Ein ergreifendes Drama startet endlich bei uns – die Leistung der Hauptdarstellerin Brie Larson steht im Vordergrund und wurde zurecht mit dem Oscar ausgezeichnet. Warum lest ihr hier.
„Ich glaube, sie hören uns immer noch nicht!“
Der fünfjährige Jack und seine Mutter Joy leben in einem kleinen Zimmer, das sie „Raum“ nennen. Außer diesen vier Wänden und allem, was sich darin befindet, existiert für Jack nichts weiter. Der Raum ist die Welt und was sich dahinter befindet, ist das Universum. Was Jack nicht weiß: Seine Mutter Joy wurde entführt und in diesen Raum eingesperrt, um von ihrem Peiniger täglich sexuell missbraucht zu werden. Doch als die beiden durch eine List freikommen, öffnet sich für Jack eine größere Welt. Vieles gibt es neu zu entdecken und zu fürchten.
„Truck. Auswickeln. Springen. Rennen.“
Puh, was für ein Film. Ich musste nach der Vorstellung erst mal durchatmen und das Gesehene sacken lassen. „Raum“ geht einem an die Nieren.
Aber zuerst reden wir mal über den Hintergrund. Jeder hat bestimmt schon mal von den Meldungen um Josef Fritzl oder Natascha Kampusch gehört. Fritzl hatte damals seine Tochter rund 24 Jahre lang unterirdisch gefangen gehalten und sexuell missbraucht. Kampusch wurde entführt und acht Jahre lang in einem Haus ihrer Freiheit beraubt.
Solche realen Fälle machen diesen Film dann umso schlimmer, denn es hätte sich so tatsächlich zutragen können. Was hier dann eben richtig überrascht, ist die Darstellung dieser dramatischen Ereignisse. Jack und seine Empfindungen stehen im Mittelpunkt und sind letzten Endes Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte. Natürlich geht es um darum, wie jeder mit der Situation zurechtkommt, sei es während der Gefangenschaft oder aber dann in der Freiheit. Aber doch wird versucht, mehr auf das Kind einzugehen.
„Danke, dass unsere Kleine gerettet wurde!“
Jacob Tremblay ist zehn Jahre alt und spielt voll überzeugend einen Fünfjährigen. Was für eine beachtliche Leistung. Der Kleine versteht die Welt nicht und was mit seiner Mutter passiert ist oder warum sie im „Raum“ leben. Es ist diese kindliche Unschuld, die hier bei fast jedem Tränen in die Augen treiben. Tremblay spielt das so überzeugend: sei es Furcht, Neugier, Freude oder Euphorie.
Es gibt eine Szene, wo Jack zum ersten Mal den Himmel sieht. Der Gesichtsausdruck, die Mimik, die großen Augen. Das alles macht es so echt, lebendig und mitfühlend. Ich kann Jacob Tremblay nicht genug loben. Wenn man dann noch die Oscars gesehen hat und bemerkt, was für ein kleiner sympathischer Kerl er doch ist, will man ihn am liebsten adoptieren.
Und dann haben wir da Brie Larson. Für diese Leistung gewann sie den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Und sowas von verdient. Larson zeigt ebenfalls eine breite Palette an Emotionen. Und die meisten sind die unschönen. Joy ist verzweifelt, hat Angst und fürchtet um ihren Sohn. Alles was sie will, ist ihn zu beschützen und ihm die Welt zu zeigen. Doch um ihn zu schützen, erfindet sie die Geschichte des „Raums“. Jacob versteht in dem Alter nicht, warum sie hier sind. Als sie dann frei sind, weiß sie nicht, wie sie damit umgehen soll. Jeder lebte sein Leben weiter. Joy jedoch wurde gefangen gehalten und missbraucht. Sie hat ein Kind und dieses entdeckt jetzt erst die große weite Welt. Das ist zu viel auf einmal und schwer zu verarbeiten. Larson spielt hier viele an die Wand. Und nicht nur, dass sie alleine gut funktioniert. Nein, denn mit Jacob Tremblay hat sie den perfekten Partner zur Seite gestellt bekommen. Die Mutter-Kind-Beziehung ist so authentisch, manchmal fragte ich mich, ob Tremblay wirklich geweint oder gelacht hat, als Larson ihn anschrie oder rumalberte, ohne dass es Schauspiel war. Auch hervorzuheben ist eine Interviewszene von Joy. Darin zeigt Larson echt wirkende Emotionen.
Es gibt diverse Nebendarsteller, sei es der Peiniger oder Joys Eltern. Aber besonders hervorheben möchte ich da Joys Mutter und ihren neuen Mann, gespielt von Joan Allan und Tom McCamus. Sie gibt sich alle Mühe, Jack in die Familie zu integrieren und ihrer Tochter über die schwere Zeit hinwegzuhelfen. Joys Stiefvater wiederum kümmert sich liebevoll um Jack und hilft ihm beim Gewöhnen an Fremdes und Neues.
„Du wirst sie lieben!“ ... „Was?“ ... „Die Welt!“
Zu Anfang hatte ich meine Probleme mit dem Soundtrack. Doch nach ein paar Momenten machte es Klick und ich verstand, was damit erreicht werden sollte. Der Soundtrack ist etwas kindlich, fröhlich und hoffnungsvoll gehalten. So in etwa wie bei Forrest Gump. Der Sinn dahinter ist recht einfach. Dieser Film ist so schwer und eigentlich wirklich traurig, dass man damit versucht, nicht in Depressionen zu verfallen. Dazu kommt, dass Jack als Kind die Hauptperson ist und wir ja in unserer Kindheit die Welt auch nicht mit düsteren traurigen Melodien entdeckt haben.
Doch trotz dieses Soundtracks geht der Film einem echt an die Nieren. Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich Tränen in den Augen hatte. Er ist sehr schwer und anstrengend zu schauen. Aber er ist nicht unspannend oder langweilig. Er schafft es, Emotionen und Gefühle zu wecken. Man sieht diesen Film auch mit anderen Augen, wenn man erwachsen ist und gerade um solche Ereignisse weiß. All das weckt so gemischte Gefühle. Man schaut Jack so gern dabei zu, wie er neugierig ist und Sachen zum ersten Mal sieht und empfindet. Man trauert mit Joy, die frei sein will und vergessen möchte, was ihr im „Raum“ angetan wurde.
Ich will diesen Film nie wieder sehen. Er gehört für mich zu der Kategorie „Muss man gesehen haben, danach aber nie wieder!“ Und das ist ein Kompliment. Er hat mir mit seiner Emotionsfahrt um Jack und Joy so sehr zugesetzt, dass ich unglaublich froh war, ihn gesehen zu haben, aber gleichzeitig erleichtert war, als es vorbei war. Das kann jeder verstehen, wie er möchte. Für mich ist er ein Anwärter auf den Film des Jahres.
Fazit
„Raum“ ist ein Feuerwerk an Emotionen und Gefühlen. Jacob Tremblay und Brie Larson schaffen hier Bestleistung und noch viel mehr. Beide Akteure spielen so echt, wie ich es selten gesehen habe. Dieser Film ist eine sehr schwere, ernste und teilweise wirklich traurige Achterbahnfahrt, die jedoch voll zufrieden macht und nie langweilig wird. Für einen netten kleinen Kinoabend nicht geeignet. Aber für ein großes, herzergreifendes Drama-Kino mit Oscar-Besetzung der perfekte Film. Diesen MUSS man gesehen haben.