Kaum ist der Doctor mal für ein Jahr weg, schon geht es mit der Welt bergab, könnte man über 2016 sagen. "Doctor Who" wurde von der BBC aus Kostengründen eine Zwangspause verordnet. Aber es gibt wenigstens ein Weihnachtsspecial. Wie schlägt sich dieses? Gibt es uns die Hoffnung, die wir brauchen, insbesondere im Hinblick auf die neue Staffel, die im Frühling startet?
"I'm the Doctor - the one, the main one, the original. I started, they're all based on me."
Der Doctor gerät mal wieder durch Zufall in einen Kreislauf von Ereignissen, an denen er zum Teil selber schuld ist und deren Tragweite er erst mit der Zeit erkennt. Außerdem ist Weihnachten und da gibt es ja sehr oft eine Alien-Invasion auf der Erde. So auch in diesem Jahr.
Der Doctor erschafft durch Unachtsamkeit einen richtigen Superhelden, einige Jahre später begegnet er ihm wieder, als er auf der Spur einer Alienrasse ist, deren Mitglieder nur aus einem Gehirn (mit Augen) bestehen. Sie bereiten die Übernahme der Erde vor, indem sie die Körper von Menschen übernehmen. Der Doctor will dies verhindern, muss aber gleichzeitig dem Superhelden "The Ghost" ein wenig unter die Arme greifen, der als Kind seine Kräfte bekam und nun als Erwachsener ein sehr unerfülltes Privatleben führt – inklusive nicht erwiderter Liebe zu einer Frau, die ebenfalls eine Rolle bei der Lösung des Abenteuers spielt.
Als Companion wird der Doctor diesmal von Nardole unterstützt, dem er im vergangenen Weihnachtsspecial "The Husbands of River Song" begegnet ist. Genau wie der Alienrasse, die als besonderes Merkmal die Schädel ihrer Wirtskörper aufklappen öffnen können und sich nun die Menschen der Erde als Eroberungsziel gesetzt haben.
"I like to keep busy"
Die Doctor Who-Weihnachtsspecials sind zwar immer heiß erwartet und viele von ihnen in bester Erinnerung, allerdings gibt es auch hier Licht und Schatten. Die meist recht süßlichen, aber langweiligen Specials des 11. Doctors (insb. "The Doctor, the Widow and the Wardrobe") oder das überambitionierte, aber verwirrende "Last Christmas" des 12. fallen einem ein.
Das Special von vor einem Jahr war dagegen ein echter Volltreffer. Der sonst so grüblerisch-grantige 12. Doctor durfte nicht nur einmal seine lustige Seite ausspielen, sondern mit River Song ein Romantik-Feuerwerk abbrennen, wie man es seit Rose Tyler-Zeiten nicht mehr erlebt hatte.
Das zu toppen, erschien von Anfang an ausgeschlossen. So geht noch-Doctor-Who-Showrunner Steven Moffat andere Wege. Zunächst nimmt er aktuelle Trends ein wenig aufs Korn. Selbst der Doctor kommt dieser Tage nicht an Superhelden vorbei, allerdings hat er es hier mit einer eher "reinen" Variante zu tun. "The Ghost" erinnert an unschuldigere Zeiten eines Christopher Reeve-Supermans, nicht an die grimmigen Neuinterpretationen von heute.
Schwierig wird es nur, wenn dieser Teil der Geschichte mit der Alieninvasion zusammentrifft. Die ist nicht gerade neu und wird auch vom Doctor so gehandhabt: die Bösewichte können noch so drohen, unser liebster Time Lord lacht sie einfach aus. Insgesamt wollen diese beiden Handlungsstränge aber nicht ganz zusammenpassen, die Folge wirkt nicht wie aus einem Guss. Die einzelnen Teile sind für sich genommen unterhaltsam, letztendlich nehmen sie sich aber gegenseitig die Wirkung weg. Wenn der Doctor einen Superhelden als Gehilfen gegen eine Alieninvasion hat, kann es einfach nicht richtig spannend werden. Und auch die Romanze zwischen dem "Ghost" und der Reporterin Lucy Lombard ist recht vorhersehbar.
Hingegen macht es ziemlich Spaß, dem Doctor bei seinem Tun zuzusehen (und dabei ist es gar nicht so wichtig, was er macht). Peter Capaldi hat sich mittlerweile in die Figur eingefunden und beherrscht auch jede Szene, in der er auftritt. Gerade die Begegnungen mit Grant als Kind und Teenager haben emotionale Tiefe. Das Finale im Alienschiff ist vor allem durch seine Darbietung rasant und lustig. Dazu wird auch immer mal wieder auf die Einsamkeit des Doctors angespielt, nachdem er sich von River Song verabschieden musste. In solchen Momenten schafft es Capaldi, diesen Hauch von Melancholie zu verbreiten, der zu seinem Doctor gehört, aber niemals aufdringlich wird.
Die Nebendarsteller machen ihre Sache soweit gut. Justin Chatwin als Grant Gordon alias "The Ghost" wechselt gut zwischen selbstbewusstem Helden und schüchterner männlicher Nanny (natürlich mit Brille) hin und her, Charity Wakefield steht ihren Mann als investigative Reporterin, inklusive einer unterhaltsamen Verhörszene mit dem Doctor. Bei Schreiben derselben war Moffat wahrscheinlich noch ziemlich von seiner Arbeit bei "Sherlock" beeinflusst.
Etwas blass dagegen bleibt überraschenderweise Matt Lucas als Nardole. Der "Little Britain"-Star bekommt zwar einige gute Sprüche (und darf auch die TARDIS steuern), aber da hätte man deutlich mehr herausholen können.
Mit Aleksandar Jovanovic hat man tatsächlich mal einen deutschen Gaststar bei "Doctor Who". Der Oberbösewicht hat aber außer einem deutschen Akzent nicht viel Persönlichkeit.
"Oh, it's that smile! I don't like that smile!"
"The Return of Doctor Mysterio" ist nicht das beste, aber auch nicht das schlechteste Weihnachtsspecial von "Doctor Who". Es fällt in eine mittlere Kategorie. Gute Einzelszenen, aber keine Story, die einen von Anfang bis Ende packt. Manche Kritiker sehen das als Zeichen, das der Serie langsam die Luft ausgeht. Mir kommt es eher so vor, als ob Steven Moffat sich erst eingrooven musste. Man kann getrost davon ausgehen, dass die Aliens aus dieser Folge, als auch "The Ghost" in der neuen Staffel noch eine Rolle spielen werden.
Die Lust auf die kommenden Folgen hat einem dieses Special sicher nicht genommen. Dafür ist Peter Capaldi mittlerweile zu gut in der Rolle drin. Wenn man den Berichten der britischen Boulevardpresse glauben kann (und wer tut das nicht...), wird die kommende Staffel seine letzte sein. Da sie definitiv auch die letzte von Steven Moffat sein wird, bleibt zu wünschen, dass alle die Gelegenheit nutzen, um noch einmal richtig Eindruck zu hinterlassen.
Der 12. Doctor brauchte lange, um die Herzen der Fans zu gewinnen (und hat es teilweise immer noch sehr schwer bei einigen von ihnen), das unterscheidet ihn von seinen Vorgängern seit dem Serienneustart von 2005.
Wollen wir hoffen, dass er wenigstens zum Ende hin alle Zuschauer uneingeschränkt mitreißen kann.