„ES IST, ALS WÄREN WIR DIE MONSTER GEWESEN.“
Die Liebe zu Rätseln ist wohlmöglich selbst ein großes Rätsel. Sich stundenlang damit zu beschäftigen, Knobelaufgaben zu studieren und schnellstmöglich zu lösen, fest verankert an die Hoffnung, auch nur für eine Sekunde so etwas wie Spaß zu empfinden. Das klingt für mich doch absurd.
Anders hingegen, wenn das entsprechende Rätsel in eine Geschichte eingebunden ist und bestenfalls über ein modernes Medium wie Filme, Spiele oder Comics erzählt wird. Spaß ist an dieser Stelle immer noch nicht garantiert, aber der Anreiz ist schon mal deutlich höher. Wohl schon aus Bequemlichkeit.
So ziemlich jede Geschichte beginnt oder beinhaltet eine zentrale Frage. Wer war der Mörder der Baronin von Porz? Oder wer stahl das Gemälde Vase mit Pechnelken von Vincent van Gogh? (In beiden Fällen war es der Gärtner)
Oft treiben solche Rätsel eine Handlung erst so richtig voran. Doch Obacht! Es gilt stets: Der Weg ist das Ziel.
Heißt, man muss den absolut schwierigen Spagat zwischen Über- und Unterfordern meistern. Schon das bildet für die meisten Rätselmacher ein eigenes und viel schwereres Rätsel.
„DER IDIOT SPRINGT TATSÄCHLICH!“
In dem nun folgenden Beispiel anhand der Manga-Reihe Heavenly Delusion ist die Sache sogleich etwas verzwickter geraten. Hier wird man förmlich mit Fragen zur seltsamen Handlung und den einzelnen Figuren bombardiert.
Mit jeder neuen Seite und jedem neuen Kapitel tun sich neue Fragezeichen auf. Sicher, die Schöpfer von der TV-Serie Lost könnten sicher ihren Spaß daran finden, für den normalen Manga-Leser könnt dies aber auch schnell zur Belastung werden.
Dabei ist es gar nicht mal die Menge an Rätseln des japanische Schöpfer Masakazu Ishiguro, die hier störend auffällt.
Viel eher ist es der fehlende Abgleich von Fragen und Antworten. Ishiguro lässt vieles unbeantwortet, selbst nach den ersten 3 (!!!) Ausgaben gibt es kaum nennenswerte Erkenntnisse über die Welt von Heavenly Delusion zu nennen.
Wir wissen nicht, was mit Japan und dem Rest der Erde geschah. Wir wissen genauso wenig, warum es hier seltsame Kreaturen gibt, die man allgemein „Menschenfresser nennt und was es überhaupt mit den ganzen Figuren auf sich hat.
Fragen über Fragen, aber kaum richtige Antworten. Natürlich tappen wir nicht vollkommen im Dunkeln, aber dennoch wirkt es zum Teil schon frustrierend.
„WAS IST DAS JETZT FÜR EINE SITUATION?“
Bei all dieser Kritik gibt es aber auch Lichtblicke, auf die geschaut werden müssen. Denn selbst bei der kaum überschaubaren Menge an Wendungen und Ungereimtheiten versprüht die Reihe einen gewissen Reiz und das eben durch seine Absurdität.
Wenn etwa eine Figur, die man schon länger begleitet und deren Eigenschaften man zu glauben kennt, ganz plötzlich und unerwartet das Geschlecht wechselt, dann überrascht Heavenly Delusion wirklich.
Insbesondere, wenn es solch einen Twist gerne auch zweimal bringt.
Es ist also schon zu erkennen, wie seltsam und außergewöhnlich Heavenly Delusion ist. Es ist aber eben auch eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt, sofern man auch bereit dazu ist.
Erschienen bei Manga Cult, 10,00€