Ein Film, der so viele Wellen im Internet geschlagen und die Leute in zwei Lager gespalten hat. Während die einen sexistische Kommentare unter dem Trailer daließen, fühlten die anderen ihre Kindheitserinnerungen vergewaltigt. Es ist nicht leicht, den Film mit solch einem Vorspiel unparteiisch zu bewerten – wenn doch wirklich jeder im Internet eine Meinung hat. Da ich den Film aber gesehen habe, will ich dies trotzdem versuchen. In einem Zwiegespräch mit dem Fan in mir...
Der berüchtigte Trailer
„Mein Name ist Erin Gilbert, Doktor der Teilchenphysik!“
Dr. Erin Gilbert hatte vor langer Zeit ein Buch über Paranormale Aktivitäten mit Co-Autorin und ehemaligen Freundin Dr. Abby Yates verfasst. Leider war dies sehr hinderlich in ihrer Karriere und Erin brach jeglichen Kontakt ab. Doch durch eine Geistersichtung sucht Erin ihre ehemalige Kollegin wieder auf. Diese hat sich mit Dr. Jillian Holzmann eine neue Kollegin gesucht und studiert die Geister weiter. Als dann immer mehr Geister in New York gesichtet werden, beschließen die drei Damen mit Hilfe von Patty Tolan sich der Geisterjagd zu widmen. Doch die Bedrohung scheint größer zu sein, als erst vermutet.
„Wir haben unser ganzes Leben dem Studium des Paranormalen gewidmet!“
Da es so schwer ist, über diesen Film zu reden, ohne nicht eine Seite der Internet-Meckerer anzugreifen, werde ich heute eine Art Doppelkritik machen. Ich werde mich mit dem Fan in mir auseinandersetzen. Denn ja, auch ich habe die ersten zwei Filme und die Cartoon-Serie geliebt. Das gehört genauso zu meiner Kindheit wie vieles andere auch. Darum wusste auch ich nicht so recht, wie ich jetzt an den Film rangehen sollte. Das hatte auch für große Diskussionen bei uns im Nerdzig Team gesorgt. Wie sollte man mit dem Thema „Frauenteam“ umgehen? Wird das ein Feministen-Ding? Versucht der Film nur darüber hinwegzutäuschen, dass er vielleicht nicht gut ist? Täuscht er überhaupt? Warum diese Sexismus-Welle? Ist man gleich ein Verräter der alten Filme, wenn man ihn sich ansieht? Sollte man den Kritikern vertrauen? Und sogar von Leuten, die ich sehr schätze, wie das „Kino+“ Team der Rocketbeans oder die „Sazcripples“ auf Youtube, wusste ich nicht, ob deren Meinung zu festgefahren ist. Tatsächlich empfiehl mir unser Sascha das Video von „Nostalgia Critics“, der sich ebenfalls damit auseinandersetzte.
Ihr seht schon, es ist einfach unfair mit solchen Stimmen diesen Film zu bewerten oder gar ihn sich anzuschauen. Doch nach langen Gesprächen im Team habe ich mich entschlossen, Ghostbusters zu sehen. Und nun werde ich mit dem Fan in mir analysieren, was der Film kann.
„Da draußen brauchen Menschen unsere Hilfe!“
Ghostbusters geht mit einer wirklich guten Szene los. Es wird ein altes Museum gezeigt, wo es zu spuken beginnt. Und das wird wirklich sehr schön in Szene gesetzt. Es wirkt nicht cheesy oder gezwungen, sondern ist ein toller Einstieg. Man hört das Ghostbusters-Thema und so ein bisschen Nostalgie kommt da schon auf.
Aber ist das nicht eigentlich eine dreiste Kopie aus dem ersten Teil, wo die Bibliothekarin erschreckt wird? Man möchte fast meinen, Paul Feig hatte keine eigene Idee und versucht schon da auf Nummer sicher zu gehen, um die alten Fans abzuholen. Gerade was den Einsatz des Ghostbuster-Themas angeht.
Das mag sein, aber wie viele andere Remakes oder gar Sequels machen das nicht? Ich empfand diesen Weg wirklich gut. Man setzt einen gewissen Ton und kann damit sowohl alte als auch neue Fans begeistern. Zumal man ja hier einen Jumpscare einsetzt, was ein bisschen Moderne reinbringt.
Wir bekommen dann die drei Damen vorgestellt und schnell zeigt sich, wie der Film werden soll. Eine Komödie. Leider ist da auch ein großer Kritikpunkt, denn viele der Gags zünden einfach nicht
Es war kein einziger Witz lustig! Wenn man mal den Drang verspürte die Mundwinkel nach oben zu reisen, wurde es in der nächste Sekunde niedergemacht und der Gag starb. Da hatten die alten Filme besseren Witz und Charme.
Es gab Momente, wo ich im Kino schmunzeln musste, aber vieles stirbt wirklich Sekunden nach dem Beginn des Gags. Aber man muss auch sagen, wir leben heute in einer anderen Zeit. Humor funktioniert heute etwas anders, als es das damals tat. Heute ist es witzig, sich von einem Geist ankotzen zu lassen. Damals reichte es, wenn sich Bill Murray von Slimer zuschleimen ließ.
Ich muss aber zugeben, dass ich mit den vier Damen als Team leben kann. Es ist gar nicht so, dass sie nicht funktionierten oder schlechte Abklatsche der Originale sind.
Ein sehr wichtiger Punkt. Die Damen funktionieren erstaunlich gut. Keine nervte mich.
„Jemand entwickelt ein Gerät, dass paranormale Aktivitäten sichtbar macht!“
Kristen Wiig spielt gut, wie eigentlich immer, wenn sie in Komödien auftritt. Das liegt eben auch an ihrer Erfahrung von „Saturday Night Live“ Und wenn sie das Pendant zu Peter Venkman sein soll, ist sie absolut nicht so eingebildet und selbstverliebt, wie er es war. Im allgemeinen muss ich sagen, dass ich die Kritik nicht verstehen kann, die Hauptfiguren wären Abklatsche der Originale. Holtzmann ist vielleicht der gleiche Typ wie Egon Spengler, aber sie ist wesentlich durchgeknallter, als er es je war.
Melissa McCarthy mag ich persönlich gar nicht. Sie spielt meist immer dieselbe Rolle, als prollige dicke Frau. Nur ist das hier mal nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, sie wirkt schon fast sympathisch. Das rechne ich dem Film hoch an, dass sie das schaffen.
Kate McKinnon spielt Dr. Jillion Holtzmann und ist unter den vier Frauen der heimliche Stern. Ihre Szenen sind mit die besten. Wenn sie wieder etwas neues erfunden hat oder aber mit neuen Gadgets daherkommt, macht das einfach Spaß.
Leslie Jones fügt sich ebenfalls gut in das Team ein. Sie hat manchmal ein paar stereotypische Szenen, aber es sind Kleinigkeiten und nicht so schlimm, wie es der Trailer vermuten ließ.
Okay, aber wer einen wirklich ankotzt, sind die Männer in diesem Film. Also entschuldige, jeder schreit gleich nach Sexist oder Frauenfeind, wenn man mal was gegen die Damen sagt, aber letzten Endes macht der Film genau das mit den Männern. Er stellt jede Männerrolle extrem dumm dar. Selbst der Bösewicht in diesem Film, der nebenbei richtig schön blass ist, wird auf eine gewisse Art und Weise als dumm dar gestellt.
Da kann ich leider schlecht widersprechen, denn die Männerrollen sind wirklich so angelegt. Das Paradebeispiel ist Chris Hemsworths Charakter Kevin. Er ist der Sekretär der Mädels, aber so dumm, dass man meinen könnte er sei geistig zurückgeblieben. Er erklärt in der einen Szene, dass er keine Gläser mehr in der Brille hat, weil er sie immer putzen musste, wenn sie schmutzig waren. Und nun muss er dies nicht mehr tun. Auch hält er sich bei lauten Geräuschen die Augen zu. Das ist nicht witzig, sondern wirklich sehr traurig.
Auch der Bürgermeister gespielt von Andy Garcia hat ein paar sehr dämliche Momente, die sehr an seiner Intelligenz zweifeln lassen. So ist dies auch mit dem Essenslieferanten Benny oder dem Bösewicht. Zu diesem komme ich aber gleich. Leider muss ich sagen, dass sich das sehr negativ auf den Film auswirkt, diesen spärlich versteckten umgedrehten Sexismus als Antwort auf frauenfeindliche Filmklischees zu bringen. Das Drehbuch und die Dreharbeiten waren zwar schon längst abgeschlossen, als der Internet-Shitstorm losging, letztendlich ist die Darstellung der Männer aber kontraproduktiv, wenn man Geschlechterklischees entgegenwirken will.
Kommen wir nun aber zum Bösewicht. Denn dieser ist echt farblos geblieben. Seine Motivation ist, grob gesagt, dass man sich über ihn lustig gemacht hat. Ja, es gibt 100 andere Bösewichter die ebenfalls keine oscarverdächtige Motivation haben, aber „weil sie mich in der Schule geärgert haben, werde ich nun Millionen Geister auf die Erde bringen und diese zerstören“ ist – milde ausgedrückt – ein bisschen wenig. Zumal er ja doch, ein echtes Genie zu sein scheint, wenn man die Mittel und Wege betrachtet, die er nutzt.
„Okay, Aufheizen!“
Ich muss ein Wort über die Cameos in dem Film verlieren.
Ja, die waren irgendwie alle nicht so recht toll. Die Original-Cast wurde sehr verschandelt und andere Leute empfand ich eher als fehlplatziert und belanglos. Das hätte man besser machen können oder es bleiben lassen.
Wenn ich sagen müsste, ob es wenigstens einen Cameo gab, der gut war, würde ich sagen: ja. Es waren ein, zwei dabei, die als Cameo in Ordnung gingen und nicht gezwungen waren, sondern als kleiner Tribut rüberkamen. Andere wiederum wirkten sehr gestellt und bei einem merkte man richtig, dass er so gar keine Lust hatte, das hier zu machen. Das ist schade, denn eigentlich sollte sowas ja für die eingefleischten Fans sein.
Und genau das ist es eben nicht, sondern eher ein Schlag ins Gesicht. Als würde Paul Feig einen Dreck um die alten Fans des Franchises geben.
Viele Stimmen bemängelten ja vor allem auch den Showdown mit dem vielen CGI.
Jup, das war einfach zu viel. Jeder Geist war animiert und du hast irgendwann bei dem ganzen blauen Dampf und Geistern kaum noch die vier Geisterjägerinnen gesehen. Das hätte man besser lösen können. Vieles wirkte sehr übertrieben und nach dem Motto: bigger, better, badassiger. Das hatte der Erstling besser hinbekommen. Es gab den Showdown auf dem Hochhaus und gut. Wobei man auch hier wieder merkt, dass Feig ganz fies vom altem Film klaut. Und die größte Frechheit ist eben der Einsatz von den vielen bekannten Geistern, wie Slimer oder aber dem Marshmellow-Geist, der hier ein Luftballongeist ist. Was soll der Mist. Ebenfalls finde ich es nicht schön, dass der Bösewicht als riesige Version des Ghostbusters-Maskottchens Hochhäuser in New York kaputt macht. Als ob da keine Menschen gestorben wären. Der Film will mir verkaufen, dass dem nicht so sei. Und was gleich mit dazu kommt: die vier Mädels haben zunächst Probleme mit ihrer Ausrüstung klarzukommen, aber im Showdown hauen sie mit neuen „geilen“ Gadgets alles platt, was kommt. Jeder Geist kriegt was ab und sie agieren geradezu wie Superheldinnen. Das ist unglaubwürdig.
Nochmal, das ist heute eine andere Zeit. CGI ist gang und gäbe und kaum jemand setzt noch Puppentechnik ein. Man hat diese Technik und sie wollen damit modern wirken. Hätten sie auf Puppen gesetzt und schlechte Stop Motion-Technik, nur der Nostalgie wegen, hätte sich auch jeder darüber aufgeregt, wie schäbig das aussieht. Denn guckt man sich die alten Filme einmal an, wirkt es manchmal so.
Der Slimer-Cameo ging in Ordnung. Da der Cartoon-Slimer und der Film-Slimer eh zwei verschiedene Wesen sind, macht es Sinn, dass er sich so benimmt. Er ist ein Geist, der auf die Stadt losgelassen wurde. Warum sollte er also helfen? Der Marshmellow-Geist ist so eine Sache. Ja, man hätte ihn schlauer einsetzen können, aber es war jetzt auch kein Totalausfall. Es ist eher ein Nice-to-have.
Dass der Bösewicht dann alles kaputt macht, stimmt schon. Auf jeden Fall werden da Menschen zu Schaden gekommen sein. Allerdings muss man auch mal sehen, dass der Film eine Altersfreigabe von 12 Jahren hat und beim alten Film ebenfalls Menschen gestorben sein könnten. Ich meine, wir reden hier von Geistern. Wir sind nicht bei Casper, wo jeder freundlich ist, sondern diese Geister töten. Auch im alten Film. Klar, offscreen, aber da werden schon Menschen ihr Leben ausgehaucht haben. Das sehe ich eher als Korinthenkackerei.
Und ja, beim Showdown können die Mädels auf einmal was, aber dazu sei gesagt, diese Szene war der „Coolness Faktor“. Das hat gerade so ziemlich jeder Blockbuster. „Independence Day 2“, „Star Trek Beyond“, ja selbst „Turtles 2“ und ich hasse diese Neuinterpretation der Turtles. Kinder werden diese Szene mögen, so unglaubwürdig sie auch sein mag.
Fazit
Als Fan kann ich diesen Film nicht empfehlen. Zu sehr klaut Paul Feig bei den alten Filmen, um (erfolglos) deren Spirit zu erzeugen und mit einem guten Franchisenamen Geld einzuheimsen. Die Frauen sind zwar sympathisch und stören nicht so, wie es der frauenfeindliche Teil im Internet weismachen wollte. Aber das Script und die Cameos wirken sehr lieblos und verschwendet.
Ich sage, entscheidet selbst, ob ihr ihn euch anschauen wollt. Der Film ist in meinen Augen eher Durchschnitt und man vergisst ihn auch schnell wieder. Es tat nicht weh, ihn gesehen zu haben aber es war auch kein Highlight des Sommers. Wie schon richtig erwähnt, machen die vier weiblichen Ghostbusters einen wirklich guten Job und sind das, wofür sich der Film lohnt. Leider zünden fast alle Gags so gar nicht und dass so ziemlich jeder männliche Charakter ein Volldepp ist, hat einen sehr bitteren Beigeschmack.
Allerdings sollten wir uns auch mal damit auseinandersetzen, dass der Film nicht für uns alte Fans gemacht ist, sondern vielleicht für die Kinder von heute. Denn vieles wirkt tatsächlich so, dass man, wenn man es mit Kinderaugen sieht, es recht cool finden könnte. Denn als Kind hätte ich diesen gut gefunden.
In diese Sinne denkt einfach mal darüber nach und macht euch eine eigene Meinung.