor hinweisen. Aber das könnten auch falsche Fährten sein, um ein wenig die Spekulationen hochzuhalten. Klar ist, dass derzeit das Weihnachtsspecial gedreht wird. Das heißt zum einen, dass Nr. 13 bereits gecastet ist und zum anderen, dass wir noch ganze sechs Monate warten müssen, um ihn oder sie in Action zu sehen.
Die wichtigste Frage: Wird er oder sie der Öffentlichkeit vorher vorgestellt oder halten die Beteiligten bis zum Wiegenfest dicht?
Fazit zu den Folgen und zur Staffel
Die zehnte Staffel findet hier einen würdigen Abschluss. Der ist dann aber doch düsterer, als man noch zu Beginn vermutet hätte. Aber das ist kein Widerspruch, sondern vielmehr ein Ergebnis der insgesamt positiven Atmosphäre. Weil wir so viel Freude mit einem endlich gut aufgelegten Doctor und seinen Begleitern hatten, weil wir so viel Hoffnung für Missy hatten, ist das Ende umso niederschmetternder.
Ein Problem, dass die Figur des zwölften Doctors mit einigen Fans wohl hatte, war die doch recht depressive Stimmung zu Beginn seiner Karriere. Waren die Doctoren davor positiv eingestellte Charaktere, die unter der Oberfläche mit ihrem Schicksal haderten, trat dies mit Nr. 12 offen zum Vorschein. Der elfte hatte sich mit sich selbst versöhnt, als er Gallifrey doch noch retten konnte. Der zwölfte musste nun mit einer neuen Leere leben. Ihm fehlte ein Sinn, ein Ziel. Die achte Staffel stand daher auch passend unter dem Motto "Am I a good man?".
Die neunte brachte den Doctor mehr voran, drehte sich jedoch vor allem um seine Beziehung zu Clara, die zu eng und am Ende dadurch zu destruktiv wurde. Er überwand seine Abhängigkeit zu ihr und ging nicht nur symbolisch durch ein Fegefeuer. Ab da wurde die Figur auch offener, freundlicher und durfte mehr Spaß haben.
Das konnte man nun in aller Deutlichkeit in dieser Staffel sehen. Daher wirkt das Ende auch so, als würde ein Abhängiger einen Rückfall erleiden. Er hat alles getan, um ein guter Mann zu sein. Aber es reichte dann doch nicht ganz.
Zumindest am Ende dieser Folge; eine steht ja noch aus und ihr wurde ein guter Boden bereitet. Hoffentlich mit einem Happy End zu Weihnachten.
Es war ohne Frage die beste Staffel des zwölften Doctors und auch tatsächlich eine der besten seit dem Neustart von 2005. Alles das, was "Doctor Who" ausmacht, fand in verschiedenen Folgen seinen Platz. Gleichzeitig brachte man einen großen Handlungsbogen unter, der sich einmal nicht um das Ende des Universums drehte, sondern allein um die Charaktere.
Im Rückblick wird man die Entwicklung des zwölften Doctors sicher anders betrachten und sie als den erzählerischen Schritt anerkennen, der notwendig war, um sich nicht ständig zu wiederholen und zugleich auf die Geschehnisse aus den Jahren zuvor Rücksicht zu nehmen.
Nun heißt es geduldig zu sein und auf einen passenden und würdigen Abschluss von Peter Capaldis Doctor zu hoffen und zu warten.
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