Es war der größte Fernseherfolg der 90er Jahre. Es war ein kultureller Meilenstein. Der globale Kristallisationspunkt der Gleichberechtigung, Strandmode und dem schnellen Laufen in Zeitlupe.
Nun kehren sie zurück – und landen mit einem Hechtsprung auf der Kinoleinwand. Die Rettungsschwimmer von Malibu. Baywatch.
Die Legende lebt
Was hatten die Macher der Serie nicht für ein nie für möglich gehaltenes und nie wieder erreichtes Objekt der audiovisuellen Unterhaltungskunst geschaffen. In "Baywatch" ging es um die Gefahren beim Schwimmen im Meer, um Rettungsschwimmer, die Kriminalfälle lösten, um Streit und Zusammenhalt eines Teams, um Liebe und Beziehungen, um Karrieren und Wettkämpfe – eine Mischung aus Action, Krimi und Seifenoper. 12 Staffeln lang, in 242 Episoden. Und trotzdem kann sich niemand, kein einziger Mensch auf dieser Erde, an den Inhalt irgendeiner Folge erinnern.
Das ist Baywatch.
Daher werde ich mir auch gar nicht die Mühe machen, die Geschichte der Verfilmung wiederzugeben. Alles, was man wissen muss, sieht man im Trailer. Der Rest: s.o.
Ein starkes Team
An dieser Stelle wagen wir mal einen nüchternen Blick auf das ganze. "Baywatch" ist zugleich Hommage und Parodie, Starvehikel und Newcomer-Show. Man hat die erfolgreichste, aber dämlichste Serie der Welt genommen, alle Elemente ausgewählt, die Spaß machen und das alles in sehr viel Kakao getunkt und durch selbigen gezogen.
Alleine die Anfangssequenz macht klar, was hier das Publikum erwartet. Strandbilder im exakt gleichen Stil wie in der Serie, ein Surfer gerät in Not, schlägt mit dem Kopf an einem Stein auf, Mitch Buchannon eilt sofort zur Hilfe, mit dem Mann in den Armen steigt er aus dem Wasser – hinter ihm steigt aus den Fluten der gewaltige Schriftzug BAYWATCH, umrahmt von springenden Delfinen, auf.
Für das Rettungsschwimmer-Ensemble hat man keine neuen Figuren erschaffen, sondern greift auf die bekanntesten Namen aus der Serie zurück. Dwayne "The Rock" Johnson schlüpft in David Hasselhoffs Badelatschen, Zac Efron ist der neue Matt Brody. Unter den Nebenrollen sticht Kelly Rohrbach hervor, die als CJ Parker Pamela Andersons Badeanzug tragen darf (im übertragenen Sinn, der alte wäre ihr tatsächlich etwas zu... weit...). Aber auch Alexandra Daddario soll nicht vergessen werden, als Summer Quinn (damals gespielt von Nicole Eggert) hat sie großen Anteil am Film, auch wenn die Pamela Anderson-Rolle natürlich die bekanntere ist.
Allen merkt man an, dass sie hier sind, um Spaß zu haben. Jeder einzelne nimmt seine Rolle so ernst, dass es nur lustig sein kann. Besonders Johnson und Efron, die sehr gut miteinander harmonieren.
Die Fleischbeschau des Originals wird bei jeder Gelegenheit eingesetzt – allerdings im Geschlechtertausch mit den beiden männlichen Hauptdarstellern. Hochgradig definierte Muskeln, die so oft wie möglich gezeigt werden, dürften die weiblichen und ein Teil der männlichen Zuschauer voll auf ihre Kosten kommen lassen.
Dem Zeitlupensprint der Rettungsschwimmerinnen aus dem Original und alles, was sonst noch dazugehört, begegnet man hier dagegen mit Distanz. Wer hier mehr erwartet hat, ist bei der Serie deutlich besser aufgehoben. Allerdings erscheint dieser Rollentausch nach 242 TV-Folgen auch gerechtfertigt.
In einer neuen Rolle ist Jon Bass als Ronnie Greenbaum zu sehen. Er ist vielleicht sowas wie der manifestierte Baywatch-Fan der 90er. Leicht übergewichtig, tollpatschig und Hals über Kopf in CJ verliebt. Aber er hat Herz und will bei Baywatch dabei sein.
Man muss Bass schon ordentlich Respekt zollen für dessen Leistung. Die Reihe an Erniedrigungen, die er zu absolvieren hat, spielt er ohne mit der Wimper zu zucken durch, als gäbe es keinen Sonnenaufgang über dem Meereshorizont mehr. Dennoch geht er einem nicht auf die Nerven, sondern schafft es den ganzen Film über sympathisch zu bleiben.
Er sticht wirklich aus dem Ensemble hervor und bei einem Star wie Dwayne Johnson will das was heißen. Wenn hier nicht der Grundstein für eine Hollywood-Komödien-Karriere gelegt ist, weiß ich auch nicht weiter.
Die Gagdichte im Film ist sehr hoch und überschreitet oft die Grenzen des guten Geschmacks. Tatsächlich konnte man nicht erwarten, dass es in einem "Baywatch"-Film so viele Peniswitze gibt. Die langen Rede-Duelle, die derzeit so typisch sind für amerikanische Komödien, findet man auch hier. Nicht jeder Dialog sitzt so, dass man immer dabei lachen muss. Manchmal hätte weniger gut getan und auch bei der körperbetonten Comedy (wie etwa Jon Bass' Tanzeinlage) ist nicht jeder Schuss ein Treffer.
Das macht in der gesamten Betrachtung aber wenig aus. Denn es werden auch gezielt völlige Nonsense-Momente eingebaut, die eigentlich schon als Bruch der vierten Wand gelten dürfen. Brechtsche Erzählkunst bei Baywatch.
Einziger wirklicher Wermutstropfen: die legendäre Titelmelodie erklingt nur einmal ganz kurz – bei Hasselhoffs Cameoauftritt.
Fazit
Dies ist der ultimative Sommerspaß-Film 2017 für den erwachsenen (oder sagen wir fast erwachsenen) Freundeskreis. Ein Film, der weiß, dass er Blödsinn ist und alles daran setzt, dem gerecht zu werden. Mehr kann man nicht dazu sagen.