Achtung!
Damit ich wenigstens ansatzweise etwas zum Prinzip des Events schreiben kann, gehe ich auf die ersten zwei Hefte ein, wovon das zweite gerade erst vergangene Woche erschienen ist.
Da in diesem spannungsgeladenenen Event quasi jedes Ereignis ein Spoiler ist, möchte ich als hier diejenigen vorwarnen, die Heft 2 noch nicht gelesen haben und sich davon noch überraschen lassen wollen.
Kommt wieder, wenn ihr es gelesen habt. Für alle anderen beginnt die Rezi genau hier.
Warum ist er mein Comic des Monats?
Warum zum Geier nicht? Geschrieben wurde das Event vom Meister der emotionalen Schlachtfelder Brian Michael Bendis und ab Heft 2 von dem äußerst talentierten David Marquez gezeichnet.
Beide haben schon am Anfang der neuen "Iron Man"-Reihe saubere Arbeit geleistet und nicht nur hatte Bendis es dort geschafft, Gillens Katastrophen um Iron Mans Herkunft sanft wieder auszubügeln, sondern Marquez hatte einen sehr sympathischen Tony Stark präsentiert, wenn auch leider viel zu kurz.
Nun kann er, zu meiner persönlichen Freude, diesen wieder in "Civil War II" zeichnen. Doch alles der Reihe nach.
Worum geht's?
Die Grundidee ist zwar leider nicht so revolutionär wie bei "Civil War" von 2008, aber immerhin gut durchgeführt.
Die Terrigenwolke walzt weiter über den Erdball und erweckt Inhuman-DNA in Menschen, die bis dahin gar nichts von ihrer außerirdischen Herkunft wussten. So trifft es auch Ulysses Cain, einen vollkommen normalen Studenten, in dem nun die unberechenbare Kraft steckt, vermeintlich die Zukunft vorherzusehen.
Die Inhumans nehmen ihn freundlich bei sich auf, versuchen ihm mit seinen neugewonnenen Kräften zu helfen und stellen ihn schließlich den anderen Superhelden vor, denn Ulysses' Kraft scheint ideal, um künftiges Unheil besser vermeiden zu können. Schon hier spalten sich die Geister, denn ausgerechnet Futurist Tony Stark sieht die Angelegenheit sehr kritisch, während die arg überarbeitete Carol Danvers sehr dankbar für die Möglichkeit scheint, dem Bösen zur Abwechslung mal einen Schritt voraus zu sein.
In Heft 1 werden die verschiedenen Standpunkte sehr schön dargelegt. Während Jennifer Walters vor Gericht argumentiert, das man niemanden verurteilen darf, bevor man nicht die Wahrheit kennt und dass die Gedanken frei sind, sieht man Capain Marvel in ihrem stressigen Alltag. Sie scheint sehr müde von ihrem Sisyphus-Kampf und so ist es nicht verwunderlich, dass sie in Heft 2 eine Vision des angreifenden Thanos sofort als Anlass nimmt den Gegner zu stoppen, bevor er die Erde auch nur erreicht.
Das ist der Punkt, wo man wirklich versteht, warum der Kampf zwischen Iron Man und Captain Marvel so eskaliert, denn in der Schlacht gegen Thanos wird nicht nur She-Hulk schwer verletzt, sondern Carols Liebster und Tony bester Freund Rhodey kommt dabei ums Leben. Verbittert durch den Verlust wirft Iron Man ihr vor, genau das getan zu haben, wovor er sie gewarnt habe, doch Captain Marvel bleibt bei ihrem Entschluss, dass man Böses verhindern sollte, wenn man kann.
Langsam aber sicher spaltet sich die Superheldengemeinschaft in die, die die Zukunft bewahren wollen, die, die sie ändern wollen und die, die versuchen sich aus dem ganzen Chaos herauszuhalten.
Wichtige und bekannte Figuren sterben, neue Teams bilden sich und wie schon nach "Civil War" ist am Ende nichts mehr so wie es war.
Mein Senf?
Ich war zunächst sehr skeptisch, als ich den Titel des Events gehört habe, denn der "Civil War" von 2008 gehört zu meinen Lieblingsgeschichten, immerhin fordert sie den Leser dazu heraus, sich selbst eine Meinung zu bilden. "Civil War II" steht dieser Erwartung tatsächlich in nichts nach. Auch wenn das Dilemma der veränderbaren Zukunft nicht neu ist, so ist es doch zumindest neu aufgebaut. Ulysses dient als unschuldiger Bote schlechter Nachrichten und unfreiwilliger Teilnehmer an Ereignissen, die er so nie erleben wollte. Er kann seine Kraft nicht beherrschen und ist somit ein unbekannter Faktor in der Gesamtszenerie.
Dazu kommen Tony und Carol, die eine lange Freundschaft hinter sich haben. Gemeinsam haben sie ihre Alkoholsucht überstanden, haben sich gegenseitig nach dem Tod von Steve Rogers aufrecht gehalten und für beide war Rhodey einer der wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Gerade deshalb bekommt ihre Freundschaft einen fiesen Knacks und obwohl sie später durchaus zivilisiert miteinander reden, wartet man nur darauf, dass alles endgültig zerbricht.
"Civil War II" ist ein würdiger Nachfolger seines Namensgebers, ganz so wie Bendis es sich erhofft hatte. Fast alles wird umgekrempelt, kein Stein mehr auf dem anderen gelassen und im Gegensatz zu "Avengers vs. X-Men" sind die Schlachten hier nicht gekünstelt heraufbeschworen, sondern eine Folge von echter Wut, Verbitterung und Hilflosigkeit darüber, dass man die anderen nicht vom eigenen Standpunkt überzeugen kann.
Autor Brian Michael Bendis zeigte schon in "Avengers – Heldenfall", dass er spannende Geschichten schreiben kann, die den Leser am Boden zerstört zurücklassen mit den stillen Hoffnung demnächst wieder etwas von ihm lesen zu können. Auch dieses Mal ist der Plot gut durchdacht und bietet mehr Drama als eine Daily Soap – was keineswegs abwertend gemeint ist!
Zeichner und Inker David Marquez hingegen ist noch halbwegs neu. Seinen optisch sehr ansprechenden Stil legte er sich ungefähr 2011 zu und es ist ein wahrer Augenschmaus den Comic zu lesen. Heft 1 ist allerdings (leider) nicht von ihm gezeichnet, sondern sammelt verschiedene kleine Stories, die einen Einblick in das Alltagsleben der Helden geben, kurz bevor alles mit einem lauten Knall in die Luft geht.
Kleine Nebeninfo: Als Lückenfüller enthält Heft 1 eine Valentinstagsgeschichte mit Spider-Man und dem Geier. Braucht man nicht wirklich, aber offenbar war das Heft sonst zu dünn. Ab Heft 2 gibt es die Hauptstory pur.
Schlussfolgernd kann ich also sagen, dass „Civil War II“ nicht nur optisch absolut atemberaubend ist, sondern auch inhaltlich schwer beeindruckt. Allein die reißerischen Cover versprechen meist etwas, das nicht gehalten wird, aber daran hat man sich ja auch schon langsam gewöhnt. Die Story ist nämlich weitaus ruhiger und dabei dennoch gewiss nicht langweilig.
Als kleinen Zusatzpunkt kann ich tatsächlich die demnächst erscheinende Reihe „Captain America – Steve Rogers“ empfehlen, die nämlich kühn behauptet, bei den Ereignissen maßgeblich beteiligt gewesen zu sein.
Da leidet der Geldbeutel zwar schon ein bisschen, aber das Fanherz lacht... und weint.
Kauflinks:
Heft 1 http://www.comiccombo.de/Deutsche-Comics/Hefte-A-C/Heft-Civil-War-II-1::77909.html
Heft 2 http://www.comiccombo.de/Deutsche-Comics/Hefte-A-C/Heft-Civil-War-II-2::78093.html