Öko-Horror liegt im Trend. Mit dem neuen Film von Hostile-Regisseur Scott Cooper zeigt man einen etwas kleineren Horrorfilm in den Kinos, der stark auf Atmosphäre baut. Ein kleines verschlafenes Städtchen in Oregon umgeben von Bergen, dichten Wäldern und Nebel. Dazu ein übernatürliches Wesen.
Klingt nach einer Stephen-King-Geschichte, die jetzt verfilmt wird. Allerdings basiert der Film auf der Kurzgeschichte The Quiet Boy.
In einer kleinen Stadt
Der kleine Lucas ist ein Außenseiter. Er malt verstörende Bilder von Monstern und grenzt sich von allen anderen Mitschülern ab. Seine Lehrerin Julia glaubt, dass er zu Hause misshandelt wird und seine Bilder ein Hilfeschrei seien.
Doch Lucas hat ein viel schlimmeres Geheimnis in seinem Haus eingeschlossen. Ein Wesen, das für die ganze Stadt eine Bedrohung werden kann.
Antlers könnte man dem Öko-Horror zuordnen, aber wenn man es mal runterbricht, geht es um einen Fluch. Schön eben mal was anderes als Zombies, Geister oder eben einen menschlichen Serienkiller im Mainstream-Horrorkino zu sehen.
Dabei hilft auch viel das Kreaturen-Design. Dieses wird immer schön im Dunkeln gehalten und erst zum Schluss wirklich präsentiert. Aber auch da niemals mit vollem Licht oder das man einen sehr guten Blick darauf werfen könnte. Das gefiel mir gut, weil es dieses Wesen noch schrecklicher macht.
Der Film ist auch angenehm blutig und hat einige Gewaltspitzen. Die größte Stärke ist die Atmosphäre und das Setting des Films. Alles ist düster und zu lachen gibt es eigentlich nichts.
Die Stephen-King-Formel
Dichte Nadelwälder, Nebelschwaden, kalter Herbst, ein kleines verschlafenes Städtchen umgeben von Bergen und einem See. Das ist die perfekte Grundlage für Halloween bzw. Horror-Stimmung. Dazu eben ein Monster, das die Stadt terrorisiert.
Man könnte meinen, jemand wollte einen Liebesbrief an Stephen King filmen. Die gesamte Atmosphäre des Filmes schreit an jeder Ecke, dass es hier böse enden wird. Die Charaktere und ihre Backstory bringen dann den Rest zusammen.
Julia Meadows ist erst kürzlich zurück in ihre Heimat gezogen und arbeitet als Lehrerin an der örtlichen Schule. Ihr Bruder Paul, mit dem sie im gemeinsamen Elternhaus lebt, ist der Sheriff der Stadt. Beide haben eine schlimme Vergangenheit mit ihrem verstorbenen Vater hinter sich und Julia wacht nachts immernoch schreckend aus ihren Alpträumen auf.
Der kleine Lucas wiederrum sieht verwahrlost, ausgemagert und schmutzig aus. Er ist still und sichtlich fertig von den Ereignissen in seinem Haus. Julia will ihm helfen, auch wenn der kleine Lucas das nicht möchte. Aufgrund ihrer eigenen Kindheitserfahrungen will sie Lucas retten.
Diese Stimmung des Verlorenseins und in einer Spirale aus Gewalt und Missbrauch gefangen zu sein, erzeugt eine unterschwellige düstere Atmosphäre, die auch ohne das Wesen angsteinflössend ist.
Familienliebe
Das große Thema Familienliebe und wie weit diese gehen kann, wird leider nicht komplett ausgearbeitet. Gerade die Schicksale von Julia und Paul Meadow passieren in kurzen Rückblenden und Erzählungen, aber werden auch nie wirklich komplett auserzählt.
Keri Russel (Julia) und Jesse Plemons (Paul) machen ihre Sache schauspielerisch gut, da gibt es nix zu meckern. Auch Kinderdarsteller Jeremy Thomas (Lucas) gefiel mir als der stille Junge, der etwas zu verbergen hat.
Allerdings wird schnell klar, dass es hier um eine Monstergeschichte geht und nicht darum, Themen wie Missbrauch oder Kindesmisshandlung abzuarbeiten. Diese Themen werden angekratzt, aber vordergründig geht es um das Bestehen gegen ein übernatürliches Wesen.
Daran kann man sich stören, gerade wenn der Film zu Beginn immer wieder die Karten ausspielt, doch dann nicht beendet. Ich persönlich empfand das nicht allzu schlimm, da mich mehr das Monster und die Entstehung fasziniert hat.
Was mehr stört, ist die Plotarmor von Julia. Gerade im Endkampf muss man schon echt viel verzeihen. Wenn man bedenkt, wieviele Tote es gab und Julia sich alleine dem Wesen stellt, dann ist man schnell aus dem Film gerissen. Ebenfalls verhalten sich Charaktere schon sehr dumm, damit das Wesen ein leichtes Spiel hat. Das braucht es aber gar nicht, da das Monster ohne Probleme auch so alles kurz und klein hauen kann.
Sieht man aber über diese kleineren Probleme hinweg, bekommt man einen wunderbaren kleinen Horrorfilm, der sich perfekt für die kalten Monate eignet und besonders zu Halloween mal eine Abwechslung zu dem ewigen Brei aus Geistern, Zombies oder Serienkillern bietet.
Fazit
Mit Antlers kommt ein kleiner feiner Horrorfilm mit einem ausgezeichneten Kreaturen-Design, guten Schauspielern und der perfekten Grundlage für Atmosphärenhorror in die Kinos.
Die Story reißt zwar Themen wie Kindesmissbrauch nur oberflächlich an, hält den Zuschauer aber mit dem Setting und der düsteren Stimmung immer wieder bei der Stange. Über kleinere Ärgernisse wie die Plotarmor der Protagonisten oder dummes Verhalten kann man hinwegsehen.
Belohnt wird man mit einer klassischen Monsterstory in einem kleinen verschlafenen Städtchen, das gerade zu nach Horrorfilm schreit.
Für Halloween oder generell die kalten Monate bestens zum Gruseln geeignet. Kinogang ist definitiv empfohlen.