„ES GIBT VIELE BEDEUTSAME ORTE IN DIESER WELT, WO MAN ETWAS LERNEN KANN. DIE MEISTEN DAVON SIND LEICHTER ZU ERREICHEN.“
Kirkman zeichnet sich seit jeher durch guten Charakteraufbau aus und man merkt stets, wie gut er sein Handwerk beherrscht. In seinem Superhelden/Teenager-Epos Invincible trieb er das ganze sogar ziemlich auf die Spitze, in dem er gefühlt zig tausende Figuren etablierte und unaufhörlich weiter formte.
In Oblivion Song hingegen war die Figurenauswahl übersichtlicher. Dafür setzte er aber auf deutlich mehr Dramaturgie. Eine Rechnung, die gut funktionierte. So gut, dass selbst Kirkman’s Magnus Opus The Walking Dead stellenweise nervös werden konnte.
Welchen Weg sollte nun aber Fire Power einschlagen?
„ICH HABE MEINE ELTERN NIE KENNENGELERNT. VIELLEICHT IST ES BESSER SO.“
Im Grunde einen ziemlich guten, denn auch bei seiner ersten Zusammenarbeit mit Chris Samnee kann Kirkman das liefern, was man eigentlich von ihm kennt.
Wir begeben uns in die kalten Höhen eines verschneiten Gebirges in China, wo gerade der junge Amerikaner Owen Johnson nach einem mysteriösen Tempel sucht und dort auf Antworten hofft, die eng mit seiner Vergangenheit verknüpft sein sollen.
Schon allein für seinen Auftakt verdient sich Kirkman ein Lob, denn die ersten noch wortlosen Seiten sagen enorm viel über seine Hauptfigur aus. Etwa dann, wenn dieser fernab jeglicher Zivilisation seinen mitgebrachten Müll im Rucksack verstaut, anstatt gewissenlos wegzuwerfen. Hier punktet nicht nur der Charakter, sondern auch sein Schöpfer.
„DU GEHÖRST HIER NICHT HER, VERBRANNTE ERDE. WIRD ZEIT, DASS DU GEHST. SO ODER SO.“
Der Rest der Handlung ist derweil schon beinahe Routine. Owen findet den Tempel, wird aufgenommen und beginnt sein hartes Training. Sein neuer Lehrmeister – eine Mischung aus Johnny Mo und dem Herrn der Schildkröten – unterweist ihn in einer uralten Kampftechnik und macht ihn mit der Aufgabe des Tempels vertraut.
Am Ende kommt es zum großen Angriff durch Feinde und Owen erfüllt sein Schicksal.
Tatsächlich kann man diese Routine und Vorhersehbarkeit sogar kritisieren. Auf den ersten Blick erfindet Kirkman nämlich das Rad nicht neu. Es sind aber eben die einzelnen Figuren und Versatzstücke innerhalb der Handlung, die einen bei der Stange halten.
Und für alle, die dennoch meckern – für die hält der US-Autor noch ein interessantes und sicher unerwartetes Ende bereit, das eigentlich nur aus drei Worten besteht und trotzdem eine kleine Punktlandung darstellt. Dabei handelt es sich nämlich nicht um das übliche Cliffhanger-Ende was man erwartet, sondern um einen erzählerischen Kniff, der einfach wirkt, aber dennoch gut funktioniert.
„DANN BITTE ICH DICH, DEINE REISE NICHT ZU BEENDEN, BEVOR DU WEISST, WOHIN SIE DICH FÜHRT.“
Robert Kirkman und Chris Samnee haben einen guten Job gemacht und einen gelungene Auftakt für Fire Power abgeliefert. Kirkman beweist ebenso auch seine Vielfältigkeit als Schreiber. Cross Cult beglückt uns somit erneut mit einer nennenswerten Lizenz. Jetzt müssen nur noch die anderen Leser überzeugt werden.