Was tun, wenn die Jugend und der Ruhm verblassen und man merkt, dass man eigentlich nicht mehr viel hat?
Alternde Darsteller, die noch einmal eine große Performance abliefern – und damit auch den eigenen vergangenen Ruhm metaphorisch thematisieren – erleben wir immer wieder. Bestes Beispiel: The Wrestler mit Mickey Rourke.
Etwas ähnliches präsentiert uns Pamela Anderson in diesem Kleinod von einem Film, inszeniert von Gia Coppola, die damit die nächste Generation der Coppola-Familie der Kinogeschichte anführt. Unterstützt wird sie dabei von einem absoluten Top-Cast.
Die Enkelin von Francis Ford Coppola zeigt uns das Leben Shelly (Pamela Anderson), eine der Tänzerinnen der legendären Las-Vegas-Show „Le Razzle Dazzle“.
Doch als die Show nach Jahrzehnten abgesetzt wird, steht sie vor der Frage: War es das? Über 30 Jahre hat sie in der Show getanzt, deren Star sie damals noch war. Sie hat nie etwas anderes versucht, keine neue Show, keine neuen Herausforderungen. Ohne klare Perspektive und mit einer komplizierten Beziehung zu ihrer erwachsenen Tochter Hannah (Billie Lourd) versucht sie, sich in einer Stadt zurechtzufinden, die keinen Platz für alternde Showgirls hat.
Unterstützt von ihrer abgehalfterten Freundin Annette (Jamie Lee Curtis) und ihren jüngeren Showgirl-Kolleginnen, sucht Shelly nach einem neuen Lebenssinn – und nach einer Möglichkeit, sich noch einmal im Rampenlicht zu behaupten.
Gia Coppolas The Last Showgirl ist ein zurückhaltendes, aber eindringliches Porträt einer alternden Tänzerin in Las Vegas. Der Film setzt auf eine realistische, fast dokumentarische Ästhetik und lässt viel Raum für seine Figuren – allen voran Pamela Anderson, die mit ihrer Darstellung der Shelly einen mutigen Schritt weg von ihrem Baywatch-Image wagt.
Anderson spielt Shelly mit einer Mischung aus süßer Freundlichkeit und unterdrückter Melancholie. Manchmal wirkt sie ein wenig überfordert, aber das passt zur Rolle: eine Frau, die ihr Leben neu sortieren muss und dabei nicht immer genau weiß, wie. Was sie ausstrahlt, ist echter Einsatz – ein Wunsch, sich mit dieser Performance ein filmisches Denkmal zu setzen.
Aber, so ehrlich muss man dann doch sein, einen höhere schauspielerische Stufe wird Anderson nicht mehr erreichen. Das ist in Ordnung. Aber das hier nicht der Startschuss eines großen Comebacks im dramatischen Fach. (Und vermutlich hat es auch deswegen nicht mit der Oscar-Nominierung geklappt).
Schauspielerisch gibt es einige Highlights: Dave Bautista zeigt, dass er weit mehr als nur Actionheld kann und Kiernan Shipka als die junge Tänzerin Jodie beweist in ihren kürzeren Screentime, dass sie die schlicht bessere Darstellerin ist als Anderson – was den Fokus des Films aber nicht schmälern soll.
Jamie Lee Curtis hingegen ist wirkt richtig schön runtergekommen, lässt aber die innere Schönheit völlig durchscheinen. Ihre Figur der Annette ist schon längst aus dem Showgirl-Business raus und muss sich als Cocktailkellnerin verdingen. Aber sie beißt sich durch, egal was kommt.
Die Kamera (geführt von Autumn Durald Arkapaw) bleibt oft nah dran, hält sich nicht zurück, zeigt Falten, Runzeln, das gelebte Leben auf den Gesichtern der Figuren. Das verleiht dem Film eine Authentizität, die durch das Setting noch verstärkt wird: Las Vegas als Stadt der Illusionen, der grellen Lichter, die nichts verdecken, sondern nur blenden.
Der Film verweilt manchmal etwas zu lange bei den ziellosen Streifzügen der Menschen durch diese Stadt. Ja, es ist symbolisch – das harte Sonnenlicht, die falschen Fassaden, das ewige Umherwandern. Aber manchmal fühlt es sich an, als müsste einfach Zeit überbrückt werden.
Nicht alles ist so subtil, wie man es von einem Indie-Film vielleicht erwarten würde. Vieles wird ausgesprochen, manchmal ein wenig plump. Besonders Hannah (Billie Lourd) bleibt als Figur etwas unausgegoren – sie taucht auf, sagt, was sie fühlt, und verschwindet wieder. Aber The Last Showgirl dreht sich nicht um sie, sondern um Shelly. Alles kreist um sie, was in gewisser Weise konsequent ist.
Der emotionale Höhepunkt kommt mit der letzten Show. Bis zum Schluss wird der Moment aufgespart, in dem Shelly noch einmal das Rampenlicht betritt – und dieser Moment trifft einen emotional stärker, als man erwarten würde.
Wenn sie sagt, dass sie sich auf der Bühne besonders schön fühlt, dann glaubt man ihr das in diesem Moment vollkommen. Das ist es, was der Film am besten einfängt: die Sehnsucht nach einem Platz, an dem man wirklich gesehen wird.
The Last Showgirl ist ein leiser, realistischer Film mit Starbesetzung, der von seiner Atmosphäre und den Darstellern lebt. Es ist kein hochspannendes Drama, aber ein sehr eingängiges Bild einer Frau, die noch einmal alles gibt – und das ist wirklich sehenswert.