Lange hat diese Realumsetzung des erfolgreichen Mangas auf sich warten lassen, doch nun endlich kommt er in die Kinos. Zuvor gab es lange Diskussionen zu "Whitewashing"-Vorwürfen und der Film hat dadurch schon Negativschlagzeilen bekomme, ohne dass jemand eine Minute davon gesehen hatte. Doch die wirklich wichtige Frage bleibt: Haben sie "Ghost in the Shell" gut oder schlecht umgesetzt und was bedeutet das für kommende Manga-/Anime-Umsetzungen? Ronny hat sich mit viel Erwartungen den Film angeschaut.
"Du bist die Erste deiner Art. Du bist nicht unverwundbar!"
Japan im 21. Jahrhundert. Die Menschen haben angefangen, sich mit kybernetischer Technik auszustatten und entfernen sich immer mehr vom Menschsein. Dadurch ist die Hackerkriminalität auch gestiegen. Sektion 9 ist spezialisiert auf Hacker- und Cyberverbrechen. Die Cyborg-Feld-Kommandeurin Major muss sich mit einem neuen Fall des Hackens auseinandersetzen und erfährt dabei viel mehr über ihre Vergangenheit, als gewollt ist. Auf der Jagd nach dem mysteriösen Hacker und ihrem früherem Leben muss sie alles riskieren.
"Alle um mich herum fühlen sich irgendwie...verbunden."
Mein Gott, er ist super!!!! Er ist super! Was hatte ich für eine Angst gehabt. Aber beginnen wir mal von vorn. "Ghost in the Shell" hatte ich in meiner frühen Jugendzeit gesehen. Damals war ich richtig geflasht von dem, was mir dort geboten wurde. Ich gebe zu, so richtig habe ich die Story nicht kapiert aber trotz all dessen wusste ich, dass dieser Anime etwas ganz besonderes war. Den Manga habe ich bisher nicht gelesen. Auch die nachfolge Anime-Serien oder OVAs habe ich nicht geschaut. Das könnte man natürlich jetzt so auslegen, dass ich ja dann auch keine Ahnung haben könnte, was jetzt in der Realumsetzung benutzt wurde. Ja gut, ich habe mich trotzdem etwas informiert, um zumindest zu wissen, von was ich rede.
Als man das erste Mal von einer Realumsetzung sprach, hatten viele Angst, dass es ein ähnliches Erlebnis wie "Dragonball: Evolution" wird. Allerdings zeigte man schon Interesse, wie denn so eine Umsetzung aussehen könnte. Dann gab es die ersten Casting-Enthüllungen und da wurde das Internet wieder laut. In Amerika sprach man von "Whitewashing". Bei dieser Aussage schlossen sich noch ein paar andere Länder an – außer Japan selbst. Die sahen das recht nüchtern, sondern freuten sich eher, dass der Film kommen sollte. Jetzt wartete man auf erste Bilder und einen Trailer. Diese kamen dann auch – und wie sie kamen. Die Bilder der Cyber-Geisha oder das Bild des vernetzten Gebetskreises gingen um die Welt und lösten endlich wieder den Hype aus. Nun wissen wir ja aus der Vergangenheit, dass Hype auch etwas sehr schlechtes sein kann. Also Trailer abwarten. Und da bekam man dann das Gefühl: "Ja sie haben es verstanden!"
Nun bin ich ja ein großer Fan von Daniel Schröckert und seinem Format "Kino+" bei den Rocket Beans. Daniel hatte die einmalige Gelegenheit nach Japan zu reisen und an einem "Ghost in the Shell"-Event teilzunehmen, worauf ich wahnsinnig neidisch war. Hier gab er weitere Informationen raus. Nun durfte Daniel eine Woche vor der Pressevorstellung in Leipzig den Film in der Hamburger Pressevorstellung schauen und er machte irgendwie komische Andeutungen. Sein Kollege Etienne Gardé gab auch solche kryptischen Kommentare von sich und mein Glaube kam wieder etwas vom Weg ab. Dann war es Montag, der 20.03. und ich durfte ihn endlich sehen. Das Kino wurde dunkel und der Vorspann begann. Ich sagte immer wieder ganz leise zu mir: "Bitte sei gut, bitte sei gut!"
Und halleluja, er ist fantastisch. Der Film beginnt mit der Zusammensetzung vom Major und dieser ist fast eins zu eins wie im Anime. Schon hier bekam ich Gänsehaut. Danach folgt wieder eine Szene aus dem Anime, die aber dann etwas abgewandelt wird. Solche Szenen, die eins zu eins im Anime vorhanden sind, aber dann eine neue Richtung einschlagen oder aber anders zur Geschichte passen, gibt es sehr viele. Dazu sei gesagt, dass ich hauptsächlich Szenen aus dem originalen Anime Film erkannt habe. Ob es auch welche gab, die von der Serie oder den OVAs stammen, kann ich leider nicht sagen.
"Du warst im Begriff zu sterben! Wir haben dich gerettet!"
Kann man mir sagen, was man will, Scarlett Johansson zeigt hier eine fantastische Leistung als Major. Sie schafft die Emotionslage der Figur und gefällt mir richtig gut in dieser Rolle. Sie zeigt sehr wenig Emotionen, weiß aber genau, wann welche angebracht sind. Ihr Design ist wirklich gut gelungen und auch wenn Frau Johansson nicht nackt, wie in der Vorlage, erscheint, empfinde ich die Lösung viel passender. So sieht man anhand ihres entblößten Körpers die Nahtstellen. Und menschliche Geschlechtsorgane sind als Cyborg auch etwas untypisch. Sie ist eine Waffe und so wurde sie geschaffen. Ich bin sehr froh, dass Johansson gecastet wurde.
Batou wird gespielt von Pilou Asbeak. Diesen kennt man vielleicht als Euron Greyjoy aus "Game of Thrones". Batou ist der zweite Kommandeur unter dem Major und ein wichtiger Partner und guter Freund. Besonders gefallen hat mir eben diese Beziehung zwischen dem Major und Batou. Denn diese kommt im Anime nicht so gut zur Geltung. So versteht man, warum der Major gerade Batou vertraut und zu ihm so ein gutes Verhältnis hat. Die beiden bilden ein tolles Cop-Duo. Batou wurde gut an die Vorlage gehalten, er haut ab und zu einen Spruch raus, ist aber auch sehr konzentriert und knallhart, wenn es die Situation erfordert.
Ein Leistung, die ich besonders toll fand, war die von Takeshi Kitano, als Chief Aramaki. So kennt man Kitano hierzulande eher von der Kult-Show "Takeshis Castle". Filmliebhaber wissen aber, wie vielseitig dieser Mann ist. So hatte er große Erfolge als Schauspieler wie in "Battle Royal", ist ebenfalls ein gefeierter Regisseur und war auch als Comedian tätig. So eine Legende als Chief zu sehen, war schon atemberaubend. Kitano besitzt eine ehrfürchtige Aura, die perfekt zum Chief-Charakter passt. So verhält er sich stets mit viel Respekt, aber auch mit viel strategischer Erfahrung gegenüber seiner Angestellten oder Vorgesetzten. Takeshi Kitano ist auch der einzige Darsteller, der japanisch reden durfte.
In weiteren Rollen haben wir Chin Han als Togusa, das jüngste Mitglied der Sektion 9. Er bekommt zwar leider nicht so viel Screentime, aber trotzdem freute ich mich, dass er auftaucht. Chin Han macht auch das Beste aus diesem Auftritt und bringt so eine gute Mischung in die Gruppe.
Den Antagonisten möchte ich aus Spoilergründen nicht nennen, aber ist eher eine Mischung aus dem "Puppetmaster" und einem Charakter aus der Anime-Serie geworden. Trotzdem empfinde ich diese Variante gut gelungen. Klar gibt es die Motivation des Antagonisten in vielen anderen Filmen, passt hier aber sehr gut.
"Ich weiß nicht, wem ich trauen kann!"
Dass es viele Szenen gibt, die eins zu eins aus dem Anime sind, habe ich bereits gesagt. Ich empfand es auch als Riesenfreude, wie genau sich die Szenen gleichen. So hat man hier mit sehr viel Liebe gearbeitet. Kein plumpes Geldscheffeln, sondern etwas für die Fans und Kinogänger. Wenn man bedenkt, dass der erste Streich des Regisseurs Rupert Sanders "Snow White and the Huntsman" war, ist man hier sehr verblüfft, was er schaffen kann.
Die Story entfernt sich schon sehr von der im Anime. So gibt es ein paar Parallelen, jedoch hat man hier eine sehr schöne Krimi-Geschichte im futuristischen Gewand. Die Jagd nach dem Täter ist spannend dargestellt, leider kann man sich den Twist schon denken. Allerdings sehe ich das nicht als Kritikpunkt, da man theoretisch schon weiß, wie der Film enden könnte. Die Reise zum Ziel ist hier vielmehr das entscheidende und die ist sehr gelungen. Dazu war das eigentliche Ende des Filmes so befriedigend, das mich das Ende des Animes mehr stört, wenn man diese nun vergleicht.
Die Welt sieht großartig aus. So würde ich sie als weniger dreckige "Blade Runner"-Welt beschreiben, was allerdings nicht heißen soll, dass sie weich ist. Ganz und gar nicht. Sieht man hinter die visuellen Großreklamen der einzelnen Konzerne und die tolle bunte Welt, so erblickt man die hässliche Wahrheit und verunstalteten Menschen, die sich mit den kybernetischen Upgrades mehr und mehr vom eigentlichen Menschen entfernen. Das wird hier sehr gut dargestellt und man bekommt etwas Angst, dass dieses Schicksal irgendwann Realität werden könnte. Visuell ist dieser Film auf sehr hohem Niveau. Seien es die Häuserwerbungen, die Kampfszenen oder aber einzelne Momente des Filmes. Klar könnte man von CGI-Overkill sprechen, aber hier passt es sehr gut.
Der Score des Filmes ist eigentlich ein Miststück. So hat man sich entschieden viele futuristische Sounds einzusetzen und auch hier erinnert es sehr stark an "Blade Runner". Doch immer mal wieder hört man die kleine sanfte Klingel, die ja das Maintheme einleitet. Es wird jedoch nie gespielt. Das hyped einen, so dass man dann endlich irgendwann den ikonischen Sound hören will. Aber der Film macht dies sehr schlau. Denn nach dem großartigen Finale bekommt man endlich das sehnsüchtig erwartete Musikstück und das gibt einen dann den emotionalen Rest. Ja, ich hatte Tränen in den Augen und ich schäme mich nicht dafür. So schlau wurde ein Musikstück selten eingesetzt. Man hätte sich auch dagegen entscheiden und es andauernd während des Filmes spielen können und hätte somit nicht am Ende diese Wirkung erreicht.
So bin ich der Meinung, dass man mit diesem Film den Weg für weitere Realumsetzungen von Kultanimes freigemacht hat. Es könnte nun gut sein, dass wir auch bald großartige Filme zu "Cowboy Bebop", "Akira" oder diversen Ghibli-Vorlagen bekommen. Ich hoffe doch sehr. So bleibt mir zu sagen: Vielen Dank Frau Johansson, Herr Kitano und Herr Sanders!
Fazit – tl;dr
Dieser Film ist fantastisch geworden. Die Story ist eine tolle Krimi-Geschichte mit zwar vorhersehbaren Ende, aber doch tollem Weg bis dahin. Das Ende an sich ist emotional sehr befriedigend und rundet das Ganze mit einem perfekt platzierten Theme ab.
Die Charaktere sind alle großartig getroffen und jeder Vorwurf des "Whitewashings" ist eine Beleidigung, da die Entscheidung Scarlett Johansson die Hauptrolle zu geben eine sehr gute war und wir im Film logisch erklärt bekommen, warum der Major aussieht, wie sie aussieht. Der Film ist visuell sehr gelungen und jedes Detail passt hervorragend in diese Welt. Der Sound reiht sich da ebenfalls gut mit ein. Wir haben endlich eine großartige Hollywood-Umsetzung eines Kult Animes bekommen und das macht "Ghost in the Shell" für mich zu einem sehr wichtigen Film für dieses Jahres. Denn dieses Werk ebnet den Weg für weitere Realumsetzungen von Kult-Animes oder -Mangas.