Es gibt mal wieder frischen Wind aus Deutschland in Form einer Hommage an das Actionkino der 80er Jahre. Mit "Plan B - Scheiß auf Plan A" hat sich ein Stuntteam einen Traum erfüllt und ihren ersten eigenen Martial Arts-Film gedreht – und ins Kino gebracht! Sehr viel Action und Humor sind versprochen.
Ist dies der Beginn des neune deutschen Actionfilms?
"Jungs, wir müssen jetzt mies Eindruck schinden!"
Die vier Freunde Can, Cha, Phong und U-Gin sind ziemliche Verlierer. Trotz dass sie gute Stuntleute sind, schaffen sie einfach nicht den Durchbruch. Als U-Gin dann ein neues Casting an Land zieht, scheint die Sorge endlich vorbei. Doch leider stolpern sie mitten in einen Gangsterkrieg und müssen nun eine Schnitzeljagd nach einem Safe quer durch Berlin veranstalten, um das Leben ihres Freundes Phong zu retten. Natürlich gestaltet sich die Suche nicht so einfach wie erst gedacht. Auch die Polizei ist an diesem Safe interessiert.
"Da seid ihr Schwachköpfe wohl im falschen Film gelandet!"
Himmel, Herr Gott, ist dieser Film gut! Ich hatte nach dem ersten Trailer hohe Erwartungen und dann wurden diese nochmal übertroffen. Einfach alles in diesem Film weckt meine Liebe zu den 80er Jahre-Actionfilmen, sei es aus Hongkong oder Amerika. Es gibt so viele Anspielungen aus dieser Zeit: sei es Cans Verliebtheit in Stallone, die Jacken der vier Hauptfiguren oder aber einzelne Kampfszenen. Die Darsteller, die ebenfalls diesen Film realisiert haben, haben sichtbar viel Liebe in das Projekt gesteckt. Es wird in jeder Szene verdeutlicht, wie großartig sie diese Zeit fanden und wie gerne sie einfach Danke sagen möchten.
Die handgemachte Action sieht toll aus. Visuelle Effekte gibt es so gut wie keine. Hier und da vielleicht ein wenig, aber das bemerkt man eher selten. Die Kampfchoreografie ist sehr an die alten Hongkong,Filme mit Donnie Yen, Sammo Hung und Yuen Biao angelegt und sieht fabelhaft aus. So waren die Jungs erst vor kurzen bei "Kino+" und erklärten, wie man solche Szenen am besten filmt. Man kickt langsam, damit die Kamera den Kick auch erfassen kann, um dann hinterher das Geschehen schneller laufen zu lassen. Diese kleinen Tricks waren damals Gang und Gäbe. Heute wird eher auf Wackelkamera und kurze schnelle Schnitte gesetzt, die es hier einfach nicht gibt. Das zeigt erneut, dass "Back to the Roots" manchmal sehr erfrischend sein kann.
"Wir tun, was wir tun müssen und bringen die Sache schnell über die Bühne!"
Can Aydin, Cha-Lee Yonn und Phong Gian spielen sich hier selber und sind die Hauptantriebskraft hinter dem Film. Die drei sind einem sofort sympatisch und man fiebert mit ihnen mit. Jeder stellt einen anderen Charakterzug dar und alle ergänzen sich wunderbar. So ist Can eher der Draufgänger und haut mit coolen Sprüchen um sich, während Cha eher vorsichtig und realistisch ist. Phong ist ein bisschen der Spaßvogel, nimmt aber auch die Position des Ankers in der Gruppe ein. Alle drei können hervoragend kämpfen und jeder Stunt sitzt richtig gut. Bei "Kino+" verrieten sie, dass sie für die gesamte Action des Filmes nur sechs Tage Drehzeit hatten, was wirklich beeindruckend ist und zeigt, was für Profis hier am Werk waren. Schauspielerisch hapert es manchmal, aber darauf kommt es bei diesem Film wirklich nicht an. Zumal es auch absolut nicht grottig ist.
Eugene Boateng spielt den Manager der drei und ist der vierte im Bunde der Freunde. Er kann nicht kämpfen und hat es auch nicht so mit den Zahlen. Er kümmert sich aber innerhalb des Filmes viel um die komödiantischen Einlagen. So möchte er, dass die drei Jungs Erfolg haben, leider vermasselt er es immer wieder. Aber ohne ihn sind die Freunde nicht vollständig und das merkt man. U-Gin geht einem nicht auf den Wecker, was mir gut gefallen hat. Bei solchen Charakteren kann es schnell mal passieren, dass sie zur Nervensäge mutieren.
Laurent Daniels spielt Robert Kopp, einen Polizisten, der schon viel zu lange hinter den Gangsterboss Gabriel her ist und schon mehrmals seine Karriere aufs Spiel gesetzt hat. Er verfolgt die drei Freunde bei ihrer Schnitzeljagd und sieht seit langem wieder mal eine Chance Gabriel endlich hinter Gitter zu bekommen. Der bullige Daniels gefällt mir gut in der Rolle des mürrischen, aber knallharten Polizisten. Er handelt frei nach der Devise "Pisst du mir nicht ans Bein, bin ich dein bester Freund".
Victoria ist die Frau des Gangsterbosses Gabriel und wird von Julia Dietze dargestellt. Dietze kennt man vor allem aus "Iron Sky". Ihr Charakter wird zu Beginn des Filmes entführt und spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Jagd auf den Safe. So kann Dietze sehr viele Facetten ihres Charakters zeigen und macht tolle Arbeit.
Auch sonst spielen im Film viele bekannte Leute mit oder haben ein Cameo. Wie etwa sie bekannte Stuntfrau Heidi Moneymaker, die seit 2010 Scarlett Johansson in allen Marvel-Filmen doubelt.
"Du bist die Krankheit, ich bin die Medizin!"
Der Sound ist ebenfalls fantastisch. Wir haben entweder etwas Hip Hop oder aber wirklich Sounds aus den 80ern. Alles passt wirklich gut zu den einzelnen Szenen. So bekommen harte Kämpfe Synthie-Rock-Sounds, die man auch wunderbar zu Trainingsmontagen hätte benutzen können.
Was auch immer wieder ein Lächen auf mein Gesicht zauberte, sind die Namen der einzelnen Kapitel. So wird jeder Punkt der Schnitzeljagd mit einem ikonischen Namen betitelt. So haben wir z.B. Red Heat als einen Fundort.
Es bleibt zwar thematisch recht einfach, da man immer dieselbe Methode anwendet. Die Jungs bekommen die Koordinaten des nächsten Zielortes, dort angekommen, finden sie den Hinweis auf das nächste Versteck, müssen aber nochmal irgendwelche Handlanger verprügeln. Man könnte das jetzt als einfallslos bezeichnen, aber der Film will gar nicht tiefgründig sein. Für mich funktionierte das alles so perfekt, dass ich wirklich grinsend im Kino saß und mich an so vieles aus meiner Jugend oder Kindheit erinnern konnte. So gibt es eine Fightszene, die eindeutig an zwei Vorbilder von Donnie Yen erinnern soll. Das macht großen Spaß und unterhält richtig gut.
Für mich hat das alles mehr zu bieten als viele der letzten Blockbuster, die gerade im Kino sind oder waren. Wie viel Herz die Jungs hier reingesteckt haben und mit wie viel Liebe sie an die einzelnen Szenen rangehen – das verdient wirklich mehr Aufmerksamkeit. Ich sage Danke und bitte mehr davon!
Fazit
Wer auf 80er-Actionkino, Martial Arts und gute Unterhaltung steht, der ist mit "Plan B - Scheiß auf Plan A" wirklich gut beraten. Hier stimmt fast alles. So gibt es richtig gute handgemachte Kampfaction, einen tollen Sound und jede Menge Anspielungen auf die Actionfilme des Jahrzehnts. Die Story ist zwar in ihrem Schema recht einfach gehalten, aber das stört absolut nicht. Die schauspielerische Leistung ist nicht auf dem höhsten Niveau, aber auch nicht schlecht, sondern genau richtig für diesen Film. Die vier Hauptdarsteller sind sehr sympathisch und man schaut ihnen gerne zu. Dieser Film hat sehr viel Herz und Leidenschaft und die Darsteller haben es geschafft, mit diesem Film etwas großes aus Deutschland zu bringen.
Ich sage, jeder sollte diesen Film gesehen haben. Er verdient mehr Aufmerksamkeit und ich wünsche den Herren einen kommerziellen Erfolg. Man bekommt hier mehr Liebe geboten als in vielen Blockbustern der vergangenen Zeit.