Wer kann sich noch an den Film "Chroniken der Unterwelt – City of Bones" aus dem Jahre 2013 erinnern? Wahrscheinlich die wenigsten, denn das Werk aus der deutschen Filmschmiede "Constantin Film" hat gerade etwas mehr als seine Produktionskosten eingespielt. Ursprünglich wurde ein zweiter Teil geplant, doch die Firma entschied nochmal die Story des Films zu nehmen, um daraus eine dreizehnteilige Serie zu machen. Zu Grunde liegt der Bestseller "City of Bones" der amerikanischen Autorin Cassandra Clare, welches den Auftakt eines größeren Romanzyklus bildet. Material für eine zweite Staffel ist somit vorhanden, aber wollen wir die wirklich haben?
Die Story
Ein Teenager wird 18 und wird an der Kunstakademie aufgenommen. Das alleine birgt schon Story genug, man siehe diverse Dramen, in denen Mauerblümchen zu Starballerinas werden. Ist auch gut so, wir wissen ja, was eine Ablehnung an der Kunstakademie bewirken kann.
Der Teenager heißt Clary, ist eine echt süße Maus und hat einen charakterlichen Tiefgang wie eine Pfütze nach einem warmen Sommerregen. Dass der Name der Protagonistin starke Ähnlichkeit mit dem Nachnamen der Autorin aufweist, halte ich für reinen Zufall und hat nichts mit den Tagträumen der Schriftstellerin zu tun.
Diese Clary erfährt an ihrem 18 Geburtstag auf dramatische Art und Weise, dass sie Engelsblut in ihren Adern hat. Ein paar Dämonen, unsichtbaren Menschen sowie leuchtende Schwerter könnten ihren Anteil an dieser Feststellung haben. So ungefähr kann man nämlich ihre erste Begegnung mit den Shadowhuntern bezeichnen, die rein zufällig in der Disco, in der Clary ihren Geburtstag feiern will, ein paar Dämonen aufmischen. Selbstverständlich stolpert sie mitten in den Kampf, da sie, im Gegensatz zu den restlichen Disconudeln, die Shadowhunter sehen kann. In dieser Auseinandersetzung bekommt die definitiv nicht kampferprobte Clary eines der leuchtenden Schwerter in die Hände und messert die Dämonen ab, die sich in einer roten Staub- oder Feuerwolke auflösen. Ein Effekt, der bereits beim zweiten Blade-Teil aus der Mode gekommen ist.
Nach dieser Aktion wird ihre Mutter vom Oberbösewicht und Ex-Shadowhunter Valentine entführt, da diese irgendwo einen machtvollen Kelch gestohlen und versteckt hat. Mit diesem Kelch, der rein zufällig mit diversen Gralsillustrationen Ähnlichkeit hat, ist man in der Lage neue Shadowhunter zu erschaffen und Dämonen zu kontrollieren. Und ach ja - falls es sich noch nicht herauslesen ließ: Die Shadowhunter sind die mit dem Engelsblut in den Adern.
Die komplette Staffel handelt davon, dass Clary den Kelch und ihre Mutter findet. Gleichzeitig wird sie zu einer Shadowhunterin ausgebildet. Zumindest wird sie von ihrem gutaussehenden "Ausbilder" Jace ständig begrapscht, was ungefähr aufs gleiche herauskommt. Ich hatte ja schon erwähnt, dass sie eine süße Maus ist. Oh und ganz wichtig: Sie ist die Tochter vom Oberbösewicht (Das war ein Spoiler. Upps!)
Die Welt
Shadowhunters spielt in einer nicht benannten Großstadt der Jetztzeit. Die Shadowhunters haben die Aufgabe die Welt vor der Unterwelt zu beschützen. Einerseits machen sie das auf der politischen Ebene. Das würde ja theoretisch ein gewisses Potenzial an anspruchsvoller Handlung mit sich bringen, tut es aber nicht. Es wird lediglich erwähnt, dass es da das eine oder andere Abkommen gibt. Die, die sich nicht daran halten, werden von den Shadowhuntern verprügelt. Für einen guten Choreographen fehlte es aber anscheinend an Budget. Lediglich in Folge 8 gab es einen Kampf, der meinen Ansprüchen an Martial-Arts-Filmen genügte.
Und jetzt zur Unterwelt. Hier hat die Autorin sich so ziemlich allem bedient, was es zu finden gibt. Für mich als passioniertem Pen & Paper Rollenspieler sieht das ganze fast so aus, als ob die gute Cassandra Clare alle World of Darkness-Regelwerke genommen hat, um ihre Welt zu erschaffen.
Wir hätten da z.B. die Vampire. Ja, die müssen sein. Jeder braucht Vampire. Selbst beim Tatort oder bei Alarm für Cobra 11 dürfen sie nicht fehlen. Die Vampire in dieser Serie sind so sinnlos wie überflüssig. Sie tauchen auf, verwandeln Clarys besten Freund (Spoiler!) und sind dann wieder weg. Keine tragende Rolle, keine spannenden Intrigen, kein Storytreiber, nur ein Stilmittel, um die 13 Folgen voll zu bekommen. Da hätte mehr drin sein können.
Dann gibt es noch Werwölfe. Seit Underworld liebt man Werwölfe. Und sie helfen Clary, da der Alpha des Rudels mal ein Shadowhunter war, den ehemals besten Freund des Bösewichts darstellt und mit Clarys Mutter eine Art Beziehung ohne Sex hatte.
Dann gibt es noch Zauberer. Einer von ihnen ist sogar für die Story wichtig. Cool! Und Elfen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die werden nur für eine Vögel-Szene benötigt. Und damit meine ich nicht das Tauben füttern im Park.
Schauspielerische Leistungen
Um ehrlich zu sein: Wenn die Leistung der Schauspieler über den Boden gleitet, muss man noch nicht mal die Beine hochheben und sie kommt trotzdem ungehindert durch. Neben Clary und ihrem grabschigen Ausbilderfreund Jayce gibt es noch ihren besten Freund Simon und die beiden Geschwister Isabelle und Alec. Alec ist gutaussehend, schwul und pflichtversessen. Isabelle ist ein heißer Feger, trägt viel zu wenig Kleidung und vögelt mit Elfen. Der Oberbösewicht Valentine ist einfach nur farblos. Er hat zwar ein hehres Ziel, aber die Motive gehen total unter. An anderen Stellen hat man immer wieder das Gefühl, dass er böse um des Böseseins willen ist.
Alle Charaktere haben keinen besonderen Tiefgang, im Gegenteil. Selbst in hoch dramatischen Situation, z.B. wenn gute Freunde sterben, reicht das eingesetzte Schauspieltalent bei weitem nicht aus, um die Besonderheit der Situation herauszuheben. Selbst der Star Trek-Androide Data bringt mehr Emotionen rüber.
Auch die Charakterdarstellung ist mehr als flach. Keiner der Charaktere hat wirklich Ecken und Kanten. Einer der Protagonisten könnte ja mal ein desillusionierter Alkoholiker sein, ein anderer beziehungsunfähig und und und... Es hat zwar jeder seine Problemchen, alleine schon, weil das zu mit zum Handwerk gehört, diese beeinflussen aber nur in den seltensten Fällen die Entscheidungen der Charaktere. Allen beteiligten kann ich nur sagen: Ab in die Schauspielschule! Oder geht zu "Berlin Tag und Nacht". Da könnt ihr auch noch einiges dazulernen.
Fazit
Mit einem Kasten Bier oder einer Kiste Wein als Fernsehpartner kann man sich die Serie mal anschauen. Sie hat einen guten Drive, tatsächliche Langeweile kommt selten auf. Durch gut gesetzte Cliffhanger (hier hat man dann mal Geld für einen Dramaturen in die Hand genommen) schaut man sich gerne den nächsten Teil an, nur um seine Neugier zu befriedigen. Aber um ehrlich zu sein: Schaut lieber was anderes. Es gibt viele andere gute Serien-Produktionen, die all das aufweisen, was ich hier schmerzlich vermisse.
Was ich tatsächlich am meisten bedauere, ist, dass die Story tatsächlich sehr viel Potenzial aufweist. Dieses wird aber überhaupt nicht genutzt. Die Dialoge wirken wie von einem 15-Jährigen dahingeklatscht. Bild und Schnitt wirken wie leidenschaftsloses Handwerk. Obwohl die Buchvorlage ein Bestseller war, ist die Serie so schlecht, dass ich überhaupt kein Interesse habe mal in das Buch reinzuschauen. Wäre ich Cassandra Claire, würde ich mich bei den Machern bedanken. Im Beisein meines Anwalts.