Der richtig große Anwärter auf die Oscars und Golden Globes Gewinner. Leonardo DiCaprios weitere Chance auf den goldenen Glatzenmann und ein Film, der über den Klee gelobt wird. Analyse muss trotzdem sein.
„Der Herr gibt’s und der Herr nimmt’s!“
Der Wilde Westen Anfang des 19. Jahrhunderts. Eine Jagdgemeinschaft versucht in der tiefen Wildnis von Louisiana an Pelze zu kommen. Begleitet wird diese vom Trapper Hugh Glass und seinem indianischen Sohn Hawk. Als Glass von einem Grizzlybär angegriffen wird, gerät die Gruppe in Panik. Gejagt von einem indianischen Stamm, entschließt die Gruppe unter Captain Andrew Henry, den lebensgefährlich verwundeten Glass zurückzulassen. Unter dem Jäger Fitzgerald soll Hugh solange gepflegt werden, wie es geht und eine ordentliche Bestattung bekommen. Fitzgerald hat allerdings andere Ansichten und überlässt Glass seinem Schicksal. So beginnt der Kampf ums Überleben in der eisigen Wildnis, die durch den Rachedurst von Glass angetrieben wird.
„Wir haben getan, was wir tun mussten!“
Es ist unglaublich schwer, diesen Film zu bewerten oder zu analysieren. Er räumt Golden Globes ab, wird überall gelobt und ist wohl zu Beginn dieses Jahres einer der wichtigsten Filme. Wie soll man ihn da objektiv bewerten? Ich kann den Hype und das Gelobe aber durchaus verstehen. Dieser Film ist einfach großartig.
Die Story ist recht einfach erzählt und man weiß schon anhand der Einleitung und des Trailers, was einen erwartet und wie der Film ausgeht. Allerdings ist das nicht das Aushängeschild. Die Reise bis dahin ist das, was den Film so sehenswert macht.
Der Konflikt zwischen Indianern, Weißen und den einzelnen Protagonisten ist so klasse und gut dargestellt, wie ich es in letzter Zeit selten gesehen habe. Man weiß immer nie so recht, auf wessen Seite man nun stehen soll. Da sind die Indianer, die ihr Land zurückwollen und die Wilderei der Weißen nicht gutheißen. Ihre Methoden sind allerdings sehr brutal. Die Amerikaner, als Besetzer des Landes, wiederum könnten mitleiderregend sein, aber auch hier hat man schnell begriffen, dass auch sie nicht so nobel sind, wie sie denken. Hinzu kommt natürlich der Konflikt der einzelnen Protagonisten. Schwarz und Weiß gibt es hier nicht.
Leonardo DiCaprio will einen Oscar. Das zeigt er hier mal wieder mehr als woanders. Schon mit "Wolf of Wall Street" präsentierte er eine breite Palette seines Könnens. Und hier ist es ein Mann, der durch die Liebe zu seiner Familie und seinem Rachedurst der eisigen Kälte der Wildnis trotzt. DiCaprio überzeugt von Minute eins bis zum Schluss und IST der Film. Klar gibt es noch namhafte andere Darsteller, aber von der Performance ist Leo einfach die Nummer Eins hier. Was er in dieser Rolle alles durchmacht: sei es der Kampf gegen die Kälte oder aber die Darstellung seiner Verwundung durch den Bärenangriff. Wenn Leonardo dieses Jahr keinen Oscar kriegt, weiß ich es langsam auch nicht mehr.
Ebenfalls eine wirklich gute Leistung schafft Tom Hardy. Er überzeugte ja schon in "Legend" mit seiner Darbietung, setzt hier aber wieder einen drauf. Dabei spielt Hardy eigentlich nur einen gesprächigeren Mad Max. Sein Charakter ist mürrisch, aber doch realistisch, was die Überlebenschancen angeht. In dieser Welt des Grautones fällt Hardys Charakter zu sehr auf, als dass man ihn einfach hassen könnte. Seine Motivationen sind weder nobel noch ehrenhaft. Und doch kann man, wenn man genau darüber nachdenkt, das alles sehr nachvollziehen. Fitzgerald ist ein Typ Jäger in dieser Zeit wie es Hunderte gab. Er will überleben und tut alles, um sich am Ende des Tages sein Glück zu erfüllen. Und Hardy zeigt das alles richtig gut.
Ebenfalls eine wirklich gute Performance leistet ein aufsteigender Stern. Will Poulter kann sich echt wandeln. In "Maze Runner" spielt er einen typischen Bully, in "Wir sind die Millers" einen kleinen Trottel und hier die Stimme der Vernunft. Sein Charakter kümmert sich bis zum Schluss um Glass und ihn plagen Schuldgefühle, als sie ihn zurücklassen müssen. Er ist ängstlich und doch versucht er, das Richtige zu tun. Poulter überzeugt hier in jeder Hinsicht.
Ein kleines Problem habe ich jedoch mit dem Sohn von Glass, Hawk. Der Darsteller, mit Namen Forrest Goodluck, wirkt sehr austauschbar. Die enge Beziehung zu seinem Vater kommt nicht so ganz rüber. Liegt aber nicht wirklich an DiCaprio. Irgendwie wirkte die Chemie der beiden nicht ganz so wie es sein sollte.
„Er weiß, wie weit ich gekommen bin um ihn zu finden!“
Filmisch ist dieses Meisterwerk ganz groß. Nicht nur die schön anzuschauenden Landschaft zieht einen immer wieder in den Bann. Auch die Ruhe des Filmes ist beeindruckend. Er läuft langsam und behutsam ab und nimmt sich die Zeit für die einzelnen Szenen. Es gibt immer mal ein paar actionreiche Sequenzen, aber recht wenige. Sie kommen aber immer genau an den richtigen Stellen, so dass es nie langweilig wird oder eben zu hektisch. Es wirkt alles unglaublich rund. Jedoch muss man sagen, dass der Film sehr anstrengend und für einen netten Kinonachmittag nicht geeignet ist. Man muss sich hier voll drauf einlassen, was, wenn man es tut, allerdings nicht schwer fällt.
Das Make-Up, Produktionsdesign und die Ausstattung sind geradezu perfekt. DiCaprios Verletzungen und Wunden sehen fürchterlich echt aus. Man spürt die Kälte der Landschaft und leidet mit, wenn die Protagonisten dem eisigen Tod trotzen müssen. Die Lichtspiele mit der Kamera sind brillant. Regisseur Alejandro G. Iñárritu hat dazu immer genau zu der Tageszeit gefilmt, wo die Sonne perfekt zur Szene stand (was einen sehr langen Drehplan zur Folge hatte).
Iñárritu weiß definitiv zu überraschen. Vergangenes Jahr hat er mit "Birdman" den Oscar für den besten Film gewonnen und auch hier hat er ein goldenes Händchen bewiesen.
Fazit
The Revenant ist das, was im Vorfeld versprochen wurde. Ein Meisterwerk. DiCaprio zeigt hier wieder auf höchstem Niveau Schauspielkunst. Tom Hardy und Will Poulter ergänzen die Leistung ebenfalls mit ihrer Darstellung. Das Panorama ist wunderschön anzuschauen. Das Setting glaubhaft. Die Moral regt zum Nachdenken an. Und trotz ruhiger Stimmung und langsamer Erzählweise wird der Film nicht langweilig, sondern beeindruckt in jeder Szene. Ein Must-See für den Januar und ein Oscar Film, der der Konkurrenz einheizt. Anschauen ist Pflicht.