Nils Oskamp erzählt einen Ausschnit aus seinem Leben, seiner Schulzeit. Er beginnt mit der Zeit, in der die rechte Partei FAP begann, über einen Schüler Werbung für ihre Ideale zu machen. Nach und nach schlossen sich die Mitschüler der Bewegung an. Oskamp beschreibt auch grob das Umfeld, begonnen mit den Lehrern, die konservativ angehaucht waren, bis hin zu Altnazis, die offen dem alten Regime noch hinterhertrauern.
Oskamp erzählt die Geschichte aus seiner Perspektive. Er berichtet, wie er sich rechtzeitig den FAP-Bütteln widersetzt und dafür Schläge kassiert. Oskamp beschreibt nach und nach, wie sich die Situation zuspitzt, wie er fast im Alleingang versucht, der Situation standzuhalten – bis hin zur totalen Eskalation.
Keine Schonung, keine Schnörkel
Drei Steine ist eine schonungslose Geschichte. Sie zeigt aus der Perspektive von Nils Oskamp die Situation in Dortmund Dorstfeld. Eine spezielle "Bilderbuch-Dramaturgie" findet man hier nicht. Das Leben läuft halt nicht nach einem Skript. Auch wenn das Buch einen Abschluss findet, so ist die Geschichte in Wirklichkeit nicht zu Ende. Brennende Asylheime in den 90ern, NSU, PEGIDA und deren gesamtdeutschen Nachahmern.
Oskamp verwendet einen schnörkellosen Zeichenstil. Wie auch in der Geschichte zeigt er in seinen Zeichnungen klare Kante und grenzt die Protagonisten stark voneinander ab. Die Figuren stehen immer im Vordergrund, während die Hintergründe da sind, wo sie hingehören: im Hintergrund. Nichtsdestotrotz findet man in einigen Panelen typische Landmarken des Ruhrgebiets, wie z.B. die markante Hannibal-Siedlung in Dorstfeld, den Dortmunder Fernsehturm "Florian" oder einen der Hochöfen der damaligen Hoesch-Werke.
Die Geschichte selbst ist sehr schwarz/weiß gehalten, nicht nur von den Farben, auch vom Inhalt. Die Neonazis werden als die Bösewichte schlechthin dargestellt, während Oskamp und ein Freund von ihm die klassischen Guten sind. Das Umfeld dazwischen gibt es so gut wie gar nicht. Es wäre tatsächlich wünschenswert gewesen, wenn in der Geschichte mehr die Hintergründe beleuchtet worden wären. Da ein ähnliches Thema bei Art Spiegelmanns "Maus – mein Vater kotzt Geschichte aus" zu finden ist, kann man hier einige Vergleiche ziehen. Auch wenn hier ebenfalls die Nazis als entmenschlichte Bösewichte dargestellt wurden, so wird zumindest die Hauptperson näher beleuchtet. Im Gegensatz zu "Maus" wird bei "Drei Steine" die Herkunft des Hauptcharakters nur angerissen. Durch das Lesen des Buches wird nicht klar, warum Oskamp seine harte Position einnimmt. Ist er einfach nur ein Rebell? Hat seine Familie unter dem Nationalsozialismus gelitten? War es der gesunde Menschenverstand, der ein klares "Ihr könnt mich mal" formulierte?
Auch die Hintergründe der FAP und deren Struktur zu der Zeit werden nur am Rande gezeigt. Hier kommt dem Leser allerdings das ausführliche Nachwort von Alice Lanzke zu Gute. Lanzke beschreibt sehr ausführlich die Geschichte der Dortmunder Neonazi-Szene. Ein Text, der auf jeden Fall lesenswert ist, da ähnliche Entwicklungen auch in anderen Städten beobachtet werden können.
Fazit
Das Buch zeigt, dass Rechtsradikalismus kein ostdeutsches Problem ist. Bereits vor der Wende waren die Rechten in der Bundesrepublik stark aktiv. Gerade soziale Brennpunkte wie Dortmund-Dorstfeld waren schon immer dafür anfällig. "Drei Steine" ist eine Biografie und als solche sollte sie auch gelesen werden – eine Reihe von Ereignissen, die sich gegenseitig bedingen.