Der dritte Teil der jungen Version der X-Men startet zwei Wochen nach seinem größten Konkurrenten „Civil War“. Ob er es schafft diesem Stand zu halten, erfahrt ihr jetzt.
„Nur weil gerade kein Krieg herrscht, heißt es nicht, das Frieden ist!“
Nach dem Angriff Magnetos auf das Weiße Haus ist einige Zeit vergangen. Professor Charles Xavier glaubt nach wie vor an eine Koexistenz zwischen Menschen und Mutanten. Doch ein dunkler Mutant erwacht aus seinem Jahrhunderte langen Schlaf, um die Mutantenrasse zur Spitze der Nahrungskette zu führen: En Sabah Nur. Er scharrt seine vier apokalyptischen Reiter um sich und erklärt der Menschheit die absolute Auslöschung. Nur die X-Men stellen sich dem entgegen.
„Einige nennen Ihn Apocalypse“
Während alle Welt von „Captain America Civil War“ redet, hatte man schon die Befürchtung, dass der 3. Teil des Reboots untergehen wird. Sah man im Trailer schon wieder viel zu viel vom Film, wurde einem aber eine riesige CGI Schlacht angekündigt. Storytechnisch hat es natürlich nix mit dem gleichnamigen Comic der X-Men zu tun. Lediglich Charaktere mit demselben Namen tauchen auf.
Und ich muss persönlich sagen, mir fällt es schwer, den Film zu bewerten. Gleich vorne weg, er kommt nicht an „Civil War“ ran. Aber er ist auch nicht so schlecht, wie ihn amerikanische Kritiker machen. Absolut nicht. Man muss hier anders an den Film herangehen. Man sollte einmal unterscheiden zwischen Treue zum Comic und was der Film für sich allein erreichen kann.
Der Film ist echt unterhaltend. Eine Spur zu lang, aber ansonsten hatte ich eine gute Zeit im Kino.
Vom Standpunkt Comictreue ist vieles anders als die Vorlage. Und vieles gefällt mir da absolut nicht. Dazu komme ich aber später.
„Alles was Sie erbaut haben, wird zusammenbrechen!“
Es sind so ziemlich alle wieder mit dabei, die in den vorigen Teilen mitgespielt haben. Und die Stammbesetzung macht wie immer einen tollen Job. James McAvoy spielt hier diesmal einen ruhigeren gereiften Charles Xavier. Manchmal heult er zwar zu viel, aber damit kann man leben.
Jennifer Lawrence seh ich sowie so immer gern und als Mystique/Raven hab ich sie wirklich liebgewonnen. Der Charakter wurde zwar sehr umgedichtet, wenn man die Comicvorlage bedenkt, aber hier finde ich das sehr passend.
Michael Fassbender zeigt auch wieder, warum er einfach alles machen kann. Seine Interpretation von Magneto fügt sich wunderbar in dieses Universum ein.
Neu mit dabei sind die jungen Helden Scott Summers, Jean Grey und Kurt Wagner. Diese werden gespielt von Tye Sheridan, Sophie Turner und Kodi Smit-McPee. Sie gehen in Ordnung bis naja - soll heißen, dass gerade Scott Summers komplett umgetauscht wurde. Sein Bruder Alex Summer/Havoc ist eigenlich der Scott-Charakter der Comicvorlage und Scott selber ist unvernünftig und rebellisch. Sophie Turner zeigt eine komplett neue Seite im Vergleich zur Rolle als „Sansa Stark“, von der man sie fast ausschließlich kennt. Sie wirkt auch nicht überheblich oder gar zickig. Anders als aktuell im Comic nervt sie mich nicht. Sie zeigt eine gute Leistung und ihr Charakter wird sinnvoll eingesetzt.
Von den Bösewichten bin ich allerdings nicht überzeugt. Die einzelnen Reiter, nehmen wir mal Magneto beiseite, waren irgendwie eine kleine Enttäuschung. Am Anfang des Filmes werden andere Reiter gezeigt, die in den kurzen Szenen bedrohlicher wirkten, als die anderen.
Warren Worthington alias Angel oder Archangel ist neben Apocalypse und Psylocke die größte Enttäuschung. Er hat absolut nichts mit der Comicvorlage zu tun. Er ist hier ein Abklatsch von Billy Idol und durch und durch böse. Nix mehr vom gutherzigen Charakter der Vorlage zu sehen. Ben Hardy spielt auch sehr unsympathisch.
Olivia Munn spielt eine sehr zickige und unsympathische Version von Psylocke. Auch hier sind es maximal die Kräfte und das Kostüm, die noch von der Comicvorlage übernommen wurden. Tatsächlich ist sie auch nicht mehr als ein Handlanger des Oberbösewichtes. Mehr Tiefe war da nicht vorhanden.
Alexandra Shipps gibt die neue Storm und sie gefällt. Sie ist ein guter Ersatz für Halle Berry. Ihre Originsstory ist auch etwas abgeändert, aber sie macht neben Magneto noch den besten Eindruck unter den Reitern.
Als Oberbösewicht klappt Apocalypse nicht so ganz. Oscar Isaac macht das Beste aus dem Charakter und so an sich spielt er gut. Wofür er nichts kann, ist das Design. Denn das reißt es rein. Seine Kräfte zeigen, wie mächtig und gefährlich er ist. Aber sein Aussehen kommt so lächerlich rüber, dass man sich fragt, warum die Verantwortlichen nicht CGI verwendet haben. Gerade bei diesem imposanten Bösewicht spart man und setzt Makeup ein. Hätte man es wie bei Marvel mit Thanos oder sogar Ultron gehandelt, würde Apocalypse in Erinnerung bleiben. So tut einem Isaac Leid, dass er diesem Charakter vergeblich versucht, die Bedrohlichkeit zu verleihen, die er im Comic besitzt.
„Die Welt braucht die X-Men!“
Der Film ist vollgepackt mit Easter Eggs aus dem X-Men-Universum. Kinogänger, die sich nicht auskennen, werden hier das Nachsehen haben. Ohnehin sollte man die beiden vorigen Teile gesehen haben, denn der Film verlangt Vorwissen. Man kann also sagen, dass der Film eher für die Fans ist als für normale Popcornkinoenthusiasten.
Was der Film aber richtig gut schafft, sind einige Charaktere toll zu inszenieren. Gerade Quicksilver wird wieder mit einer echt lustigen Szene klasse eingesetzt, die jene aus dem letzten Teil noch übertrifft.
Kleiner Spoiler
Wenn man den 3. Trailer gesehen hat, weiß man, dass Wolverine auftaucht. Und seine Szene spielt in seiner Waffe X-Zeit. Und Holla die Waldfee, so einen Wolverine hätte man schon in seinem eigenen Filmen bringen sollen. Er ist hart und eben wie eine Bestie. Diese kurze Szene ist besser als alles, was die beiden eigenen Wolverine-Filme getan haben.
Spoiler Ende
Im Gesamten ist der Film eine einzige CGI-Schlacht. Wenige Darstellungen der Mutantenkräfte kommen ohne computererzeugte Bilder aus. Das wirkt als Popcornkino gut, aber dadurch auch mehr als unrealistisch. Denkt man zurück an die ersten X-Men Filme, wirkten diese noch etwas geerdeter. Dennoch finde ich persönlich diesen Film besser als den vorherigen Teil und würde sogar soweit gehen zu sagen, vom Unterhaltungswert ist er der beste der drei neuen X-Men Filme.
Fazit
„X-Men Apocalypse“ ist kein Meilenstein im Superheldenkino, aber er ist auch kein schlechter Film. Er bleibt sich seiner Comicvorlage kaum bis gar nicht treu und doch sind viele Neuinterpretationen der Charaktere erfrischend und sympathisch. Er unterhält sehr gut, hätte aber etwas kürzer sein können. Für die X-Men-Fans ein Muss, da gerade hier viele Anspielungen auf das Universum gemacht werden. Alle anderen sollten die beiden vorigen Teile gesehen haben und sich auf Popcornkino einstellen.